Altstadt:Kampf um die Arkaden

Alte Akademie in München, 2017

Weniger Raum für die Passanten: Geplant ist, dass der Weg durch die Arkaden an der Alten Akademie verkleinert wird.

(Foto: Robert Haas)

Bei der öffentlichen Erörterung der Umbaupläne für die Alte Akademie an der Neuhauser Straße kritisieren Bürger und Experten, dass Stadt und Freistaat öffentlichen Raum zugunsten eines Investors opfern

Von Alfred Dürr, Altstadt

Der Streit um den geplanten Umbau und die Modernisierung eines der historisch und baukulturell bedeutendsten Bauwerke in der Innenstadt ist wieder voll entbrannt. Bei der von der Stadt organisierten öffentlichen Erörterung über die Planungen für die Alte Akademie an der Neuhauser Straße gab es heftige Kritik am Beschluss des Stadtrats vom vergangenen Februar. Demnach wird die Passage an der Neuhauser Straße teilweise geschlossen. Die übrigen Arkaden entlang der Fußgängerzone sollen deutlich verkleinert werden. Der Durchgang an der Kapellenstraße verschwindet ganz.

Der Stadtrat verstoße damit nicht nur gegen die von ihm beschlossenen "Altstadt-Leitlinien" zum Bauen im denkmalgeschützten Zentrum Münchens, lautete ein Hauptvorwurf aus dem Publikum. In den Leitlinien werden die Arkaden als stadtbildprägendes Gestaltungselement beschrieben. Die Entscheidung der Stadtrats zur Veränderung der Arkaden an der Alten Akademie sei auch ein schwerwiegender Präzedenzfall, der einen Dominoeffekt auslöse. Denn nun werden auch andere Geschäftsleute auf die für das Stadtbild typischen Durchgänge vor den Schaufenstern verzichten wollen, hieß es.

Der schärfste Protest gegen den Stadtratsbeschluss kommt von Vertretern des Münchner Forums um Klaus Bäumler und Detlev Sträter, dem Verein, der sich mit stadtentwicklungspolitischen Themen auseinandersetzt. Auch Mitglieder der Bürgerinitiative Altstadtfreunde um Florian Grüning äußerten massive Kritik. Der Vize-Vorsitzende des Altstadt-BAs, Wolfgang Püschel (SPD), sagte: "Wir sind nicht ins Wanken geraten." Die Lokalpolitiker setzen sich mit Nachdruck dafür ein, die Arkaden in ihrer bisherigen Form zu erhalten.

Der Architekt Gert Goergens, der 17 Jahre lang Stadtheimatpfleger war und der auch die Altstadt-Leitlinien verfasst hat, kann die Entscheidung des Stadtrats nicht nachvollziehen. Während seiner aktiven Zeit als Heimatpfleger habe es keinen einzigen Fall gegeben, "wo wir öffentlichen Raum zugunsten von privaten Interessen geopfert haben". Nun überlasse man an der Alten Akademie 400 Quadratmeter, die für Passanten zur Verfügung stünden, einem privaten Investor.

Klaus Bäumler wies darauf hin, dass der in den Fünfzigerjahren errichtete sogenannte Hettlage-Bau der Alten Akademie "bis auf Fassadenreste" abgerissen werde, obwohl der Komplex unter Denkmalschutz steht: "Warum geschieht das auf einem staatlichen Grundstück?" Detlev Sträter erkannte weitere Probleme. Durch die Schließung der Arkaden an der Neuhauser Straße produziere man einen Flaschenhals und damit einen "Fußgängerstau".

Die Tochter des 2001 verstorbenen Wiederaufbau-Architekten Josef Wiedemann, Brigitta Michail, bedankte sich ausdrücklich für das Engagement des Münchner Forums. Für das charakteristische Erscheinungsbild Münchens seien die Arkaden an dem im Krieg schwer zerstörten und von ihrem Vater rekonstruierten Komplex von größter Bedeutung: "Ich hoffe, dass die Bevölkerung sehr genau hinschaut, was dort passieren soll."

Auf dieser Veranstaltung, bei der im Zuge des Baugenehmigungsverfahrens Einwände und Anregungen vorgebracht werden können, wurde also die grundsätzliche Bedeutung der Arkaden für das Stadtbild und den öffentlichen Raum in den Vordergrund gerückt. In der Stadtratsdebatte vom vergangenen Februar stellte sich die Situation anders dar. Der CSU-Fraktionsvorsitzende Manuel Pretzl sagte damals, um die Arkaden werde ein viel zu großer Zinnober veranstaltet. Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Alexander Reissl bewertete die Arkaden an der Neuhauser Straße als wenig attraktiv. Durch die Kapellenstraße gingen ohnehin kaum Leute. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) zeigte sich froh, dass sich überhaupt ein Investor der Alten Akademie angenommen hatte und man den Komplex "bald wieder herzeigen kann". Angesichts solcher Aussagen ist kaum zu erwarten, dass sich die Mehrheit des Stadtrats im weiteren Genehmigungsverfahren umstimmen lässt.

Die Planungssprecherin der SPD-Fraktion, Heide Rieke, sagte auf der Veranstaltung am Mittwoch, sie habe sich die Arkaden sehr genau angeschaut. Sie seien inzwischen äußerst unattraktiv. "Kein Wunder", gab Gert Goergens zurück, "man hat sie ja systematisch verkommen lassen."

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