Süddeutsche Zeitung

Altstadt:Grundstück in der Innenstadt wird frei - und geht vermutlich an einen Herrenausstatter

  • Das Parkhaus am Färberggraben wird abgerissen, damit wird ein großes Grundstück mitten in der Innenstadt frei.
  • Wahrscheinlich wird die Fläche an den Herrenausstatter Hirmer verkauft.
  • Kritiker finden das Vorgehen undurchsichtig und fordern andere Projekte für den Grund.

Von Heiner Effern und Pia Ratzesberger

Es ist nicht gerade ein schöner Platz. Ein Parkhaus und viel Asphalt. Doch es könnte einer der letzten Plätze in der Innenstadt sein, auf den man vielleicht einmal kein Kaufhaus stellt, keine überteuerten Wohnungen, auch keine Büros. Das Parkhaus am Färbergraben nämlich soll abgerissen werden, der Grund gehört der Stadt, und die entscheidet nun, wem sie den überlässt. Den wichtigsten Teil wird sie wohl an einen bekannten Nachbarn für 60 Jahre im Erbbaurecht vergeben. An die Firma Hirmer, und die weiß auch schon, was sie auf den 1200 Quadratmetern in jedem Fall haben will: mehr Verkaufsfläche.

Am Dienstag sollen in einer nicht-öffentlichen Sitzung die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses über die Vergabe an Hirmer entscheiden, und zwei Dinge zumindest muten dabei ein wenig seltsam an. Zum einen soll sich alleine dieses eine Unternehmen um den Grund beworben haben. Dabei sollte die Fläche eigentlich zu den begehrtesten der Stadt gehören, wann wird im Zentrum schon einmal ein solch großes Grundstück frei? Zum anderen ist es eigentlich Sache des Kommunalreferats, wenn die Stadt ihren Grund vergibt. Eine "Nacht- und Nebelaktion" nennt Kathrin Habenschaden, Vizechefin der Grünen im Stadtrat, die geplante Entscheidung im Wirtschaftsausschuss. "Da wird in der Altstadt eine städtebauliche Chance vergeben, wie wir so schnell keine mehr bekommen werden."

Nicht nur die Grünen verurteilen die Vergabe als undurchsichtig, öffentlich gemacht hatte sie das Münchner Forum. Es sei "bemerkenswert", heißt es in einer Erklärung, dass die Stadt ausgerechnet in der Ferienzeit den Grund ausgeschrieben habe, von Anfang August bis Anfang September. Dem Münchner Forum zufolge sei nur eine einzige Bewerbung eingegangen. "Da drängen sich viele Fragen auf." Nur eben eine nun nicht mehr, was die Stadt aus dem einzig freien Areal in der Altstadt in ihrem Eigentum hätte machen können. Kleinere Händler wie im Ruffinihaus fördern, hatte das Münchner Forum vorgeschlagen. Auch bezahlbare Wohnungen zu bauen, in jedem Fall einen Kontrapunkt zu setzen gegen die "überkommerzialisierte Innenstadt" mit "internationalen Anwaltsfirmen, Handelsketten und Opernwohnungen".

Der künftige Eigentümer aber, Christian Hirmer, versucht zu beruhigen. Man werde "nachhaltig" und "zukunftsweisend mit der Fläche umgehen". Das große Herrenmodehaus von Hirmer steht in der Kaufingerstraße, das sind nur ein paar Schritte, es sei "notwendig" sich in einem neuen Bau zu erweitern, um gegen den Onlinehandel zu bestehen. Er wisse aber auch, wie wichtig die Entwicklung um den Sattlerplatz sei, "aus einem hässlichen Hinterhof" könne "ein attraktiver städtischer Raum" werden.

Ob sich tatsächlich nur Hirmer um das Areal beworben habe, will das Wirtschaftsreferat nicht bestätigen. Das Ganze falle unter die "Gewerbeförderung" und das Grundstück werde nach "wirtschaftspolitischen Kriterien vergeben". Zum Beispiel werde also berücksichtigt, ob die Firma neue Stellen schaffe, mehr könne man zum Verfahren nicht sagen. Auch im Kommunalreferat verweist man auf den Datenschutz. Im Planungsreferat heißt es, man werde ohnehin erst später einbezogen - wenn der Deal abgeschlossen sei.

Genau das halten die Grünen für den falschen Weg. Die Stadt hätte sich bei so einer wertvollen Fläche zuerst in einem offenen Verfahren überlegen sollen, was sie damit anfangen wolle, ärgert sich Stadträtin Habenschaden. Auch die Bürger hätten einbezogen werden müssen. Bereits seit zwei Jahren steht fest, dass das Parkhaus weg soll, genauso lange diskutiert die Stadt darüber, wie man den Platz zwischen dem Färbergraben, der Sattlerstraße und der Fürstenfelderstraße gestalten könnte.

Jetzt soll es ganz schnell gehen und mit den Hirmers und den Nachbarn auf der anderen Seite, den Inselkammers, machen vor allem zwei alteingesessene Münchner Familien die Zukunft des Platzes unter sich aus.

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SZ vom 04.11.2017/axi
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