Süddeutsche Zeitung

Altstadt:Doch noch Mitsprache

120 Haushalte im Tal haben keine Einladung zum Online-Infoabend über die Umgestaltung der Straße bekommen. Nach Anwohner-Protesten fordern die Lokalpolitiker jetzt vom Mobilitätsreferat eine zweite Veranstaltung

Von Julian Raff, Altstadt

Ob noch einmal virtuell oder doch persönlich im ausgewählten Kreis - auf jeden Fall wird die umstrittene Informations- und Diskussionsveranstaltung zur Umgestaltung des Tals wiederholt, nachdem zahlreiche Anlieger protestiert hatten, sie seien übergangen worden. Der Bezirksausschuss (BA) Altstadt-Lehel hat einstimmig beschlossen, bei der Verwaltung eine zweite Runde anzustoßen. Ende April hatte das städtische Mobilitätsreferat drei Varianten vorgestellt, wie das Tal kurzfristig mit mehr Grün, aber ohne große Umbaumaßnahmen mehr Aufenthaltsqualität bekommen soll. Vorausgegangen war ein Infoabend, bei dem 150 Interessierte per Chat-Funktion mitdiskutierten.

Eine Gruppe von Anwohnern und ihre Sprecherin Margarethe Stadlbauer legten nun aber noch einmal dar, warum ihnen die Online-Runde vom 22. April keine faire Mitsprachemöglichkeit geboten habe: Die Einladung war, wie auch der Termin selbst, an eine private Agentur vergeben worden - mit offenbar lückenhafter Ausführung. Jedenfalls hätten die Bewohner der Hausnummern 21, 23 und 25, mit 120 Haushalten das Gros der Bewohnerschaft, keine schriftliche Einladung erhalten.

In der per PC zugeschalteten Teilnehmerrunde waren die Betroffenen daher nur zu 16 Prozent vertreten, weitere 15 Prozent waren als Gewerbetreibende angemeldet, mehr als zwei Drittel nahmen als "Interessierte" teil oder berufshalber, als Verwaltungsmitarbeiter. Als unglücklich und wenig bürgerfreundlich empfanden Stadlbauer und ihre Nachbarn auch den frühen Beginn um 17 Uhr und die knappe einwöchige Einspruchsfrist nach der Veranstaltung. Die Dringlichkeit der vom BA im vergangenen Herbst angestoßenen Sofortmaßnahmen sei vielen ihrer Nachbarn nicht klar gewesen, berichtete Stadelbauer. Vielmehr habe man sich auf die zuvor gegebenen Auskünfte verlassen, wonach vor dem Abschluss der Stammstrecken-Baustelle unterm Marienhof keine Veränderungen geplant seien.

Dabei hat es aus Sicht der Anwohner in den vorgestellten Planungen durchaus Kritikwürdiges gegeben, auch wenn diese keine großen Umbauten enthalten: Besonders ungünstig erscheint den Bewohnern der Häuser Nummer 21, 23 und 25 die dritte Variante, in der ein großer Taxistand mit bis zu acht Plätzen und der Haltepunkt für den Sightseeingbus von der Heilig-Geist-Kirche in Richtung Isartor und Müller-Drogeriemarkt verlagert würden. Verständlicherweise würden wartende Fahrer im Winter ihre Standheizungen laufen lassen und so den Anwohnern nächtlichen Dauerlärm bescheren, erklärte Stadlbauer. Auch die zusätzlichen Radlständer zu Lasten von Parkplätzen seien gut gemeint, würden aber wohl recht schnell zum Sammelpunkt von Schrotträdern, wie man unterm Alten Rathaus sehen könne.

Wenig begeistert zeigten sich die anwesenden Tal-Bewohner auch vom, so Stadelbauer, drohenden "Zupflastern" mit Schankflächen, die kaum Platz für konsumfreie Begegnungen lassen. Alles in allem habe das Tal auch noch "andere Funktionen", sei es als Wohnort oder auch als Sitz von Arztpraxen, die zumindest in Einzelfällen per Pkw erreichbar bleiben müssten. Nicht zuletzt gebe es auch im Tal Anwohner, die nicht komplett aufs Auto verzichten, sich aber auch keine 300 Euro Monatsmiete für einen Tiefgaragenplatz am Thomas-Wimmer-Ring leisten könnten. Zumindest bei künftigen Garagen-Projekten werde man sich verstärkt für bezahlbare Dauerparkplätze einsetzen, sicherte die BA-Vorsitzende Andrea Stadler-Bachmaier (Grüne) zu.

Den Beschluss für eine neue Versammlung fasste der Bezirksausschuss einstimmig und quasi alternativlos, nachdem die Verwaltung unter dem Eindruck der Kritik erklärt hatte, das Projekt erst nach einer weiteren Beteiligungsrunde wieder in die Hand nehmen zu wollen. Falls ein neuer Termin länger auf sich warten lässt, könnte zusätzlicher Nachdruck aus dem Stadtrat kommen, wo die CSU einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Man werde sich für eine Präsenzveranstaltung einsetzen, allerdings bat Stadler-Bachmaier die Anwohner, sich für diesen Fall schon einmal auf eine begrenzte Zahl von Vertretern zu einigen, da die Pandemielage vorerst wohl noch keine Bürger-Vollversammlung zulasse.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5302215
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 25.05.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.