Süddeutsche Zeitung

Altkleidersammlung:Ein Sprinter voll Unterwäsche

100 Matratzen oder eine ganze Ladung Unterwäsche: Die Kleiderlager in und um München quellen zwar über. Dennoch werden bestimmte Dinge noch dringend gebraucht - für Flüchtlinge und andere Bedürftige.

Von Simon Schramm

Am Dienstag der vergangenen Woche erreichte das Kleiderlager des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) eine Lieferung, die Peter Klapper ein "Highlight" unter den vielen Spenden nennt, die dieser Tage bei ihm ankommen: "100 Matratzen hatte uns ein Hotel angeboten, wir haben sie mit mehreren Lkw abgeholt. Die Matratzen sind drei, vier Jahre alt, in gutem Zustand und sauber", sagt Klapper, der die Altkleidersammlung des Roten Kreuzes vor zwanzig Jahren mitbegründet hat. Die Highlights häufen sich in letzter Zeit: Ebenfalls in der vergangenen Woche lieferte ein Sprinter eine volle Ladung Unterwäsche ab. Die Kleidersammlung der BRK-Bereitschaft in Solln sei schon überbelastet, weil es an Personal fehle, um all die Kleidungsspenden aufzunehmen, sagt Klapper. "Es macht sich schon bemerkbar, dass momentan mehr Münchner spenden wollen."

Einen Aufnahmestopp hat Klapper für die etwa 800 Quadratmeter große Halle in Allach trotz der vielen Spenden nicht ausgesprochen, auch nicht für bestimmte Kleidungsstücke. "Es gibt weiterhin Bedarf. Wir brauchen dringend warme Bekleidung, Anoraks, Strickjacken, Mäntel, Pullover, Socken oder Schuhe", zählt Klapper auf. Er betont: "Wir achten nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität."

Manche Spender würden ihre Altkleider mit der Bitte abgeben, die Spenden nur an Flüchtlinge abzugeben. "Wir geben die Spenden an jeden, wenn sie beweisen können, dass sie bedürftig sind", sagt Klapper. Zudem liefert das Rote Kreuz die Kleidung an Projekte im Ausland, unter anderem an die Opfer der Flutkatastrophe in Serbien. Ob die Menge an Spenden weniger wurde, seitdem der Abfallwirtschaftsbetrieb München eigene Sammelcontainer aufgestellt hat? Peter Klapper verneint.

Wo Bedürftige und Flüchtlinge Rabatt bekommen

Die Spendenbereitschaft der Münchner hat in den vergangenen Wochen so stark zugenommen, dass die Kleiderlager der Wohlfahrtsverbände überquellen. Konkurrenz durch die Sammel-Container? Fehlanzeige, bedingt auch wegen der derzeitigen Flüchtlingssituation. Die Innere Mission war sogar gezwungen, die Altkleiderannahme zu stoppen. Wann die Kleiderspenden wieder angenommen werden, ist noch nicht absehbar, sagt Martina Kreis von der Diakonia; der Verband sucht aber zusätzliche Helfer für die Stelle in der Dachauer Straße und in der Bayernkaserne.

Auch die Caritas musste die Annahme in einer Kleidersammlung stoppen. Im Landkreis Fürstenfeldbruck hatte der Helfer-Verband vor kurzem eine neue Stelle eingerichtet, um für die Flüchtlinge in der dortigen Erstaufnahmeeinrichtung zu sammeln. Schon nach einer Woche gab es zu wenig Platz für die vielen Kleiderspenden.

So weit ist es in den regulären Sammlungen der Caritas noch nicht. Den Annahmestopp der Inneren Mission spüre man aktuell deutlich, sagt Sabine Müller vom Caritas Zentrum West, der größten der insgesamt neun Stellen im Stadtgebiet. Ob die Stelle in Obermenzing womöglich auch einen Stopp verhängt, ist noch unklar. Nur: Auch hier besteht immer noch Bedarf. "Schuhe, Bettwäsche oder Handtücher könnten wir deutlich mehr gebrauchen", sagt Müller.

"Bombastisch viele Spenden" erhält auch die "Klawotte" der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Ottobrunn, sagt Ulrike Konrads. Aber deswegen die Annahme kurzzeitig einstellen? "Nein, nein." Neben Ottobrunn unterhält die Awo an drei weiteren Standpunkten im Landkreis München Sozialkaufhäuser, in denen Kleiderspenden abgegeben werden können. In den Kaufhäusern kann jeder einkaufen, bedürftige Münchner und Flüchtlinge erhalten dort einen Rabatt von 50 Prozent.

Vor etwa einem Jahr wechselte die Awo ihren Standpunkt in Ottobrunn, seitdem kommen immer mehr Spenden an. "Wir sind wirklich gut eingedeckt", sagt Konrads. Auf 360 Quadratmetern Fläche befinden sich eine Annahmestelle und eine Verkaufsfläche, sowie Räume zum Sortieren. "Manche bringen ihre verschlissenen Sachen", sagt Konrads. "Wir schauen uns die Sachen genau an."

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SZ vom 03.11.2014/infu
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