SZ-Adventskalender:Kein Geld für einen Boiler

Dieter Irlinger im Wohnzimmer seines Hauses in der Angerlohstraße 52 am 26.11.2018 in München.

Manfred Schuster blickt in den Garten. "Man würde gern auf sein Leben zurückschauen und denken: gut gemacht." Aber die Rente reicht kaum fürs Nötigste.

(Foto: Jan A. Staiger)

Die Schusters wohnen in einem renovierungsbedürftigen Häuschen. Bald läuft der Mietvertrag ab. Was dann kommt, ist ungewiss.

Von Anna Hoben

Er steht schon in der Garage, der neue Boiler. Trotzdem muss es noch mit dem alten gehen, irgendwie, denn für die Installation des neuen Geräts hat das Geld nicht mehr gereicht. "Eigentlich müsste man mit 70 sterben", sagt Manfred Schuster sarkastisch. "Je länger du Rentner bist, desto ärmer wirst du."

Alles werde immer teurer, das Ersparte sei irgendwann aufgebraucht. Dabei hat er immer hart gearbeitet, selbständig, als Elektroniker. Seine Frau Inge, 67, war bei Hugendubel und bei Käfer, sie arbeitet heute noch auf 400-Euro-Basis an einer Supermarktkasse. Schuster ist jetzt sieben Jahre über seiner selbst benannten Altersgrenze. Vor zwölf Jahren ist er in Rente gegangen, zehn Jahre hat er dann noch als Ehrenamtlicher in einem Alten- und Service-Zentrum gearbeitet. Alten Menschen geholfen, die Hilfe brauchten.

So können Sie spenden

Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung e.V.

Stadtsparkasse München

IBAN: DE86 7015 0000 0000 6007 00

BIC: SSKMDEMMXXX

www.sz-adventskalender.de

www.facebook.com/szadventskalender

Es hat ihm gut getan, eine Aufgabe zu haben, "Helfen macht mir Spaß", sagt er. Eine Zeitlang haben seine Frau und er sich auch um eine Eritreerin gekümmert. Nun brauchen sie selbst ein wenig Unterstützung. Die freiwillige Arbeit kann Schuster aus gesundheitlichen Gründe nicht mehr machen. Die Medikamente gegen sein Rheuma wurden gerade umgestellt, einige Tage hat er im Krankenhaus verbracht, "es ging ihm furchtbar", sagt seine Frau. Weil man sie kennt in der Nachbarschaft und sie nicht möchten, dass Nachbarn von ihrer Notlage erfahren, sind ihre Namen auf ihren Wunsch geändert.

Vor 14 Jahren sind sie in das Häuschen am Münchner Stadtrand gezogen, gebaut in den Dreißigerjahren und mit veraltetem technischen Standard. Manfred Schuster zeigt das "Haustelefon": eine alte Lüftungsheizung. "Wenn oben einer hustet, hört man es da durch unten im Keller." Die Miete war sehr günstig, dafür sollten sie für alle Reparaturen selber aufkommen. Für das Ehepaar war es ein fairer Deal.

Schuster riss erst einmal überall die alten Böden heraus, er kümmerte sich um die Elektrik, übernahm die Malerarbeiten. So haben sie sich ihr Zuhause schön hergerichtet. Ein Glück, dass er handwerklich begabt ist. Heute ist die Miete immer noch sehr bezahlbar, allerdings sind die Nebenkosten hoch. Und in ein paar Jahren läuft der Mietvertrag aus. Sie schauen jetzt schon nach billigen Wohnungen - es ist die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. "Mittlerweile kostet ja ein Apartment schon 700 Euro", sagt Schuster. Sie gewöhnen sich gerade an den Gedanken, aus München wegzuziehen. "Wir sind anspruchslos, brauchen nur einen Arzt und eine Bushaltestelle in der Nähe."

Weil es vertraglich so festgelegt ist, müssen sie jetzt den Boiler bezahlen, den sie gebraucht gekauft haben, inklusive Installation. "Aber so einen Betrag können wir nicht mehr stemmen, das geht einfach nicht." Noch müssen sie mit dem alten Boiler klarkommen. Sie machen ihn nur kurz an am Morgen, stellen sich nacheinander fix unter die Dusche. Der Boiler muss dann schnell wieder zugedreht werden, damit es keine Überschwemmung gibt. Die alten Handtücher, die Inge Schuster darunter ausgebreitet hat, sind trotzdem jedes Mal durchnässt. Sie ist froh, dass sie die Handtücher nicht weggeworfen hat.

Die Schusters zeigen ihr Wohnzimmer. Blick nach draußen, in das winterliche Gärtchen, das sie so lieben. Sie machen ja keine Urlaube, "brauchen wir auch nicht", umso mehr freuen sie sich über den Freiraum vor ihrem Haus. Auf einem Gartentisch hat Manfred Schuster Vogelfutter ausgelegt. "Aber es gibt viel weniger Vögel, früher ging es zu wie am Stachus."

Es fällt den beiden nicht leicht, um Geld zu bitten. "Man schämt sich", sagt Manfred Schuster. "Man fragt sich, hab ich etwas falsch gemacht? Man würde ja eigentlich gern auf sein Leben zurückschauen und sich denken: gut gemacht." Etwas mehr von diesem Gefühl, das wünschen sich die Eheleute.

Zur SZ-Startseite

SZ-Adventskalender
:Der Getriebene

Alfred B. leidet an Schizophrenie. Weil seine Krankheit lange Zeit nicht richtig behandelt wird, verliert er seine Arbeit und sein Zuhause. Jetzt ist der 64-Jährige auf Grundsicherung angewiesen.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: