Alternative zum Prosecco:Ganz neues Prickeln

Der Münchner Weinhändler Guido Walter hatte Prosecco über und hat deswegen kurzerhand die deutsche Antwort auf das prickelnde Getränk entwickelt: Fritz Müller Perlwein. Der blubbert ähnlich - und wird mittlerweile auch schon in Garmisch-Partenkirchen oder Sylt getrunken.

Franziska Gerlach

Alternative zum Prosecco: Sein Weininteresse entstand, als Guido Walter als Schüler ein Internat mitten in einem Pfälzer Weinanbaugebiet besuchte.

Sein Weininteresse entstand, als Guido Walter als Schüler ein Internat mitten in einem Pfälzer Weinanbaugebiet besuchte.

(Foto: Manu Theobald)

Soll es schön blubbern, trinken die Münchner Prosecco. Und in Läden wie dem Tramin, dem Schumann's oder dem Café Kubitschek seit geraumer Zeit auch jenes Getränk, dass sich Guido Walter hat einfallen lassen: den Fritz Müller Perlwein.

In seiner 2005 gegründeten Weinhandlung Walter & Sohn läuft der 45-jährige Münchner die Regalreihen ab, die Ledersohlen seiner Schuhe hinterlassen ein klackendes Geräusch auf dem Betonboden der alten Nudelfabrik am Moosfeld. Dann bleibt der Mann in Jeans und grauem Hemd abrupt vor einem Regal stehen, zieht eine Flasche Fritz Müller hervor und dreht sie einmal um die eigene Achse. Bei genauerem Hinsehen blitzen kleine Perlen zwischen den schwarzen und weißen Streifen des Etiketts auf. "Ehrlichen Trinkspaß", so ist dort zu lesen, soll das Produkt dem Konsumenten bescheren.

Fritz steht dabei für Frizzante, Müller weist auf die Rebsorte Müller-Thurgau hin und mit dem Perlwein im Namen bringt Walter jenen Begriff wieder ins Spiel, auf den der Schaumwein-Typus in Deutschland dereinst hörte. "Ich wollte auf keinen Fall das hundertste Prosecco-Imitat auf den Markt bringen", sagt der Weinhändler. Zumal er diesen - nachdem er ihn jahrelang verkauft hatte - ohnehin über gehabt habe. Auch der Ansatz, sich einen namhaften Winzer vor den Karren zu spannen, sei keine Option gewesen.

Den passenden Partner für sein Projekt findet Walter stattdessen in Winzer Jürgen Hofmann, einem langjährigen Freund, der im rheinhessischen Appenheim ein Weingut betreibt. Drei Jahre ist es jetzt her, dass dort die ersten 4000 Flaschen Fritz Müller Perlwein abgefüllt wurden. "Die waren sechs Wochen später bereits vergriffen", sagt Walter. Mittlerweile produzieren der Winzer und der Weinhändler die dreißigfache Menge pro Jahr, die deutsche Antwort auf den Prosecco ist bei Gastronomen und Fachhändlern in Garmisch-Patenkirchen ebenso zu haben wie auf Sylt.

Das unkonventionelle Markenkonzept kommt offenbar an: Anfang des Jahres zeichnete das Fachmagazin Weinwirtschaft Fritz Müller Perlwein mit dem Sonderpreis für Innovation aus. Und auch Weinfachjournalist Stuart Pigott will sofort gewusst haben, dass "das Produkt Wellen schlagen" werde. Bei dem Perlwein, den der Weinfachjournalist als "ansprechend fruchtig, mit moderatem Säuregehalt und nicht zu süß" beschreibt, würden Aufmachung und Geschmack stimmen. Und obendrein sei es ein Getränk, das dem Konsumenten jene Bekundung abringe, die ein gelungenes Erzeugnis seiner Meinung nach auszeichne: "Die Flasche ist leer, wo ist die nächste?"

Darüber, wie viele Bestellungen denn nun tatsächlich eingegangen sind, tauschen sich Walter und Hofmann täglich aus, auch wie es den Rebstöcken geht, besprechen die Geschäftspartner dann. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Winzer, so sagt Walter, erfahre er eine Rückkopplung an die Natur, und das sei ein Aspekt, der ihn als ausgewiesenen Stadtmenschen am Wein machen auch reize.

Prickelnder Alltag

Walters Interesse für "das alte Kulturgetränk" erwacht zu Zeiten, als er ein Sportinternat inmitten eines Pfälzer Weinanbaugebiets besucht. Während er von seinem Weg zum Wein erzählt, berichtet er von Reisen in Metropolen und weit entfernte Weinanbaugebiete. Nach einer Ausbildung zum Hotelfachmann studiert Walter Philosophie bei den Jesuiten in München, lässt sich in Österreich zum Diplomsommelier ausbilden und schließt 2003 sein Studium zum Diplom-Weinakademiker in Geisenheim ab. Er ist Dozent an der Unabhängigen Internationalen Weinakademie und der Deutschen Wein- und Sommelierschule in München.

Walter erklärt gern, indem er Bilder findet: Nicht nur für die unterschiedlichen Stilistiken, auch seine Aufgabe als klassisch beratender Weinhändler setzt er daher mit der eines Buchhändlers gleich. "Der entwickelt mit der Zeit auch ein Gefühl dafür, wem er Hemingway geben kann und wem Hanni & Nanni".

Den kleinen Finger vom Weinglas abspreizen sieht man Walter dabei allerdings nicht, er holt seine Kunden dort ab, wo sie mit ihrem Weinwissen stehen, lotet Länder-Präferenzen aus und überlegt gemeinsam, welcher Tropfen wohl der richtige sei. Schließlich, so sagt er und zuckt mit den Schultern, komme keiner als "Weinguru" zur Welt.

Von den 25.000 Flaschen, die in Walters Weinhandlung lagern, stammt der Großteil aus deutschen Weinanbaugebieten, aber auch spanische und französische Weine sowie Ware aus den restlichen Weinbauregionen Europas hat der Münchner im Programm. Doch der Handel scheint ihm nicht zu reichen. In Kooperation mit einem in Südbaden ansässigem Winzer, Jürgen von der Mark, produziert er eine eigene Linie, die einige Burgundersorten und einen gebietstypischen Gutedel führt.

Als Teilhaber der vor einigen Monaten in Haidhausen eröffneten Weinbar Goldloch kümmert sich Walter um die Auswahl der Weine, in Zusammenarbeit mit einem Verlag hat er 2011 ein Weinspiel entwickelt und auch sein Perlwein Fritz Müller wächst sich mit einem Rosé und einer Premium-Variante zu einer regelrechten Markenriege aus. "Mein Arbeitstag ist voll", sagt Guido Walter, aber auch ganz schön prickelnd.

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