Werksviertel:"Das knallt ein bisschen"

Werksviertel: Der Schornstein muss weg - damit die Bebauung im Werksviertel weitergehen kann.

Der Schornstein muss weg - damit die Bebauung im Werksviertel weitergehen kann.

(Foto: Robert Haas)
  • Im Werksviertel soll der Turm "One Rock" entstehen.
  • Dazu wurde nun ein alter Schornstein gesprengt.
  • 65 Meter soll der Turm hoch werden und auf 20 Geschossen zusätzlich zum siebengeschossigen Längsgebäude Platz für etwa 300 Mietwohnungen bieten.
  • Baubeginn soll im kommenden Jahr sein, mit der Fertigstellung rechnet der Investor Ende 2021.

Von Lea Weinmann, Berg am Laim

9.40 Uhr, ein Hof hinter der Kirche Sankt Pius in Berg am Laim. Auf dem gesperrten Baugelände dahinter ragt der Schornstein aus massivem Stahlbeton 35 Meter senkrecht in den strahlend blauen Himmel. Der Befeuchter wird gestartet. Mehrere Menschen tummeln sich schon vor dem Baugelände, lockeres Geplauder, aber die Aufregung liegt in der Luft.

9.50 Uhr. Mit ihren Smartphones halten die Zuschauer den grauen Koloss auf letzten Fotos fest. Ein Mitarbeiter der Stadtwerke sichert sich auf dem Autodach eines Transporters den besten Blick auf den Schornstein. Der Schlot gehörte ehemals zur Lehrwerkstätte München-Ost der Deutschen Telekom, die dort ihre Fernmelder ausbildete. Bis vor etwa zehn Jahren war er noch in Betrieb. Für das Wohnbauvorhaben des Investors Rock Capital Group muss er nun weichen.

10.00 Uhr. Sprengmeister Michael Schneider kommt mit seinem Team auf den Hof, eine Kabeltrommel in der Hand. Der Projektleiter der Firma Richard Liesegang mit Sitz in Hürth nahe Köln macht diesen Job seit 37 Jahren. "Ich kann nichts anderes", sagt er und lacht. Weitere Fragen der Neugierigen wimmelt er ab, "alles später". Schneider kurbelt kräftig an der kleinen Zündmaschine. Angespannte Stille. Er witzelt: "Nicht erschrecken, das knallt ein bisschen."

10.03 Uhr. Der Sprengmeister zählt den Countdown herunter und löst den Befehl aus. Es knallt. Durchaus mehr als ein bisschen. Der rechteckige, lange Schornstein kippt kerzengerade zur Seite um. Beim Aufschlag donnert es noch einmal. Dann wieder Stille. Nach ein paar Sekunden brennt der Staub in der Nase. Das war's. "Hundert Prozent, besser geht es nicht", urteilt Schneider.

Das Grundstück, auf dem der Schornstein stand, hat die Rock Capital Group Ende 2016 der Deutschen Telekom abgekauft. Es ist Teil des Werksviertels, einem ehemaligen Gewerbe- und Industrieareal, auf dem ein neues, eigenständiges Stadtquartier entstehen soll. Die Abbrucharbeiten auf dem Gelände zwischen der Grafinger Straße und der Piusstraße laufen bereits seit Januar 2018, um Platz für den geplanten Wohnturm "One Rock" zu schaffen. 65 Meter soll er hoch werden und auf 20 Geschossen zusätzlich zum siebengeschossigen Längsgebäude Platz für etwa 300 Mietwohnungen bieten - so weit die Planung, die zum Großteil das Büro Steidle Architekten in München übernimmt. Damit zählt es zu den höchsten Wohnhochhäusern innerhalb des Mittleren Rings in München.

300 Mietwohnungen sollen in dem Turm entstehen

Bis Ende dieses Jahres solle der Rückbau und die Entkernung der ehemaligen Werkstätte abgeschlossen sein, sagt David Christmann, Geschäftsführer der Rock Capital Group. Auch der Boden werde noch untersucht: "Wir vermuten da nichts, aber müssen bei so einem Gelände auf Nummer sicher gehen", so der Geschäftsführer. Mit der Sanierung hat der Projektentwickler und Vermögensverwalter aus Grünwald die Firma Umweltmeister beauftragt.

Besonders herausfordernd sei der Rückbau des unterirdischen Lagers, sechs Meter tief, in dem einstmals Kabel und Trafos aufbewahrt wurden. Die Sprengung des Schornsteins hingegen sei "keine sehr große Sache", aber technisch notwendig, da das Bauwerk zu hoch gewesen sei, als dass Bagger es hätten einreißen können.

Je nachdem, wann der Investor die Baugenehmigung erhält, beginne der Bau des Wohngebäudes dann voraussichtlich im Herbst 2019. Christmann rechnet für Ende 2021 mit der Fertigstellung. Auf einer 7000 Quadratmeter großen Grundfläche wird die Rock Capital Group eine nutzbare Fläche von 23 000 Quadratmetern realisieren. Die 300 Mietwohnungen sollen alle Segmente abdecken - von der Ein-Zimmer- bis zur Vier-Zimmer-Wohnung sei alles vorgesehen. Zehn Prozent der Wohnungen sollen nach dem München-Modell der Stadt vergeben werden, das sich an mittlere Einkommensgruppen richtet.

Das Bauwerk wird künftig an einen Zentralpark anschließen, in direkter Nähe zum geplanten Konzerthaus. Mit der Vermarktung hat der Investor offenkundig keine Probleme; David Christmann spricht von einer Liste, auf der bereits 100 Interessenten stünden. Zu den Baukosten wollte sich Geschäftsführer Christmann zum aktuellen Zeitpunkt, vor den Ausschreibungen, noch nicht äußern. Der Bezirksausschuss (BA) Berg am Laim begrüßt das Wohnbauvorhaben. "Wir sind froh, dass auch die Pläne fürs Wohnen im Werksviertel jetzt konkreter werden", sagte BA-Vorsitzender Robert Kulzer (SPD).

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