Altenheimträger startet Pilotprojekt:Stadt geht gegen Schwarzarbeit am Bau vor

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Der Münchner Altenheimträger Münchenstift will illegales Lohndumping am Bau bekämpfen. Künftig sollen von ihm beauftragte Baufirmen stärker kontrolliert werden. Doch der Industrieverband übt Kritik.

Bernd Kastner

Die Stadt sagt der Schwarzarbeit den Kampf an. In einem Pilotprojekt will der Altenheimträger Münchenstift die von ihm beauftragten Baufirmen schärfer kontrollieren, um illegale Dumpinglöhne zu verhindern. Bislang vertrat die Stadt auf dem Standpunkt, es genüge, die Firmen zur Tariftreue zu verpflichten. Es sind die Vorkommnisse auf einer Altenheimbaustelle der Münchenstift, die zu diesem Kurswechsel führten.

Die Stadt sagt der Schwarzarbeit auf Münchens Baustellen den Kampf an (Foto: Foto: dpa)

Im März spürte die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls auf der Baustelle 37 türkische Arbeiter auf, die über Monate zu Hungerlöhnen beschäftigt worden waren (SZ berichtete). Angeheuert hatte sie ein türkischer Subunternehmer, der wiederum vom Generalunternehmer Hochtief beauftragt worden war.

"Das ist Ausbeutung'', kommentiert Bürgermeisterin Christine Strobl den Fall. Münchenstift-Chef Gerd Peter sieht sein Unternehmen durch die Vorkommnisse "ins Zwielicht" gerückt und beklagt einen schweren "Imageschaden", weil ausgerechnet dort, wo Fürsorge walten sollte, Menschen um ihren Lohn gebracht wurden. "Das lässt uns nicht kalt", sagt Peter.

Ein Zeichen setzen

Nun will er zum Vorkämpfer im Kampf gegen die Schwarzarbeit werden. In Absprache mit den Zollfahndern hat er einen Acht-Punkte-Katalog aufgestellt, auf den er künftig seine Baufirmen verpflichten will. So sollen alle Arbeiter namentlich zentral erfasst werden, den Zugang zur Baustelle will man kontrollieren und spezielle Ausweise ausgeben. Auch bei der Lohnauszahlung wollen Bauherren-Vertreter dabei sein.

Zudem will der städtische Altenheim-Träger fremdsprachige Mitarbeiter auf die Baustellen schicken, die sich mit den Arbeitern in der Muttersprache unterhalten sollen. So hofft man, mehr über womöglich illegale Absprachen zu erfahren.

Bei der im September beginnenden Sanierung des Altenheims Heilig Geist mit einem Volumen von 24 Millionen Euro wolle man diesen Katalog bereits anwenden. Bürgermeisterin Christine Strobl, Aufsichtsratsvorsitzende bei Münchenstift, betont, man wolle ein Zeichen setzen und die Ausbeutung ausländischer Arbeiter zumindest deutlich erschweren.

Strobl muss im Kampf gegen Lohndumping zwischen zwei Positionen innerhalb der Stadt vermitteln. Hier Gerd Peter, der sich mit der bisherigen Minimal-Linie der Stadt nicht mehr zufrieden geben will - dort das Baureferat, das jährlich Aufträge in Höhe von 700 Millionen Euro vergibt und bislang eben diese Linie vertritt: Die gesetzlich vorgeschriebene Tariftreueerklärung genüge, mehr könne und brauche ein Bauherr nicht tun.

Nicht begeistert vom städtischen Vorstoß

Die Bauleitung für den vom Zoll beanstandeten Altenheimbau liegt beim Baureferat. Dort will man Peters und Strobls Vorstoß nicht kommentieren, da man gerade eine Stadtratsvorlage vorbereite. Die Grünen hatten mehr Engagement gegen Schwarzarbeit angemahnt.

Beim Bayerischen Bauindustrieverband tritt man zwar im Rahmen eines "Ethik-Managements" für "partnerschaftliche Zusammenarbeit am Bau und faires Verhalten im Wettbewerb" ein. Doch von dem städtischen Vorstoß ist man nicht begeistert. "Wo führt das hin?", fragt Verbandssprecher Josef Wallner. Wenn jeder Bauherr seine eigenen Regeln aufstelle, werde das Bauen weiter erschwert.

Besser sei es, sich auf die gesetzlichen Regelungen zu verlassen, die "demokratisch zustande gekommen" seien. Wenn nun die öffentliche Hand so vorgehe, brauche man sich nicht wundern, wenn sie keine passenden Firmen mehr finde, so Wallner.

Durchweg positiv bewertete dagegen René Matschke, Chef der Münchner Schwarzarbeits-Fahnder, den Schritt. Gerade bei öffentlichen Bauherrn sehe er eine "moralische Verpflichtung", stärker gegen Hungerlöhne und Ausbeutung anzukämpfen. Beim Essener Konzern Hochtief kommentiert man die Münchner Initiative so: Man unterstütze die Behörden in ihren Bemühungen und begrüße alles, was dabei hilft: "Hochtief steht für faires unternehmerisches Handeln."

© SZ vom 13.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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