Museum:Das Phantom der Leinwand

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Eine Straßenszene von Jacobus Vrel, gemalt nach 1633. Von 12. Oktober an bis Ende Februar 2021 wird das Gemälde in der Alten Pinakothek präsentiert. (Foto: Nicole Wilhelms/Bayerische Staatsgemäldesammlung)

Die Alte Pinakothek hat ein Bild des Malers Jacobus Vrel angekauft. Eigentlich sollte ihm in München eine ganze Ausstellung gewidmet werden, dafür reicht es nun nicht. So bleibt er hierzulande noch eine Weile ein Rätsel.

Von Susanne Hermanski

Manchmal arbeiten Kunsthistoriker wie Detektive. Im Fall Jacobus Vrel ist die Spur, die sie verfolgen, schon beinah 400 Jahre kalt. Erst seit einer eingehenden wissenschaftlichen Farbanalyse ist klar, dass der Maler nicht mit Johannes Vermeer zu verwechseln ist. Und dass er sich seinen Stil auch nicht etwa von dem großen Meister des Goldenen Zeitalters oder einem anderen Zeitgenossen abgeschaut hat, sondern eher ein Pionier auf dem Gebiet der Architekturdarstellungen war.

Der Münchner Kurator Bernd Eberth hat ein gemeinsames Projekt von drei Museen zu dem rätselhaften Maler angestoßen. Das war vor der Pandemie. Jetzt reichen Geld und Zeitfenster nicht mehr für die dazu geplante Ausstellung in München. Aber immerhin konnte mithilfe der Ernst von Siemensstiftung ein Vrel-Hauptwerk für die Alte Pinakothek angekauft werden: eine "Straßenszene mit Personen im Gespräch", die nach 1633 gemalt worden ist.

Innerhalb des kleinen, vor allem aus Stadtansichten und Interieurszenen bestehenden Œuvres von Vrel kommt diesem Gemälde eine besondere Bedeutung zu. Es handelt es sich um eines seiner frühesten Werke, das die Experten zugleich als Vrels komplexeste Architekturkulisse ansehen. Das scheinbar typische Beispiel holländischer Barockmalerei unterscheidet sich von allen damaligen Architekturdarstellungen und nimmt damit eine herausragende Stellung innerhalb der Sammlung ein.

Das grenzüberschreitende Forschungsprojekt im Verbund der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München, der Fondation Custodia, Collection Frits Lugt in Paris und dem Mauritshuis in Den Haag sowie in Zusammenarbeit mit weiteren internationalen Fachleuten unterschiedlicher Disziplinen hat sich auch in der ersten Monografie mit Werkverzeichnis zu Jacobus Vrel niedergeschlagen: "Jacobus Vrel. Auf den Spuren eines rätselhaften Malers", erschienen in drei Sprachausgaben im Hirmer Verlag.

Die dazu passende, erste monografische Ausstellung zu Vrel musste in ihrer ersten Station München zwar abgesagt werden, aber in Den Haag und in Paris wird sie2023 zu sehen sein. In der Alten Pinakothek in München wird Vrels "Straßenszene" immerhin von 12. Oktober bis Ende Februar 2022 in einer Fokuspräsentation erstmals öffentlich vorgestellt.

Dazu gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm: etwa eine Filmreihe in Kooperation mit "Kino der Kunst" und dem Theatiner Filmtheater, Lesungen von Jovita Dermota und eine Podcast-Serie in Zusammenarbeit mit der Universität Konstanz.

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