Es wird ein Millionengeschenk an einen milliardenschweren Investor: An diesem Mittwoch wird eine Mehrheit aus CSU und SPD im Stadtrat den umstrittenen Plänen zustimmen, die Alte Akademie umzugestalten - weitgehend nach den Wünschen des Investors. Damit tun die Stadträte dem Projektentwickler, einer Tochter des österreichischen Signa-Immobilienkonzerns, nicht nur architektonisch einen Gefallen. Er darf auch auf hohe Zusatzerlöse hoffen, ohne dass er den eigentlichen Besitzer der Immobilie daran beteiligen müsste: den Freistaat Bayern. Der hat 2013 den gesamten Komplex der Signa-Tochter pauschal für 230 Millionen Euro auf 65 Jahre im Erbbaurecht überlassen. Von einer Erweiterung der Fläche war damals keine Rede - und genau die segnet der Stadtrat nun ab, denn die Arkaden am Hettlage-Gebäude an der Neuhauser Straße sollen weitgehend zugebaut werden.
Die Signa hatte vor knapp fünf Jahren dem Freistaat für das große und historisch bedeutsame Gebäude neben Sankt Michael am meisten geboten, etwa 9,5 Millionen Euro mehr als der schärfste Konkurrent. Das geht aus Unterlagen hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen. Der Konzern um den Österreicher René Benko bekam den Zuschlag, fortan begannen Planung und Wettbewerb für den Umbau des Areals. Auf einer Geschossfläche von insgesamt etwa 23 500 Quadratmetern soll Platz für Einzelhandel, Gastronomie, Büros und Wohnungen entstehen.
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Seine Signa-Gruppe übernimmt jetzt auch den Karstadt am Hauptbahnhof - und denkt über einen Neubau nach. Auch sonst krempelt Benko die Münchner Innenstadt gerade gründlich um.
Den meisten Details stimmte die Stadt zu, Streit gab es aber über die Arkaden vor dem angrenzenden Hettlage-Gebäude, das zum Gesamtkomplex gehört. Stadtbaurätin Elisabeth Merk wehrt sich dagegen, dass diese Arkaden zur Kapellenstraße hin ganz und zur Fußgängerzone teilweise zugebaut werden sollen. Dadurch würden große Flächen an der Neuhauser Straße der öffentlichen Nutzung entzogen. Von 620 Quadratmetern blieben gerade mal 170 übrig. Der Rest, also etwa 450 Quadratmeter, kommt dem Projektentwickler zugute.
Und der kann sich seit Montag darauf freuen. Die SPD-Stadtratsfraktion entschied sich, diesen Plänen weitgehend zuzustimmen, die CSU war ohnehin dafür. Die Fraktionen schaffen damit indirekt Einzelhandelsflächen, die die Signa zu sehr guten Preisen vermieten kann - angeblich ist Apple daran interessiert, dort einen sogenannten Flagshipstore unterzubringen. Laut dem Immobilienverband Deutschland werden in dieser Lage pro Quadratmeter und Monat zwischen 320 und 410 Euro fällig. Geht man von einem Durchschnittspreis und 450 Quadratmeter Fläche in den ehemaligen Arkaden aus, kommt man auf Erlöse von gut 160 000 Euro im Monat. Macht im Jahr knapp zwei Millionen Euro - nach derzeitigen Preisen, die in den kommenden Jahrzehnten vermutlich deutlich steigen werden.
Die Signa-Tochter muss zwar der Stadt München noch das Wegerecht ablösen, dass diese 1964 vom Freistaat für die Arkaden gekauft hatte. Eine Nachzahlung der Signa-Tochter an den Freistaat, dem das Gebäude immer noch gehört, wird es aber nicht geben, zumindest laut Finanzministerium. Das verweigert zwar grundsätzlich Angaben zu Vertragsdetails bei Grundstücksangelegenheiten, erklärt aber zur Alten Akademie: "Im Höchstgebot (von Signa) spiegeln sich bereits sämtliche wertrelevanten Faktoren wider, wie etwa bauliche Nutzungsmöglichkeiten und Entwicklungschancen sowie -risiken." Heißt im Klartext: Signa habe mit den 230 Millionen Euro auch schon dafür bezahlt, aus dem Areal mehr herauszuholen.
"Hier machen Stadt und Staat Herrn Benko ein Baulandgeschenk"
Das steht allerdings im Widerspruch zu dem, was dem Haushaltsausschuss des Landtags in einer nicht öffentlichen Sitzung 2013 vorgelegt wurde. Der damalige Finanzstaatssekretär Johannes Hintersberger (CSU) informierte die Abgeordneten ausführlich über das Projekt, die gebotene Summe von 230 Millionen Euro und die Zahlungsmodalitäten. Zum Konzept von Signa heißt es darin zwar, dass "sich in unterschiedlichen Punkten noch Anpassungen und Verschiebungen ergeben können", weil mit der Stadt noch verhandelt werden müsse. Von Läden in den Arkaden ist aber keine Rede. Im Gegenteil: "Das Planungskonzept der Signa verfolgt vorrangig eine Qualitätsverbesserung der im Objekt befindlichen Flächen, nicht jedoch eine Vergrößerung derselben", heißt es. Die Abgeordneten stimmten also offenbar zu, ohne die Umbauwünsche zu kennen.
Signa selbst will sich dazu nicht äußern, schon gleich gar nicht vor der Stadtratssitzung. Detlev Sträter vom Verein Münchner Forum sieht dagegen seinen Verdacht bestätigt, den er bereits 2017 geäußert hatte: "Hier machen Stadt und Staat Herrn Benko ein Baulandgeschenk, weil sie ihn an anderer Stelle in der Innenstadt noch brauchen." Benkos Signa gehören auch der Oberpollinger und der Karstadt am Bahnhof. Falls der Stadtrat wirklich pro Signa entscheidet, kündigte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann eine Anfrage an Finanzminister Markus Söder an. Das Ausgreifen des Investors auf öffentlichen Raum sei nicht hinzunehmen. "Gerade im überhitzten München haben wir keinen öffentlichen Raum zu verschenken."