Süddeutsche Zeitung

Alte Akademie:Klarer Fall für die Kommission

Stadtgestaltungsexperten sollten sich mit Arkaden beschäftigen

Von Alfred Dürr

Nun hätte sich also auch die Stadtgestaltungskommission mit dem zur Zeit wichtigsten und umstrittensten Neu- und Umbauprojekt in der Innenstadt beschäftigen sollen - mit der Alten Akademie an der Neuhauser Straße. Es war allerdings eine kuriose Sitzung, die am Dienstagabend zu diesem Thema im Rathaus stattfand. Die Experten des Gremiums, die sich meist dann zu Wort melden, wenn es um kontrovers diskutierte Neubau-Architektur in der Stadt geht, zeigten sich beim Thema Alte Akademie überfordert. Man fühle sich politisch instrumentalisiert und damit missbraucht, hieß es in der Diskussion - und lehnte es ab, kurzfristig zu dem Thema Position zu beziehen.

Grünen-Stadtrat Herbert Danner hatte zu einem ungewöhnlichen Mittel gegriffen. Er richtete per Dringlichkeitsantrag einen "Hilferuf" an die Stadtgestaltungskommission, "um das Schlimmste zu verhindern". Vor wenigen Tagen hat der Planungsausschuss des Stadtrats mit Mehrheit von CSU und SPD beschlossen, dass die aus der Nachkriegszeit stammenden Arkaden entlang der Kapellenstraße beseitigt werden können. Der Durchgang am Hettlage-Bau hin zur Neuhauser Straße wird verschmälert. Für die österreichische Signa-Gruppe um den Investor René Benko bedeutet das einen Zuwachs an Ladenfläche; Raum für Passanten geht verloren. Und es droht noch ein bedenklicher "Nebeneffekt" für das Stadtbild. Wenn man bei den Arkaden nachgibt, könnten auch andere Geschäftsleute ihre Durchgänge in Ladenflächen umwandeln wollen. Mit welchem Recht kann man dieses Ansinnen dann ablehnen?

Die Absicht der Grünen ist klar: Die Stadtgestaltungskommission sollte sich kurzfristig im Arkaden-Streit positionieren und den Stadtrat im weiteren Genehmigungsprozess zur Modernisierung der Alten Akademie beeinflussen. Für ein Gremium, das sich in der Regel mit Bau-Fachfragen und der Ästhetik von Gebäuden befasst, schien das eine ungewöhnliche Herausforderung zu sein.

Die Stadtgestaltungskommision besteht aus Architekten, Vertretern der Stadtverwaltung, des Stadtrats, dem Oberbürgermeister, der sich allerdings meist vertreten lässt, und der Stadtbaurätin, Vertretern anderer Behörden sowie dem Stadtheimatpfleger. Behandelt werden in der Regel Projekte, die eine beispielhafte Bedeutung haben, wie Stadtbaurätin Elisabeth Merk sagt: etwa für die sogenannte Nachverdichtung, für den Denkmalschutz, für moderne Architektur. Ja, gerade auch für das Bauen in der Altstadt, wo es immer um die zentrale Frage geht, was man vom typischen Münchner Bau-Charakter bewahren muss und was durch eine andere Architektursprache ersetzt werden kann.

Welche Projekte werden behandelt? Vorschläge kommen aus dem Planungsreferat, das auch Baugenehmigungsbehörde ist, oder vom Heimatpfleger. Ebenso können zum Beispiel der Oberbürgermeister oder Stadträte Anregungen einbringen. Ausgesprochen werden am Ende nur Empfehlungen - diese haben jedoch großes Gewicht. Das Votum der Fachleute fließt nämlich in den Entscheidungsprozess des Stadtrates und der Planungsbehörde ein.

Normalerweise werden keine Projekte behandelt, zu denen vorher ein Architektenwettbewerb stattgefunden hat. Aber auch da gibt es Ausnahmen. Zum Beispiel hat sich beim Pschorr-Haus in der Fußgängerzone während des Bauprozesses das Erscheinungsbild des großen Komplexes geändert und es wich damit vom Wettbewerbsergebnis ab. Die Kommission beschäftigte sich mit der neuen Situation.

Ähnlich ist die Situation jetzt auch bei der Alten Akademie. Laut Wettbewerbsergebnis sollten die Arkaden bleiben, im Lauf der Planungen sind sie kleiner geworden oder ganz verschwunden. Das muss ein klarer Fall für die Kommission sein. Dass ein Stadtratsmitglied Fragen an die Experten des Gremiums stellt, ist kein ungewöhnlicher Vorgang. Hoffentlich findet das Gremium doch die Zeit, sie zu beantworten.

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Quelle:
SZ vom 08.02.2018
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