Julia Schulz spricht von der zweiten Psychose, die Zuhörer erstarren wieder. "Ich war 21, kam gerade von einer längeren Reise aus Asien zurück, hatte dort viel gekifft und wollte in mein Studium starten." Sie war außerdem unglücklich verliebt, fühlte sich verloren an der Uni und bald auch wieder verfolgt.
Sie konnte sich auf nichts mehr konzentrieren, nichts machen. "Das ist so schrecklich, ihr könnt euch das nicht vorstellen." Sie wollte nicht mehr weiterleben, nahm 60 Tabletten auf einmal, lag eine Woche im Koma. Nun suchten die Ärzte die richtigen Medikamente für sie, das dauerte Monate. Aber sie kam wieder auf die Beine.
In den nächsten neun Jahren nahm sie 50 Kilo zu, wegen der Medikamente. Wie viele sie denn nehme, fragt eine Schülerin. Schulz holt eine rote Plastikbox aus ihrer Tasche, mit verschiedenen Fächern. "13 Tabletten pro Tag - morgens, mittags, abends", sagt sie.
Die schlimmste Zeit durchlebte Julia Schulz vor eineinhalb Jahren. Bis dahin war sie glücklich verliebt. Sie hatten sich in der Psychiatrie kennengelernt, es war der Mann ihres Lebens, sagt sie.
Dann brachte sich ihr Freund um. Schulz hatte ihre Medikamente abgesetzt, und hörte plötzlich Stimmen. "Was haben die gesagt?", fragt Walser. "Die haben gesagt: 'Du hörst Stimmen.'" Schulz ging nun selbst in die Klinik, war insgesamt ein Jahr in Haar. Danach zog sie in eine betreute WG. Jetzt hat sie einen neuen Freund, eine Katze, einen Job.
Als die Stunde vorbei ist, sind alle mitgenommen. Franziska Walser, die in ihren Filmen schon einige psychisch kranke Frauen gespielt hat, unterhält sich mit Julia Schulz. Die sagt: "In den USA ist es mittlerweile doch total angesagt, einen Psychiater zu haben. Und hier wird man noch immer schief angeguckt."
(SZ vom 17.7.2007)