Aller guten Dinge:Brettern und brutzeln

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Bewegen, genießen, lernen - wir empfehlen Skateboard-Fahren, die vegetarische Küche von Jamie Oliver und Fakten zum Fieber.

Von SZ-Autoren

Bewegen: Rocken und rollen

(Foto: Robert Haas)

Alle Räder stehen still wegen Corona? Nein, es wird gerollt wie lange nicht. Weil die Polizei skateboarden als triftigen Ausgehgrund (Bewegung, Sport) gelten ließ, glitten nicht nur Kinder und Hipster über den Asphalt. Auch viele Männer und Frauen im rüstigen Rollalter kramen seitdem ihr Ur-Board hervor. In München treffen sich alle auf der Theresienwiese zum Cruisen mit Longboard, mit Segel zum Rollsurfen, zum Tricksen und Springen an Rails und Rampen. Nun besteht die Gefahr bei Wieder- und Neueinsteigern nicht nur in Verletzungen, sondern auch in der Blamage. Viele lasen unter ihren stolzen Facebook-Posts, es sei peinlich, nach überstandener Pubertät zu skaten. So was hörten schon die ersten ambitionierten Skater vor 40 Jahren in Deutschland: Das ganze sei Kinderkram. Dem hielt ein Mann seine ganze Überzeugungsarbeit entgegen: "Das Board ist für die Jugendlichen ein Sportgerät und Ausdrucksmittel, mit dem sie sich abgrenzen könnten", sagte Titus Dittmann, der damit auch sich selbst meinte, obwohl er längst Lehrer war und auch so aussah. Er führte das Skaten im Schulsport ein, holte Boards aus den USA herüber, machte als Erster ein Magazin, Halfpipes und Meisterschaften und wurde zur Legende. Sein Film Brett vor'm Kopp ist schwer zu finden, aber auch in der ARD-Mediathek ( Titus Dittmann - Skateboard Pionier) und auf Youtube ( Planet Wissen: Das Leben ist eine Halfpipe) lernt man mit dem heute 72-Jährigen, in Würde zu rocken und rollen. Michael Zirnstein

Genießen: Tier zuliebe

(Foto: N/A)

Die Virusentstehungstheorien mit den Fledermäusen respektive Gürteltieren sollen hier keine Rolle spielen. Den Fleischkonsum einzuschränken, ist aber auch ohne Gedanken an Märkte in Wuhan eine gute Idee - dem Tier zuliebe und dem eigenen Körper. Einer, den viele mit herzhaften Pies, Pasta und Burger verbinden, verführt in seinem aktuellen Kochbuch "Veggies" (Dorling Kindersley Verlag) zu: herzhaften Pies, Pasta und Burger. Der englische Koch Jamie Oliver steht ja seit vielen Jahren für eine überraschend vielseitige Ernährung, Obst und Gemüse waren selten nur tolerierbare Randerscheinungen. Und statt Steak & Ale-Pies, Bolognese und Beef-Burger kommen nun eben sommerliche Gemüse-Pie, Spaghetti mit Steinpilzklößchen und gerösteter Schwarze-Bohnen-Burger auf den Tisch. 116 fleischlose Rezepte, von leicht bis aufwendig, hat der Fernsehkoch und Unternehmer zusammengestellt. Inspiriert von den Küchen der Welt, regt er mal zu jemenitischen Pfannkuchen an, mal zum "fast griechischen Blumenkohltopf". Apropos griechisch: Jamie Olivers Veggie-Moussaka mit einer cremigen Steinpilz-Halloumi-Sauce lässt Schicht für Schicht vergessen, dass der originäre Star einst Hackfleisch war. Und wer das Foto zum "Super Schichtsandwich" sieht, eines von vielen geschmackvollen Bildern, der will auf der Stelle ein frisches Bauernbrot aushöhlen und rezeptgetreu mit Grillgemüse, Mozzarella und Minzdressing füllen. Bernhard Blöchl

Lernen: Fakten zum Fieber

(Foto: N/A)

Dass die Spanische Grippe die "größte Vernichtungswelle seit dem Schwarzen Tod im Mittelalter" bedeutete, war ziemlich in Vergessenheit geraten - dabei tötete sie zwischen 1918 und 1920 die unglaubliche Menge von 50 bis 100 Millionen Menschen. In Zeiten von Covid 19 haben Vergleiche mit jener Pandemie eine neue Dringlichkeit bekommen, und so ist auch Laura Spinneys Sachbuch "1918. Die Welt im Fieber" (Hanser) zwei Jahre nach Erscheinen ungeahnt zum Bestseller geworden. Ein Buch für Corona-Streber, wie in der SZ kürzlich geulkt wurde? Mag sein, doch so lasst uns mit Hingabe strebern: Auch wenn regelmäßige Zeitungs- und Internet-Leser viele Virus-Fakten inzwischen aus dem Stand aufsagen können, ist dieses Buch doch eindrucksvoll; der Ansatz ist weltumspannend, der Schreibstil flüssig. Wer Spinney liest, hat danach noch mehr Ehrfurcht vor einer möglichen zweiten Welle, weiß mehr über die Entwicklung der Unabhängigkeit Indiens oder unser andauernd großes Bedürfnis nach frischer Luft. Auch Depressionen im Zuge der Pandemie lassen sich besser einordnen. Immerhin hat die britische Autorin in dieser Hinsicht auch gute Nachrichten: Der melancholische norwegische Maler Edvard Munch zum Beispiel, selbst durch die Grippe gezeichnet, hatte nach seiner Genesung 1919 angeblich eine höchst schöpferische Phase. Antje Weber

© SZ vom 20.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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