Süddeutsche Zeitung

Allach/Untermenzing:"Unzumutbare Mangelverwaltung"

Lesezeit: 2 min

Bei ihrer Bürgerversammlung zeichnen die Anwohner ein deprimierendes Bild der Schulsituation

Von Anita Naujokat, Allach/Untermenzing

Veraltete Schulbauten, Platznöte an allen Ecken und Enden und die unzureichende Betreuungssituation prägen in Allach-Untermenzing zunehmend das Leben der "Schulfamilien" und das realer Familien. Dies wurde ein ums andere Mal in der Bürgerversammlung am Donnerstagabend deutlich. Sämtliche Grenzen seien erreicht, mit Einzellösungen seien die Probleme nicht mehr abzufedern, sagte die CSU-Stadträtin und Vorsitzende des örtlichen Bezirksausschusses, Heike Kainz, in ihrem Rechenschaftsbericht vor rund 220 Bürgern in der Krauss-Maffei-Kantine. Sie sprach von einer "unzumutbaren Mangelverwaltung".

Als misslich bezeichnete Kainz in diesem Zusammenhang auch, dass die Neubauten am Oertelplatz und in der Gerberau größtenteils schon bezogen, die Kitas aber noch nicht fertiggestellt seien. Die Erneuerung der Mittelschule an der Franz-Nißl-Straße prüfe die Stadt jetzt schon seit Jahren, ein Ergebnis sei noch lange nicht in Sicht. Bei allem Verständnis für die Verwaltung, sagte Kainz, doch wie lange sollten die Kinder noch warten? 38 Familien hätten wie seine nach der Einschulung an der Manzostraße vom kommenden Schuljahr an keinen Hortplatz, meldete sich Andreas Hesse zu Wort. Die Elterninitiative nehme nur noch Geschwisterkinder an, weil sie nicht wisse, wie es räumlich weitergehe. Dabei gebe es einfache Lösungen. Er forderte, zwei Container auf den Hartplatz der Schule zu stellen, Planungssicherheit für die Elterninitiative und den neuen Hort an der Schöllstraße mit vollen vier Gruppen zu starten, statt vorerst nur mit zwei. Ein anderer Vater beantragte, als Voraussetzung für die Baugenehmigung von mehr als zehn Wohneinheiten Platznachweise für Kinderbetreuungsplätze zu verlangen - so lange bis in Allach-Untermenzing der stadtweite Durchschnittswert bei der Versorgung erreicht sei. "Es ist schon erstaunlich, dass der SPD-Chef so miserable Zahlen vorträgt, ohne akzeptable Lösungen vorzustellen", griff er den Versammlungsleiter Alexander Reissl an. Reissl überließ dies den Vertretern des Referats für Bildung und Sport. Demnach stünden in der Manzoschule kurzfristig für 23 Klassen 20 Räume im Haupthaus und zusätzlich vier in Pavillons für die Ganztagsbetreuung zur Verfügung. Durch Umorganisation, kleine Umbauten und Doppelnutzung seien bis zu fünf Räume mehr belegbar. Jürgen Marek wies zudem auf andere Einrichtungen hin. Die Eltern fanden das alles andere als überzeugend. Kainz stellte letztlich eine Sondersitzung des Bezirksausschusses einzig zum Thema der Schulentwicklung in Aussicht.

Als weitere indirekte Folge von Zuzug und Verdichtung bewegten die Bürger auch Fragen der Verkehrsentwicklung, das Ausmaß versiegelter Flächen und deren Ausgleich und die Rettung von Grünflächen und Biotopen. Fast allen 17 Anträgen und Anfragen stimmte die Versammlung mit großer bis knapper Mehrheit zu. Einzig keine Zustimmung fand die Forderung nach einem Parkverbot in der Waldhornstraße zwischen Manzo- und Von-Kahr-Straße. Riesigen Beifall hingegen erhielt der Wunsch, den industriellen Lieferverkehr in der Angerlohstraße auszubremsen. "Wir brauchen eine effiziente Umleitung über die Ludwigsfelder Straße." Das schone auch die Nerven der Lkw-Fahrer, sagte eine Frau. Nachbessern mit Pollern oder anderen baulichen Maßnahmen müsste die Stadt nach dem Willen der Bürger auch beim neuen Fuß- und Radweg an der Ludwigsfelder Straße. Kaum ausgebaut, werde dieser bereits von Firmenwagen zugeparkt und zum Be- und Entladen genutzt, klagte ein Anlieger.

Zur Sprache kamen auch kleine private Anliegen, die Bürgern das Leben erschweren. Da werde überall gebaut, trug etwa ein Anwohner der Helferichstraße vor, doch er dürfe sein Haus nicht zum Zweifamilienhaus erweitern, damit auch die fünfte Generation dort wohnen könnte. Das Anliegen eines anderen Mannes, endlich zu erfahren, was genau auf dem Kirschgelände geplant ist, werde in der Bezirksausschuss-Sitzung am Dienstag erfüllt, wo es um den Aufstellungs- und Eckdatenbeschluss für das Vorhaben gehe. Ob der Antragsteller das noch erfährt? Als Reissl eine Nachfrage hatte, war der Mann offenbar schon gegangen. Nicht zur Sprache kamen hingegen vorgesehene Informationen zur Machbarkeitsstudie für das neue Pflegeheim an der Franz-Nißl-Straße. Es hat aber auch niemand danach gefragt.

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Quelle:
SZ vom 06.07.2019
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