Allach-Untermenzing:Stadtbaustein des Anstoßes

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Die Quartiersplanung für die "Hirmerei" mit 250 Mietwohnungen stößt bei den Nachbarn auf Ablehnung. Sie befürchten, dass die Infrastruktur ihres Viertels keine zusätzlichen Bewohner verkraftet

Von Alfred Dürr, Allach-Untermenzing

Auf der rund 1,6 Hektar umfassenden Ackerfläche südlich des S-Bahnhalts Karlsfeld und entlang der Eversbuschstraße soll in den kommenden Jahren ein Quartier mit 250 Mietwohnungen entstehen. Investor ist die Hirmer-Gruppe, ein Münchner Traditionsunternehmen, das in den Bereichen Männermode, Immobilien und Hotellerie tätig ist. Der Name des Projektentwicklers ist nun gewissermaßen auch das Etikett für das künftige Wohngebiet - es heißt Hirmerei.

Die Benennung eines Quartiers nach dem Besitzer weckt Erinnerungen an die denkmalgeschützte Wohnsiedlung Borstei in Moosach. Sie wurde zwischen 1924 und 1929 vom Architekten und Bauunternehmer Bernhard Borst errichtet und ist bis heute mit der besonderen Struktur der Häuser und den Innenhöfen eine begehrte Adresse. Damals lag die Borstei am Rand der Stadt, gleich neben den Gleisen der Eisenbahn, umgeben von Gasometern und Trambahn-Werkstätten.

Geschlossene Bebauung, um vier Innenhöfe gruppiert: Mit diesem Entwurf landeten Palais Mai mit Grabner Huber Lipp auf dem ersten Platz. Simulation: Hirmer-Gruppe (Foto: N/A)

An die Tradition der "selbstbewussten Setzung eines kollektiven Stadtbausteins", wie es in der Architektensprache heißt, will die Hirmerei anknüpfen. Die Architekten des Münchner Büros Palais Mai drücken es so aus: Das große Gefüge verschiedener Raumsituationen, Qualitäten und Angebote sei einerseits etwas Eigenes, aber es solle auch eine Verbindung zur Umgebung herstellen.

Palais Mai haben mit Grabner Huber Lipp Landschaftsarchitekten und Stadtplaner aus Freising den Architektenwettbewerb mit einem "großen Wurf" gewonnen, wie der Juryvorsitzende Josef Peter Meier-Scupin sagt. Die weitgehend geschlossene Bauform mit den vier Innenhöfen befindet sich im Zentrum des dreieckigen Grundstücks. Im Norden und Süden sind kleine Grünflächen vorgesehen, auf denen sich auch die Nachbarn von der Eversbuschstraße aufhalten können. An der Eversbuschstraße liegt auch die Zufahrt zur ringförmig angelegten Tiefgarage. Das Konzept ermöglicht es, in der Mitte des Quartiers große Bäume zu pflanzen.

Doch für solche Gestaltungsmöglichkeiten und überhaupt für das gesamte architektonische Konzept interessierten sich Bewohner aus der Nachbarschaft am Dienstagabend kaum. Etwa 60 waren ins städtische Planungsreferat gekommen, um sich über die Ergebnisse des Architektenwettbewerbs zu informieren. Ein geregelter Ablauf der Veranstaltung schien zunächst in der aufgeheizten Stimmung gar nicht möglich zu sein. Redner machten ihrem grundsätzlichen Ärger über das Projekt lautstark Luft. Die Planer und Entscheider hätten keine Ahnung von der Situation vor Ort und wollten einen Fremdkörper dorthin setzen, hieß es beispielsweise. "Ich bin öfter mit dem Radl da raus gefahren", entgegnete Peter Scheller vom Büro Palais Mai. Man habe sich intensiv mit den Gegebenheiten beschäftigt.

Zwischen den Bahngleisen im Osten, der Otto-Warburg-Straße im Süden und der Eversbuschstraße im Westen liegt das Gelände, auf dem die Hirmerei geplant ist. Nicht mehr im Bild ist der Bahnhof Karlsfeld im Norden. (Foto: Hirmer-Gruppe)

Das beruhigte die Gemüter nicht. "Auf Kosten der Nachbarschaft will jemand Reibach machen", empörte sich ein Sprecher. Ein anderer verwies auf die Verkehrsprobleme: "Die Eversbuschstraße kann eine zusätzliche Belastung nicht verkraften." Ein Schüler vom Louise-Schroeder-Gymnasium machte sich Sorgen: "Unsere Schule platzt aus allen Nähten, wo sollen die Kinder aus dem neuen Quartier hin?" Andere Redner sorgten sich um mögliche Veränderungen beim Grundwasser: "Dann laufen unsere Keller voll." Am Schluss bekam eine Frau viel Applaus. In Allach gebe es inzwischen eine Reihe von Quartiersplanungen - "alle passen sie nicht zum Viertel".

Der Entwurf des Büros Palais Mai soll als Grundlage für ein Bebauungsplan-Verfahren dienen. Die Einwände der Bürger müssen dabei behandelt werden. Noch bis zum 25. Oktober sind die Wettbewerbsergebnisse im Planungsreferat an der Blumenstraße 28b zu sehen, Montag bis Freitag, jeweils von 7.30 bis 18 Uhr.

© SZ vom 17.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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