Allach/Untermenzing:Ruf nach der Baubremse

Immer mehr Einwohner, immer größere Verkehrsprobleme - bei der Bürgerversammlung für Allach und Untermenzing geht es vorwiegend um die Frage, wie man am wirksamsten mit den Folgen des stetigen Wachstums in dem Stadtbezirk umgeht

Von Anita Naujokat, Allach/Untermenzing

Ginge es nach dem einen oder anderen Allacher oder Untermenzinger müsste München weniger über eine Bierpreisbremse debattieren als vielmehr über eine Wohnbaubremse und Obergrenzen beim Zuzug. So zumindest lautete eine der Forderungen in der Bürgerversammlung am Dienstagabend, die eine Mehrheit der gut 400 Anwesenden unterstützte. Die immer stärkere Nachverdichtung angesichts eines unzureichenden Straßennetzes und mangelnder öffentlicher Verbindungen plagen die Einwohner im 23. Stadtbezirk gewaltig. Sei es die fehlende Busanbindung für die Waldkolonie, womit eine ganze Siedlung nicht am öffentlichen Nahverkehr teilhaben kann, sei es der ersatzlos gestrichene Bahnübergang an der Krauss-Maffei-Straße. An dem einen wird sich laut dem städtischen Verkehrsplaner im Planungsreferat Bernd Schmiedlau jetzt wegen des Ausbaus der Ludwigsfelder Straße auch in den nächsten Jahren nichts ändern, für das andere, eine Untertunnelung an gleicher Stelle, ist schlichtweg kein Platz.

Die Probleme des stetig wachsenden Stadtbezirks schwangen in so gut wie jedem der 25 Wortmeldungen mit. Vertreter der vor einem Jahr gegründeten Interessengemeinschaft "Verkehrsberuhigung Allach-Untermenzing" forderten die zeitnahe Ausarbeitung eines Nahverkehrsmobilitätskonzepts, die Aufnahme Allachs und Untermenzings in das Verkehrskonzept für den Münchner Westen und ein Lkw-Durchfahrtsverbot auf der gesamten Eversbuschstraße, wobei die Bürger letzteres ablehnten. Ebenso wie die Forderung einer Frau, zur Entlastung der Eversbusch- und Ludwigsfelder Straße eine öffentliche Straße durch das Diamaltgelände zu bauen. Großen Zuspruch fand auch die Bitte eines Anwohners an die Stadt, das geplante Hochregallager auf dem Gelände der Paulaner-Brauerei nicht zu genehmigen. Nicht nur, dass damit ein "Gebäudemonster in der Frischluftschneise" mit noch mehr Lieferverkehr an der Grenze zur Wohnbebauung Untermenzings entstehe: "Ist einmal eine Negativeinrichtung vorhanden, wird doch die nächste mit der bereits vorhandenen begründet und so fort", sagte ein Anwohner.

Zwar fanden die meisten Anträge in der Aula des Louise-Schroeder-Gymnasiums Mehrheiten, doch überwogen bei überraschend vielen Themen die Stimmenthaltungen. Nicht so bei den insgesamt fünf Anträgen und einer Anfrage zum Erhalt der Grünfläche zwischen der Franz-Albert- und der Naßlstraße, welche die Versammlung mit großer Mehrheit befürwortete. Die Gegner des Projekts "Wohnen für alle", das dort entstehen soll, argumentieren mittlerweile auch mit dem Schutz der Fledermäuse und fordern von der Stadt ein Gutachten über dort lebende Arten. Ein anderer sah rechtliche Widersprüche und verlangte, den Standort ganz aus dem Wohnprogramm zu streichen. Sabine Steger aus dem Planungsreferat stellte klar, dass das Areal mitnichten eine Grünfläche sei, sondern eine Reservefläche für Wohnraumbedarf, welche die Stadt seinerzeit von Privat erworben habe. Derzeit sei man dabei, den Umfang des Vorhabens zu reduzieren, was im Klartext bedeutet: es kommt.

Der Abend verlief trotz des Andrangs und der Hitze im Saal größtenteils friedlich. Erst als Versammlungsleiter Alexander Reissl, SPD-Fraktionschef im Stadtrat, erklärte, dass er kein Instrument kenne, um Zuzug zu verhindern, wurde er von zornigen Zwischenrufen unterbrochen. "Mit dem Bauen für alle ziehen Sie doch eine Klientel herein, die niemals Steuern zahlt!", warf ihm ein Mann vor. Ein anderer forderte, Reissl solle "mit dem Scheiß" aufhören. Reissl verwahrte sich gegen diesen "unverschämten Ton". Bei den Abstimmungen hatten sich dann wieder alle beruhigt.

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