Allach/Untermenzing:Korrosionsgefahr im Tunnel

Statt mit der dauerhaften Freigabe von Seitenstreifen die Kapazität zu erhöhen, muss die 21 Jahre alte Röhre erst einmal aufwendig saniert werden. Das komplizierte Projekt wird bis 2027 andauern

Von Anita Naujokat, Allach/Untermenzing

Es bleibt eng auf dem Autobahnring A 99 im Allacher Tunnel zwischen den Autobahndreiecken Allach und Feldmoching: Die in Aussicht gestellte temporäre Freigabe von Seitenstreifen wird nicht vor 2027 erfolgen können. Denn der Allacher Tunnel muss aufwendig saniert werden. Chloride seien über Salzstreuung und Spritzwasser bis zu drei Meter hoch in die Wände eingedrungen und könnten zu Flächen- und Lochfraßkorrosion an den Stahlelementen im Beton führen, teilte Michael Witt, Sachgebietsleiter der Planungsabteilung in der Autobahndirektion Südbayern, am Dienstagabend in der Sitzung des Bezirksausschusses Allach-Untermenzing mit.

Die Allacher, aber auch viele Pendler müssen also noch Jahre mit den bisherigen Staus im Allacher Tunnel und mit dem Ausweichverkehr leben, während der eigentlichen Arbeiten in der Röhre von 2024 an dürfte sich die Situation sogar noch verschlimmern. Nach den Worten von Michael Witt handelt es sich um eine sehr komplexe Maßnahme und eine der wichtigsten für die Autobahnbehörde in den nächsten Jahren. Statt "temporärer Seitenstreifenfreigabe", wie angekündigt, war der Tagesordnungspunkt überraschend zum "Erhalt" des 21 Jahre alten Tunnels geworden.

Allach/Untermenzing: Anfällig für Schäden: Streusalz und Spritzwasser haben über die Jahre hinweg Chloride in die Wände des Allacher Tunnels gespült.

Anfällig für Schäden: Streusalz und Spritzwasser haben über die Jahre hinweg Chloride in die Wände des Allacher Tunnels gespült.

(Foto: Stephan Rumpf)

Die Auflösung der Bewehrung in den Wänden soll nun ein Korrosionsschutz verhindern. Dazu wird der Beton sandgestrahlt, eine Netzanode verlegt und mit Mörtel verkleidet. Ein weiteres Problem sei die Entwässerung, sagte Witt. Die Einläufe seien nicht dauerhaft überfahrbar, Hohlbordrinnen und Tauchwandschächte müssten eingebaut werden. Die Kabeltrasse müsse aus dem Tunnel hinaus und oberirdisch verlegt werden. Dazu brauche es noch sechs Kabelhäuschen. Die Kabeltrasse werde auf der Mittelwand verlaufen, die diese mit einer Tragkraft von 30 Tonnen tragen könne. Die Trasse werde auch über die Würm führen, unter der der Tunnel liegt. Deshalb sehe die Autobahndirektion dort eine Brücke vor. Die Querung sei eher als Arbeitssteg gedacht gewesen, da Fußgänger sie aber wohl ebenfalls nutzen dürften, sei man gerade in Abstimmung mit der Stadt München, sie gleich als Geh- und Radweg anzulegen. Und ein Knackpunkt sei noch die Querung der Bahnlinie. Am Autobahndreieck Ludwigsfeld seien außerdem Parallelstraßen als Beschleunigungs- und Verzögerungsspuren anzulegen. In geschützte Naturflächen wolle man nicht eingreifen, versicherte Witt auf diverse Nachfragen. Auch, was die jetzigen und künftigen Kapazitäten der A 99 betrifft, zeigte er sich zuversichtlich, dass die temporäre Nutzung der Seitenstreifen für die nächste Zeit ausreichend sei.

Lokalpolitiker Friedrich Schneller (SPD) sah das anders: "Bis sie fertig sind, wird sie der Verkehr überrollen", sagte er. "Wenn er weiter so zunimmt, brauchen Sie eine fünfte Spur." SPD-Sprecher Pascal Fuckerieder, Vorsitzender des Unterausschusses Verkehr, rechnete vor, dass man mit 7500 Kraftfahrzeugen pro Stunde in der Spitze schon jetzt 30 Prozent über dem theoretischen Limit von 5500 liege. "Mit einer Fahrspur mehr fangen sie gerade die heutige Kapazität auf", gab er zu bedenken. Witt sagte, wie es künftig auf der A 99 aussehen werde, sei Aufgabe der Bundesregierung. "Doch glauben Sie mir, die jetzige Maßnahme bringt Allach am schnellsten Entlastung." Ein achtstreifiger Ausbau dauere mindestens 20 Jahre. Grünen-Sprecher Falk Lamkewitz sagte, es sei schlecht vorstellbar, immer weiter Fahrspuren zu bauen. Er plädierte für eine gestaffelte Mautgebühr - von teuer bis günstig, je nach Verkehrsaufkommen. "Ist doch Schwachsinn", fiel ihm Peter Auer (CSU) ins Wort. "Dann fahren alle über Allach." Und das Thema Maut ist eben auch Bundessache.

Allach/Untermenzing: Akribisch erfasst das Kameraauge nicht nur den Verkehr am und im Allacher Tunnel, die Autobahndirektion Südbayern hat auch das Bauwerk im Blick.

Akribisch erfasst das Kameraauge nicht nur den Verkehr am und im Allacher Tunnel, die Autobahndirektion Südbayern hat auch das Bauwerk im Blick.

(Foto: Stephan Rumpf)

Beginnen will man nach dem Planfeststellungsbeschluss voraussichtlich Ende 2021 mit den oberirdischen Arbeiten. Von Mitte 2024 an bis Ende 2027 soll es dann an die Tunnelsanierung gehen. Ohne Behelfsverkehrsführung und die eine oder andere Sperrung wird es aber nicht gehen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: