Allach/Untermenzing:Keine Schranken, aber eine Barriere

Oertelplatz Allach

Viele ältere Menschen trauen sich gar nicht mehr, die Tiefgarage für das Einkaufszentrum "Evers" am Oertelplatz zu nutzen.

(Foto: Florian Peljak)

Das neue Parksystem in der Tiefgarage des Einkaufszentrums Evers unter dem Oertelplatz stellt gerade ältere Menschen vor Probleme. Viele finden die Technik zu kompliziert und sprechen sogar von einer Kostenfalle

Von Anita Naujokat, Allach/Untermenzing

Das schrankenlose Parksystem in der Tiefgarage des Einkaufszentrums "Evers" unter dem Oertelplatz stellt gerade ältere Menschen vor unüberwindbare Probleme. Dies geht aus mehreren Schreiben an den Bezirksausschuss (BA) hervor, mit denen Anna Attenberger (CSU), Beauftragte für Seniorinnen und Senioren, bereits befasst ist. Bürger sprechen gar von "Altersdiskriminierung", einer "verbraucherunfreundlichen Gestaltung" und "Kostenfalle". Man müsse sich nicht mehr wundern, wenn Senioren und behinderte Menschen nicht mehr dorthin führen, weil sie mit der komplizierten Technik und den langatmigen Beschreibungen nicht zurechtkämen und ihnen bei Fehlbedienung gleich mit Abmahnungen und Inkasso gedroht würde. Streitwerten von einem oder zwei Euro stünden Mahn- samt Bearbeitungsgebühren von bis zu 30 Euro gegenüber. Ganz zu schweigen von fehlenden Desinfektionsmöglichkeiten.

Betrieben wird das unterirdische Parkhaus nicht vom Einkaufszentrum "Evers" selbst, sondern seit Juli 2019 von der Parken & Management GmbH. Die Gesellschaft setzt seit 2018 auf ticket- und schrankenlose Parktechnologie und sieht laut einem dem BA vorliegenden Schreiben darin kein Problem. Unübersehbare Hinweise erläuterten die Kostenpflicht und Funktionsweise. Eine Kamera erfasse bei den Ein- und Ausfahrten der Kunden das Kfz-Kennzeichen. Vor Verlassen des Parkhauses könne der Kunde die Gebühr am Automaten bezahlen. Alternativ könne man auch bis zu 48 Stunden nach Ausfahrt noch digital mit einer Kassenautomaten-App die Gebühr begleichen. Eine Stunde kostenloses Parken gebe es bei einem Einkauf bei Edeka und Rossmann, wozu man den Rabattcode am Kassenautomaten einscannen könne.

Ansonsten gebe es einen Tagestarif in Höhe von zwei Euro, den man innerhalb einer halben Stunde nach Einfahrt auswählen und bezahlen könne. Dazu gebe man am Kassenautomat sein Kennzeichen ein, bestätige die Kameraaufnahme des Kennzeichens durch "Weiter" und wähle den Tagestarif für einmaliges Ein- und Ausfahren aus. Bezahlt werden könne per Karte, Münze oder V-Pay. Auch eine Quittung lasse sich anfordern, allerdings nicht mehr nach Ende des Zahlungsvorgangs. "Für Personengruppen, die in der Lage sind, am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen und die geltenden Verkehrsregeln zu beachten, ist es aus unserer Sicht durchaus zumutbar, die Beachtung einer Parkordnung zu verlangen", schreibt der Betreiber.

Was sich so einfach liest, scheint in der Praxis dann doch nicht so einfach zu sein. Seine Eltern, 83 und 87 Jahre alt, hätten jetzt zum dritten Mal eine Abmahnung erhalten, schrieb ein Mann. Er selbst sei Informatiker und halte die Menüführung des Automaten für irreführend, unverständlich und ungeeignet für ältere Menschen. Sie suggeriere einen erfolgreichen Zahlvorgang, bei dem weder Ersteres noch ein Misserfolg ersichtlich sei. Und ein anderer hält eine App für wenig hilfreich, bei einer Generation, die ohne diese Technik aufgewachsen sei oder kein entsprechendes Telefon dafür besäße.

Auch Henning Clewing (FDP), der sich mit 90 Jahren selbst zur autofahrenden Seniorengruppe zählt, kritisierte in der jüngsten Sitzung das System als undurchschaubar. Auch weise bis dato nur ein Schild zum Edeka-Zugang hin, nicht aber zur S-Bahn und den anderen Einrichtungen, was laut BA-Chef Pascal Fuckerieder (SPD) aber auf die noch geschlossenen Park-and-ride-Plätze zurückzuführen ist. Offenbar erfasst die Kamera auch nicht immer das vollständige Kennzeichen, was am Automaten aber korrigierbar sei. Grünen-Sprecher Falk Lamkewitz schlug vor, die "umständlichen, textlichen Beschreibungen" durch Piktogramme zu ersetzen. Und wegen der Probleme mit einem vielleicht nicht vollständig erfassten Kennzeichen: Offensichtlich sei der Betreiber ja dennoch in der Lage, die richtigen Adressen für Mahnbescheide zu finden. Fuckerieder sicherte zu, dass der BA weiter an einer Lösung arbeite - aber mit wenig Hoffnung auf Erfolg.

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