Allach/Untermenzing:Der Seitenstreifen soll's richten

Wenn der Allacher Tunnel saniert wird, muss die Eversbuschstraße deutlich mehr Verkehr als bisher verkraften. Die Freigabe weiterer Fahrspuren könnte Entlastung bringen, die Grünen lehnen dies wegen des Umweltschutzes ab

Von Anita Naujokat, Allach/Untermenzing

Es ist unbestritten, dass der Allacher Tunnel saniert werden muss. Chloride haben dem mehr als 20 Jahre alten Bauwerk zugesetzt. Gegen die außerdem geplante temporäre Freigabe der Seitenstreifen (kurz TSF) im Abschnitt der A 99 zwischen den Autobahndreiecken München-Allach und München-Feldmoching haben sich aber die Grünen in den Bezirksausschüssen Allach-Untermenzing und in Feldmoching-Hasenbergl positioniert - wohl mit wenig Erfolg. Denn die besagte fast sieben Kilometer lange Strecke ist nur ein Teil eines großen Ausbauprogramms am Autobahnring.

Per Video zugeschaltet war in der Allacher Sitzung am Dienstagabend Michael Witt von der Autobahn GmbH des Bundes - Niederlassung Südbayern (Autobahn Südbayern), ehemals Autobahndirektion Südbayern, die von einer Landesbehörde auf den Bund übergegangen ist. Im Laufe der Sanierung des Bauwerks an einer der bayernweit am stärksten belasteten Straßen werden auch die Allacher mit täglich rund 3000 Fahrzeugen mehr auf der Eversbuschstraße zu leben haben - trotz berechneter Ausweichrouten über die B 471, Teile der A 8 und des Mittleren Rings. Die TSF soll den vor allem morgens und abends überfrachteten Ring mit dem Tunnel als Nadelöhr entlasten. In Spitzenzeiten kann die Leitstelle dann die Seitenstreifen als jeweils vierte Fahrspur öffnen.

Die Planer setzen während der achtjährigen Bauzeit auf eine "4 plus 0"-Verkehrsführung - sprich, in einer der beiden Röhren wird gearbeitet, in der anderen der Verkehr auf je zwei Spuren pro Richtung durchgeleitet. Davon ließ sich Witt auch nicht abbringen. Zusätzlich, zumindest zeitweise, zwei Streifen neben den laufenden Bauarbeiten freizugeben, wie Stefanie Martin (CSU), Vorsitzende des Unterausschusses Planung und Bau, vorschlug, scheide aus Sicherheitsgründen für die dort Arbeitenden aus und würde zudem die Bauzeit verlängern. Friedrich Schneller (SPD) gab zu bedenken, wie man denn dann stundenlange Staus vermeiden wolle, sollte es während des Ausbaus zu einem Unfall kommen. Witt verwies auf die Ausweichrouten und Informationen an die Fahrer. Der Verkehr lasse sich nicht vermeiden. "Wir können nur Empfehlungen zu Umfahrungen geben, aber keine Verbote aussprechen."

Allach/Untermenzing: Aus drei mach vier - oder auch nicht: Ein Verkehrsleitsystem, hier auf der A 9, könnte auch die Anzahl der Fahrstreifen auf der A 99 bei Allach regeln.

Aus drei mach vier - oder auch nicht: Ein Verkehrsleitsystem, hier auf der A 9, könnte auch die Anzahl der Fahrstreifen auf der A 99 bei Allach regeln.

(Foto: Marco Einfeldt)

Im Zuge der Instandsetzung werden die Betriebstechnik erneuert, die Entwässerungsanlagen im Tunnel umgebaut und modernisiert. Die Einläufe seien nicht dauerhaft überfahrbar, hatte Witt schon in einer früheren Sitzung erklärt. Der rund einen Kilometer lange Tunnel liege voll im Grundwasser. Seine beiden Röhren unterqueren die Siberstraße, die Würm, die Eversbuschstraße, die Bahntrasse München-Nürnberg und die Wilhelm-Zwölfer-Straße. Wegen der TSF sind Nothaltebuchten, neue Lärmschutzwände, teils als Ersatz für bestehende Schutzanlagen, auf insgesamt rund 1,3 Kilometern Länge notwendig. Die Kabeltrasse müsse aus dem Tunnel heraus oberirdisch auf die Tunneldecke verlegt werden. Dazu brauche es eine Kabelbrücke über die Würm, die später öffentlich nutzbar sein soll, nebst sechs Kabelhäuschen.

Die Führung der Beschleunigungsstreifen zum Auffahren müsste geändert, die Entwässerung verlegt werden.

Dass Kabel und Leitungen nicht auf der Innenseite der Tunneldecke angebracht werden könnten, wie Grünen-Sprecher Falk Lamkewitz einwandte, erklärte Witt damit, dass es mittlerweile ein Mehr an Technik gebe als vor 20 Jahren, das dort nicht unterzubringen sei. Auch die Anregung von Isabella Wach (ÖDP), statt eines neuen Kabelstegs die schon vorhandene Würm-Brücke am Hohenadelweg zu nutzen, halten die Planerinnen und Planer für wenig praktikabel. Dies bedeute einen Umweg von 500 Metern, der sich nachteilig auf die Betriebstechnik auswirken würde, zudem seien dann noch mal Bahngleise zu queren. Außerdem nutzten den Steg auch Einsatzkräfte und Betriebsdienste.

Offen gegen die Freigabe sprachen sich einzig die Grünen aus. Eine solche führe zu Flächenverlusten und Eingriffen in Landschaft und Biotope, sagte Lamkewitz. Er stellte grundsätzlich infrage, ob sie überhaupt notwendig sei. "Das Mobilitätsverhalten hat sich auch wegen Corona geändert, deshalb ist die Basis dafür mehr als fragwürdig", kritisierte er. "Hinsichtlich der Zukunft ist da genauer hinzuschauen." Florian Wimmer (CSU) stellte klar, dass es sich hierbei um "eine Einzelmeinung" und nicht um die des Unterausschusses Umwelt und Verkehr handle. Das Thema sei in dem von Lamkewitz geleiteten Gremium nicht erörtert worden.

Allach/Untermenzing: Hat schon einiges auf dem Buckel: Der stark belastete Allacher Tunnel an der A 99 im Münchner Norden ist nach fast 25 Jahren ein Sanierungsfall.

Hat schon einiges auf dem Buckel: Der stark belastete Allacher Tunnel an der A 99 im Münchner Norden ist nach fast 25 Jahren ein Sanierungsfall.

(Foto: Stephan Rumpf)

Witt bestätigte, dass es nach dem ersten Lockdown 2020 wesentlich weniger Verkehr gegeben habe. Doch seit September habe sich das Aufkommen wieder auf ein Niveau wie vor den Einschränkungen eingependelt und werde sogar überschritten. Die Verkehrsbelastung dieses Abschnitts liegt bei durchschnittlich 132 000 Fahrzeugen pro Tag. Witt versicherte, dass alles wieder naturgemäß hergestellt und möglichst ortsnah ausgeglichen werde, stellte auch Strukturverbesserungen in Aussicht. Von Eingriffen in Biotopen wisse er nichts, der Allacher Forst bleibe unberührt.

Derzeit läuft das Planfeststellungsverfahren, zu dem auch der Bezirksausschuss seine Stellungnahme einreichen wird. Nach dem Planfeststellungsbeschluss beginnen die Detailplanungen, Ausschreibungen, Bauvorbereitungen und öffentliche Info-Veranstaltungen. Infos und alle Unterlagen - mehrere Hundert Seiten in 19 Ordnern - sind auf der eigens eingerichteten Webseite unter www.tunnel-allach.de einsehbar.

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