Alexander von Branca wird 90:Bewahrer und Erneuerer

Er schuf die Neue Pinakothek und gestaltete den U-Bahnhof Marienplatz: Der Münchner Architekt Alexander von Branca. Ein Portrait.

Alfred Dürr

Inzwischen hat er sich ganz auf seinen denkmalgeschützten Bauernhof in Miesbach zurückgezogen, wo er mit seiner Familie seit Jahrzehnten wohnt. Das Architekturbüro von Branca in München führt Tochter Alexandra. Seine Ruhe sei ihm wichtig, sagt er. Es geht ihm gesundheitlich gut. Jetzt beschäftigen ihn eher die philosophischen Aspekte des Lebens, die Rückschau auf Kindheit und Jugend, die Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus sowie sein christlicher Glaube.

Alexander von Branca wird 90: Alexander Freiherr von Branca

Alexander Freiherr von Branca

(Foto: Archiv-Foto: dpa)

Alexander Freiherr von Branca stammt aus einer evangelischen Schwabinger Diplomatenfamilie, konvertierte unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs, den er als Soldat und als Gestapo-Häftling erlebte, zur katholischen Kirche. Ein Buch hat er darüber geschrieben. "Facetten eines Lebens" lautet der Titel. Zu seinem 90. Geburtstag liest die Familie am kommenden Samstag um 18 Uhr im Kulturzentrum Miesbach im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung Texte aus diesem Buch.

"Überragendes Lebenswerk"

Gedanken zur Baukunst kommen natürlich vor. "Er hat es immer als ein besonders großes Geschenk gesehen, dass er für seine Heimatstadt hat wirken können", sagt seine Frau Carolina, die ebenfalls Architektur studiert hat, eher bescheiden. Alexander von Branca ist einer der großen Vertreter seiner Zunft. Oberbürgermeister Christian Ude brachte ihm zum Geburtstag seine Hochachtung für ein "überragendes Lebenswerk" entgegen, das dem Architekten Bewunderung, Anerkennung und Auszeichnungen nicht nur in München und Bayern, sondern weit über Deutschland hinaus eingebracht habe.

Ude spricht von "Bauwerken mit epochaler Qualität". Zum Teil seien sie schon in die Denkmalliste aufgenommen worden, um sie im Interesse der Allgemeinheit für die nachfolgenden Generationen zu erhalten.

Hier und im Ausland hat das Büro Branca Botschaftsgebäude, Kirchen und Verwaltungskomplexe entworfen. Das Spektrum der Bauten allein in München ist enorm. Es reicht von der Neuen Pinakothek in der Maxvorstadt über Gemeindezentren wie das von Sankt Mathias auf den ehemaligen Parkanlagen des Schlosses Fürstenried bis hin zur Renovierung historischer Häuser wie dem neuen Residenztheater oder dem Haus Bernheimer am Lenbachplatz und zur Ausgestaltung von drei U-Bahnhöfen: Marienplatz, Theresienwiese und Prinzregentenplatz.

Im zweiten Abschnitt: Warum es auch an kritischen Stimmen nicht fehlte.

Bewahrer und Erneuerer

Lobpreisungen hat Branca nicht immer gehört. An kritischen Stimmen, vor allem zur Neuen Pinakothek, fehlte es nicht. Der unruhige, zersplitterte Bau sei ein Fremdkörper im strengen Rechteck-Raster der Maxvorstadt, hieß es. Als das Museum 1981 eröffnet wurde, höhnten manche über eine verspielte Festung mit überflüssigen Accessoires. Branca nahm das im hohen Alter ganz gelassen hin.

Auf die Frage in einem Interview, was er denn bei der Museumsplanung anders gemacht hätte, antwortete er: "Wenn ich noch einmal daran herumradieren würde, würde ich vielleicht ein paar Bögen weglassen." Im Hinblick auf die Wegführung und die Lichtplanung gilt die Neue Pinakothek als unumstrittenes Meisterwerk.

Einfluss auf das Aussehen der Stadt

Wenn er sich heute zurückerinnert, dann liegen ihm das Amt des Stadtheimatpflegers und die Tätigkeit in der Stadtgestaltungskommission besonders am Herzen. Hier konnte Branca direkt Einfluss nehmen auf das Aussehen der Stadt. Heimatpfleger, das klingt etwas altbacken. Aber bei diesem Ehrenamt geht es darum, wichtige Neu- und Umbauprojekte genau unter die Lupe zu nehmen. Es gilt Antworten zu finden auf eine zentrale Frage: Wie schafft die Stadt den Spagat zwischen dem Weg in die Moderne mit zeitgenössischer Architektur und der Bewahrung ihrer historisch gewachsenen Identität, die sich durch entsprechende Bauwerke ausdrückt?

16 Jahre lang - von 1972 bis 1988 - kümmerte sich Branca als Stadtheimatpfleger und nicht zuletzt auch als Jurymitglied in vielen Architektenwettbewerben darum, dass München in den Jahren des Umbruchs sein charakteristisches Erscheinungsbild bewahren und weiterentwickeln konnte, wie der Oberbürgermeister betont. Alle Kollegen, die in dieser Zeit mit Branca zusammenarbeiten durften, schwärmen bis heute von seiner Kreativität und von seiner ruhigen, menschlichen Art. Man erinnere sich gern an sein leidenschaftliches Eintreten für eine Sache, wenn er von deren Richtigkeit überzeugt gewesen sei.

In aktuelle Architekturdebatten schaltet sich Branca heute nicht mehr ein. Vor fünf Jahren, an seinem 85. Geburtstag, war der Münchner Hochhaus-Streit noch aktuell. Ein Feind hoher Gebäude war er nie, aber er mahnte zu sorgfältigem Umgang bei der Planung. Einfallslos übereinandergestapelte Stockwerke, die wie neutrale Kisten aussähen, brauche man nicht. Standort und Architektur der Türme müssten stimmen. Entscheidend sei eine spannungsreiche Ergänzung der Silhouette und keine Störung des Gesamtprofils der Stadt.

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