Alex, Bob, Meridian und Co:Doppelter Schaden

Privatbahnen werden nicht bestreikt, stehen aber trotzdem still

Von Marco Völklein

Eigentlich wollten die Mitarbeiter der bayerischen Regiobahn (BRB) in Augsburg an diesem Montag auf der "Ostallgäu-Lechfeld-Bahn" zeigen, was sie so drauf haben. 28 neue Züge hatten die BRB-Manager im Vorfeld beim Hersteller Alstom angeschafft, insgesamt 130 Lokführer und Zugbegleiter ausgebildet. Bis Ende vergangener Woche befuhr eine Tochterfirma der Deutschen Bahn (DB) die Strecken zwischen Augsburg, Füssen und München. Mit dem Fahrplanwechsel am vergangenen Sonntag hatte der Freistaat Bayern den Betrieb des Netzes mit 197 Kilometer Streckenlänge an die BRB übergeben.

Doch als dann am frühen Montagmorgen die ersten Pendler in die neuen Züge einsteigen wollten, ging auch für sie zunächst mal nichts. "Unsere Züge waren vom Streik genauso betroffen wie die der DB", sagt Christopher Raabe von der BRB. Denn auch wenn von diesem Montag an die Züge der BRB die Bahnen der DB ersetzen - die Infrastruktur, auf denen die Fahrzeuge unterwegs sind, bleibt dennoch in den Händen der Deutschen Bahn, genauer: in der Verantwortung der DB-Netztochter. Die betreibt den weitaus größten Teil aller Schienenstrecken, Bahnhöfe und Rangieranlagen in Deutschland, deren Fahrdienstleiter sitzen in den Stellwerken und Betriebszentralen und steuern von dort aus die Weichen sowie die Signale.

Ruft also die Eisenbahnergewerkschaft EVG ihre Mitglieder in diesen Anlagen zum Ausstand auf, bleiben zwangsläufig nicht nur die roten Regionalzüge der DB stehen, sondern auch beispielsweise die in Blau gehaltenen Fahrzeuge des Konkurrenten Meridian (der die Strecken zwischen Kufstein, Salzburg und München bedient) sowie die gelb-grün lackierten Züge des Anbieters Agilis rund um Regensburg und in Oberfranken. Das Ganze sei ganz einfach, sagt Tobias Heinemann, der Chef des Transdev-Konzerns, zu dem unter anderem BRB und Meridian gehören: "Wir können keine Fahrgäste von A nach B bringen, weil buchstäblich die Weichen nicht gestellt werden."

Abpuffern müssten das in erster Linie die Lokführer und Zugbegleiter der DB-Konkurrenten, die - genauso wie deren Fahrgäste - während des Warnstreiks nicht vom Fleck kamen und den Unmut der Kunden abbekamen, sagt Heinemann. Vielmehr aber ärgern sich Heinemann und seine Kollegen über die entgangenen Umsätze: Denn im Regionalverkehr erzielen die Bahnbetreiber nur einen Teil ihrer Einnahmen aus den Ticketverkäufen; viel Geld kommt auch von den Bundesländern, die bei den Firmen bestellen, wie oft am Tag sie mit wie großen Fahrzeugen welche Bahnhöfe anfahren sollen. Dafür erhalten die Bahnunternehmen dann Bestellerentgelte von den Ländern. Allein in Bayern wendet der Freistaat dafür pro Jahr mehr als eine Milliarde Euro auf, die an die DB und deren Wettbewerber fließen.

Fällt aber nun ein Zug aus, zahlt das jeweilige Bundesland dem Unternehmen auch kein Entgelt. Und fallen Verspätungen an, werden mitunter Strafzahlungen fällig, in der Fachsprache "Pönalen" genannt. Und da spielt es keine Rolle, ob der Zugausfall vom Betreiber der Infrastruktur (also meist der Netztochter der DB) oder vom Betreiber des Zuges (also dem jeweiligen Verkehrsunternehmen) verursacht wurde. "Die anderen streiten sich", sagt Transdev-Chef Heinemann, "und wir müssen es ausbaden."

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