Süddeutsche Zeitung

Aktionstag:Live aus der Leitstelle

Die Feuerwehr informiert an diesem Montag per Twitter über ihre Einsätze

Von Martin Bernstein

Mehr als eine Million Mal klingelt im Jahr des Telefon in der Heßstraße 120 - und in zwei von drei Fällen sind die Angerufenen in der Integrierten Leitstelle der Münchner Berufsfeuerwehr hochgradig alarmiert. Genau 650 251 Alarme waren es nach Angaben von Pressesprecher Stefan Kießkalt im vergangenen Jahr. Wobei der Rettungsdienst zehnmal so oft gebraucht wird wie die Feuerwehr selbst. 30 623 Mal wurde die Münchner Berufsfeuerwehr angefordert. In zwei Drittel der Fälle ging es dabei aber nicht ums Löschen, sondern um technische Hilfeleistungen.

Wichtigstes Kommunikationsmittel ist also klar das Telefon. Dennoch findet man die Münchner Berufsfeuerwehr auch in den Sozialen Netzwerken, auf Facebook, Twitter und Instagram. Für Montag haben Kießkalt und seine Kollegen sogar ein "Twitter-Gewitter" angekündigt. Und sie sind dabei nicht allein: Deutschlandweit werden 40 weitere Berufsfeuerwehren an diesem "Tag des Europäischen Notrufs" auf Twitter aktiv sein - zu verfolgen unter dem bundesweiten Hashtag #112live. Die Feuerwehr München twittert von acht bis 20 Uhr live aus der vor eineinhalb Jahren bezogenen Leitstelle, der größten in Bayern. "Feuerwehrverrückte und Blaulichtfans sind dann unter dem Hashtag #München112 auf Twitter wieder ganz nah dran am Einsatzgeschehen im Stadtgebiet", verspricht Kießkalt. "Eine vergleichbare Social-Media-Aktion der deutschen Feuerwehren hat es noch nicht gegeben." Das Datum11. 2. ist natürlich bewusst gewählt: Es ist die Feuerwehr-Notrufnummer 112.

Im Durchschnitt werden von den Disponenten in der Leitstelle täglich 2500 bis 3000 Notrufe entgegen genommen und mehr als 1000 Einsätze von rund 540 Feuerwehr- und Rettungsdienstfahrzeugen in München bearbeitet. Damit die 112 immer zu erreichen ist, stehen zahlreiche Leitungen zur Verfügung. Standleitungen gibt es unter anderem zur Einsatzzentrale der Polizei, zu den Stadtwerken sowie zu den Leitstellen von U- und S-Bahn.

Durchgängig werden am Montag sechs Feuerwehrleute der Pressestelle das Einsatzgeschehen im Auge behalten und darüber auf Twitter informieren. Außerdem wollen sie Facebook-Beiträge machen und auf Instagram eine Fragestunde zu Einstellung und Anforderungen an den Beruf. Neben dem Einsatzgeschehen werden Twitter-Nutzer an diesem Tag darüber informiert, wie ein Notruf abgewickelt wird, wie oft die 112 angerufen wird, und wann man besser nicht den Notruf wählen sollte. Denn auch das kommt vor: Mehr als 94 000 Anrufer wollten die Feuerwehr vergangenes Jahr ärgern - oder hatten sich schlicht verwählt.

Dass die sozialen Netzwerke im Ernstfall den Griff zum Telefon und das Wählen der Notrufnummer 112 nicht ersetzen können, verstehen die Münchner dagegen gut. "Einen Notruf über Twitter haben wir bisher nicht erhalten", sagt Kießkalt. Vorsichtshalber weist die Feuerwehr auf ihrer Seite darauf hin, dass es kein 24-Stunden-Monitoring gibt. Dennoch dienen die Tweets nicht nur der Öffentlichkeitsarbeit. Das ist laut Kießkalt "eher ein positiver Nebeneffekt". Die Feuerwehr sieht in den sozialen Netzwerken eine gute Möglichkeit, schnell viele Menschen zu erreichen. Besonders deutlich wird das, wenn bei Bauarbeiten wieder einmal eine Fliegerbombe entdeckt wird und die Feuerwehr über Absperrungen und Evakuierungen informiert. Kießkalt erinnert sich auch noch an ein anderes positives Beispiel. Wegen einer defekten Oberleitung standen die S-Bahnen im Stammstreckentunnel. Die Feuerwehr twitterte - und bekam Rückmeldung von einem Fahrgast in einem der Züge: Der Tweet habe sich herumgesprochen und die Eingeschlossenen beruhigt. "Darum ist Twitter für uns ein wichtiges Instrument in der Krisenkommunikation", sagt Kießkalt.

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Quelle:
SZ vom 11.02.2019
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