Süddeutsche Zeitung

Aktion von Aktivisten:Scheingräber wieder beseitigt

Erinnerung an tote Flüchtlinge gilt als Ordnungswidrigkeit

Die Liste der Scheingräber, die an die Tausenden ertrunkenen Flüchtlinge im Mittelmeer erinnern sollen, wird immer länger. Was zunächst am vergangenen Wochenende vor dem Berliner Reichstag begann, wo Demonstranten die Rasenfläche stürmten und Hunderte symbolische Gräber aushuben, hat sich mittlerweile auf ganz Deutschland und darüber hinaus ausgebreitet. In der Nacht zum Montag gruben auch in München bislang unbekannte Aktivisten an mehreren Orten symbolische Gräber: auf der Corneliusbrücke, auf einer Wiese im Westpark und auch auf dem Platz der Freiheit in Neuhausen. Die kleinen, mit Grabkerzen und Kreuzen geschmückten Mahnmale waren jedoch nur von kurzer Dauer: Am Montagabend war bereits das Grab im südöstlichen Bereich des Westparks wieder entfernt worden, auch das Mahnmal mit Kreuz an der Isar ist wieder verschwunden. "Das Scheingrab im Westpark wurde in einem zerstörten Zustand aufgefunden", teilt Melanie Zeitler vom zuständigen Baureferat mit. "Die beschädigte Rasenfläche wurde deshalb wieder verfüllt." Das Gleiche scheint mit dem Mahnmal an der Corneliusbrücke geschehen zu sein. Am Dienstagmorgen war an der Stelle, an der am Tag zuvor noch ein liebevoll gestaltetes symbolisches Grab war, nur noch ein großer Fleck frischer Erde.

Die Münchner Polizei wertet die Gräberaktionen übrigens als Ordnungswidrigkeit, zudem soll sich das Kommissariat für politisch motivierte Straftaten mit den Fällen befassen. Von den Aktionen erfuhr die Polizei erst auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung. Auch das Baureferat, das die städtischen Grünanlagen betreut, wusste zunächst nichts von den Scheingräbern. Die Frage, ob die Gärtner die Symbolgräber belassen hätten, wenn sie nicht von Unbekannten zerstört worden wären, ließ Referatssprecherin Zeitler am Dienstag unbeantwortet.

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SZ vom 24.06.2015 / anl
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