Süddeutsche Zeitung

Aktion:Plakatierte Hoffnung

Eine neue Kampagne weist in U-Bahnhöfen auf einen Krisendienst hin, der bei psychischen Notfällen hilft

Jeder dritte Mensch gerät mindestens einmal in seinem Leben in eine Situation, in der er psychiatrische oder psychotherapeutische Hilfe braucht. Im schlimmsten Fall kommt es zum Suizid. Und dass dies auch in der U-Bahn geschieht, ist kein Geheimnis. Nicht zuletzt deshalb haben die Stadtwerke München (SWM) nun eine Plakatkampagne in U-Bahnhöfen gestartet, die auf die Hilfsangebote des Krisendienstes Psychiatrie hinweisen. Die Kampagne soll zwei Jahre lang laufen. Dieses Jahr werden die Plakate an rund 400 Standorten aufgehängt, unter anderem in den Eingangsbereichen von U-Bahnhöfen und direkt an den Bahnsteigen. Aktuell sind in den U-Bahnhöfen Fraunhoferstraße, Westpark, Neuperlach Zentrum, Harras und Hohenzollernplatz die Bahnsteige damit plakatiert, an anderen Stationen sind die Poster in den Eingangsbereichen und an den Schaffnerhäuschen zu finden.

Der Krisendienst besteht in München seit 2007, seit eineinhalb Jahren gibt es ihn in ganz Oberbayern. Noch diesen Sommer soll im Landtag ein Gesetz verabschiedet werden, das die Einrichtung von Krisendiensten bayernweit vorschreibt.

Die Plakate sind so gestaltet, dass sie Menschen in schweren psychischen Krisen direkt ansprechen. "Fühlen Sie sich leer?", "Kommen Sie da alleine nicht mehr raus?", "Haben Sie keine Hoffnung mehr?", "Verlieren Sie den Boden unter den Füßen?", steht abwechselnd auf den Postern. Darunter die Nummer des Krisendienstes 01 80/ 6 55 30 00. Das Hilfsangebot ist von 9 bis 24 Uhr erreichbar, in der Regel schaffen es die Mitarbeiter auch nachts, binnen einer Stunde einen Menschen, der sich an den Dienst wendet, aufzusuchen. Die Einsatzteams bestehen aus geschulten Fachkräften, die für verschiedene Träger wie etwa die Arbeiterwohlfahrt oder die Caritas arbeiten. Rund 750 Mitarbeiter sind es in Oberbayern, in München etwa 100. Hilfesuchende bekommen bereits am Telefon eine qualifizierte Beratung und Unterstützung bei seelischen Krisen und psychiatrischen Notfällen aller Art, auch Angehörige können sich an den Dienst wenden.

Man fühle sich den Menschen in München verpflichtet, sagt Ingo Wortmann, SWM-Geschäftsführer Mobilität. Ziel der Kampagne sei es, die Bevölkerung für psychische Krisen zu sensibilisieren, dem Thema das Stigma zu nehmen und das Hilfsangebot in den Köpfen zu verankern. "Da bieten sich die Werbeflächen im ÖPNV geradezu an, weil hier besonders viele Menschen zusammenkommen und oft auch kurze Wartezeiten haben, in denen sie im Idealfall auf die neuen Plakate aufmerksam werden." Es gehe darum, Suizide durch rechtzeitige Ansprache und Hilfe zu vermeiden. "Prävention ist extrem wichtig", sagt Wortmann, "gerade auch für uns als U-Bahnbetreiber."

Der Krisendienst wird vom Bezirk Oberbayern finanziert. Bezirkstagspräsident Josef Mederer sieht in den SWM einen "starken Partner". Michael Welschehold, Leiter der Leitstelle des Krisendienstes, erklärt, bei Suizidgedanken sei es besonders wichtig, den Betroffenen zum frühestmöglichen Zeitpunkt qualifizierte und vertrauliche Hilfe anzubieten. "Je schneller man sich Hilfe holt, desto besser."

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Quelle:
SZ vom 26.06.2018 / schub
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