Aidskranke in München:Stigmatisiert und diskriminiert

Die Münchner Aids-Hilfe wird 35 Jahre alt - und hat heute "keine Dramen mehr zu bieten". Einfach ist es für Betroffene dennoch nicht.

Die Aufgaben haben sich gewandelt, der Kampf um Toleranz und Akzeptanz ist geblieben: Die Münchner Aids-Hilfe wird 35 Jahre alt. Die Anzahl der Neuinfizierungen mit dem HI-Virus ist in Deutschland auf einem sehr niedrigen Niveau, die Stigmatisierung in der Gesellschaft herrscht jedoch weiterhin. "Die Erkrankung wird zu einem Geheimnis, was nicht ausgesprochen werden darf", sagt Nico Erhardt, Leiter der Fachstelle "Positiv Leben".

In Bayern leben rund 10 500 Menschen mit einer HIV-Erkrankung, etwa die Hälfte davon in München. In der Landeshauptstadt haben sich im vergangenen Jahr 152 Personen neu infiziert, im Vergleich zum Vorjahr ist diese Zahl jedoch gesunken.

In Deutschland leben insgesamt rund 88 000 Menschen mit HIV, davon sind nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts etwa 10 600 Infektionen noch nicht diagnostiziert. Im vergangenen Jahr haben sich in Deutschland rund 2400 Menschen mit HIV infiziert. Im Vergleich zu 2017 ist diese Zahl leicht gesunken und im europäischen Vergleich sehr niedrig. Von den HIV-positiv diagnostizierten Personen in Deutschland werden circa 93 Prozent medikamentös behandelt, wovon etwa 95 Prozent unter der Nachweisgrenze der Viruslast liegen. Damit sind diese Personen nicht infektiös.

"HIV und Aids sind immer noch Thema, aber die Aids-Hilfe hat keine Dramen mehr zu bieten", sagt Bernd Müller von der Münchner Aids-Hilfe. Der Verein wurde 1984 zur Selbsthilfe für Betroffene und zur Aufklärung über die Erkrankung gegründet. Das Beratungsangebot hat sich über die Jahre allerdings stark gewandelt - die Stigmatisierung und Diskriminierung aufgrund der Erkrankung ist jedoch geblieben. Nico Erhardt sagt: "Diskriminierung findet im Krankenhaus, in Arztpraxen, Arbeitsstellen und teilweise in der Familie statt." Der Aids-Hilfe wurden im vergangenen Jahr 13 solcher Fälle in München gemeldet, die Dunkelziffer sei aber wesentlich höher, so Erhardt. Die Beratungsstelle biete den betroffenen Institutionen Präventivveranstaltungen an, um aufzuklären.

Neben der persönlichen Beratung von erkrankten Personen und dem Angebot von HIV-Tests setzt sich der Verein aber auch für Geflüchtete, Sexarbeiter und Obdachlose ein, zudem fordert er mehr Akzeptanz gegenüber Schwulen, Lesben, trans- und intersexuellen Menschen. Aus diesem Grund bietet die Aids-Hilfe auch eine Trans-Inter-Beratungsstelle an und hat mit "rosa Alter" ein Projekt gestartet, das lesbische und schwule Seniorinnen und Senioren im Alter berät, unterstützt und vernetzt. Zum Welt-Aids-Tag am kommenden Sonntag, 1. Dezember, wird in München ein buntes Rahmenprogramm stattfinden. Die Münchner Aids-Hilfe schaltet an diesem Tag zudem die Website jungundpositiv.de online. Die Internetseite soll als social hub für Menschen aus unterschiedlichen Subkulturen dienen, um sich vernetzen und austauschen zu können.

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