Afrikanische Schweinepest:Kein Freibrief für Jagdfrevel

Kopfgeld für Wildschweine kann nicht die Lösung sein

"Wir werden gerne zum Sündenbock gemacht" vom 18. Januar und die Berichterstattung über afrikanische Schweinepest:

Die Angst landwirtschaftlicher Schweinehalter vor einem Ausbruch der afrikanischen Schweinepest in Deutschland ist gewachsen. Unsere Wildschweine sind nicht die Verursacher, sondern werden zu Sündenböcken gemacht. Sie ist für Menschen, Hunde und andere Wildtiere vollkommen ungefährlich. Die afrikanische Schweinepest ist eine hochansteckende, schwere Viruserkrankung bei Hausschweinen und wild lebenden Schweinen: Sie kommt aus Afrika, eingeschleppt wurde sie nach Europa durch Personen- und Warenverkehr des Menschen. Aktuell wurde sie vor einigen Jahren in den baltischen Staaten und in Russland bei Haus- und Wildschweinen, seit 2017 auch in Polen und Rumänien nachgewiesen, aus Tschechien sind bisher 2017 drei Fälle bei Wildschweinen bekannt. Die industrielle Massentierhaltung von Schweinen erhöht das Risiko für Hausschweine und damit deren Leiden auch durch die zusätzliche Ansteckungsgefahr erheblich. Die Wildschweinpopulation hat in Europa, auch bei uns in Bayern, die letzten Jahrzehnte stark zugenommen. Grenzen für Personen- und Warenverkehr - und damit auch die Wander- und Übertragungswege - wurden geöffnet, zum anderen bewirtschaften wir unsere Felder immer intensiver: Mais, wohin das Auge schaut.

Nun hat es der bayerischen Staatsregierung gefallen, ein Kopfgeld (20 Euro) für den Abschuss von Wildschweinen auszuloben (Kabinettsbeschluss vom 19.12.2017). Die Jäger sollen mehr und auch ganz junge Wildschweine erlegen. Hubert Aiwanger (Freie Wähler) fordert: "Insbesondere muss Schluss sein mit der Jagdruhe von Februar bis Mai auf Frischlinge und Überläufer in den staatlichen Pirschbezirken." Das ist die Not- und Rückzugszeit mit Futterknappheit nicht nur für das Schwarzwild. Inzwischen fordert der Deutsche Bauernverband sogar den Abschuss von 70 Prozent aller Wildschweine in Deutschland. Auch die Tötung von Muttertieren und Frischlingen müsse erlaubt werden, sagte der Vizepräsident des deutschen Bauernverbandes, Werner Schwarz, laut Rheinischer Post vom 12. Januar. Auch Bundesagrarminister Christian Schmid (CSU) fordert die Aufhebung der Schonzeiten für Wildschweine. In manchen Bundesländern (zum Beispiel Nordrhein-Westfalen) wurde die Schonzeit für Bachen und Keiler (1. Februar bis 16. Juni) bereits aufgehoben. Rotten in der Notzeit werden zersprengt werden; die Leitbachen fehlen, die Folge kann sich jeder Sachkundige denken. Hochträchtige und frischlaktierende Bachen und deren Frischlinge sollen bejagt werden, verfehlte Saugferkel werden elendig verhungern. Das erfüllt nach meiner persönlichen Auffassung den Tatbestand der vorsätzlichen Tierquälerei.

Die jetzige Aufforderung der Staatsregierung, der Politik allgemein und des Bauernverbandes halte ich für kurzsichtig, populistisch und bestenfalls naiv. Ich werde mich nicht beteiligen. Und wir alle sollten die eigene Lebensweise, das eigene Verbraucherverhalten und die Zukunft einer achtsamen, bäuerlichen Landwirtschaft und deren Wertschätzung in der Bevölkerung mal hinterfragen. Dr. Andreas Hermülheim, Hohenwart

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