Süddeutsche Zeitung

Afrikanische Filmplakate:Die Erotik des Bösen

Frauen und Kinder verwandeln sich in Banknoten: Die Pinakothek der Moderne zeigt 70 Filmplakate aus Ghana. Obwohl die Bilder teilweise sehr blutrünstig sind, gibt es für die Ausstellung keine Altersbegrenzung.

Die Pinakothek der Moderne zeigt 70 Filmplakate aus Ghana. Obwohl die Bilder teilweise sehr blutrünstig sind, gibt es für die Ausstellung keine Altersbegrenzung. Lange Haare, pralle Oberweite und ein Fischschwanz - was auf den ersten Blick wie eine hübsche Meerjungfrau aussieht, ist in Wahrheit "Mami Water", ein afrikanischer Wassergeist. Text: Auszug aus dem Artikel "Die Erotik des Bösen" von Michael Bitala, SZ 1.4.2011

"Mami Water" verspricht teuflisch guten Sex, doch wer sich ihr hingibt, darf nicht mehr mit seinem Ehepartner schlafen, keine Kinder bekommen und muss sogar Menschenopfer vollziehen. Die mythische Figur ist ein zentrales Motiv in afrikanischen Filmen.

Die nigerianische Filmproduktion, auch "Nollywood" genannt, ist nach der indischen "Bollywood" die zweitgrößte Filmproduktion der Welt. Tausend bis zweitausend Filme werden dort in einem Jahr gedreht.

Billigfilme, die mit DV-Camcordern gedreht werden, sind in Westafrika am erfolgreichsten. Sie thematisieren Alltagsängste, wie Okkultismus, Liebe, Verrat und Mord.

Die Tradition der handgemalten Kinoplakate gibt es aber nur in Ghana. Sie setzen sich außer mit den Mythen und Motiven afrikanischer Filme, auch mit amerikanischen Blockbustern auseinander und zwar auf ganz eigene Art und Weise.

Als Leinwände dienen den ghanaischen Künstlern die Rückseiten alter Mehlsäcke.  Die dramatisch überhöhten Gemälde haben häufig wenig mit dem eigentlichen Inhalt des Films zu tun.

Die ghanaische Version von "Conan der Barbar" ist "Conan the destroyer" - passend dazu ist Arnold Schwarzenegger muskelbepackt und mit grimmiger Miene dargestellt. Das kleine grüne Teufelchen rechts von ihm ist allerdings eine Ergänzung des Plakatmalers und kommt im Film überhaupt nicht vor.

Im Originalplakat reckt Schauspieler Ted Prior alias "Mike Danton" lediglich die Faust. Hier hält er einen abgetrennten Unterarm in der Hand.

Kannibalismus ist nicht nur in den USA und Europa ein beliebtes Thema von Horrorfilmen. Wobei sich die ghanaischen Plakatmaler mit reinen Andeutungen nicht zufrieden geben.

Trotz der teilweise sehr drastischen Bilder ist die Ausstellung auch für Kinder zugänglich. Wegen der verzerrten Perspektive und falschen Größenverhältnissen, wirken die knallbunten Motive trotz aller Blutrünstigkeit naiv - fast so, als wären sie von Kindern selbst gemalt worden. Text: Auszug aus dem Artikel "Die Erotik des Bösen" von Michael Bitala, SZ 1.4.2011

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1079908
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche Zeitung
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.