Ärgernisse bei Basic:Pannenshow im Biomarkt

Ein dubioser Finanzchef und viele naive Kollegen haben die boomende Basic AG ins Trudeln gebracht.

Bernd Kastner

Die Sonne schien nicht untergehen zu wollen. In Gelb und Orange hatten sie ihr Öko-Reich gestaltet, Bio boomte, die Kunden strömten. "Basic" haben sie vor zehn Jahren ihren ersten Markt in Schwabing genannt. Die Gründer verstanden sich als Pioniere und wollten die Naturkost aus der "Müsli-Ecke" herausführen. 2000 machte der zweite Laden am Viktualienmarkt auf, fünf Jahre später waren es schon 14.

Ärgernisse bei Basic: Kommt nicht aus den Schlagzeilen: Der Biosupermarkt Basic.

Kommt nicht aus den Schlagzeilen: Der Biosupermarkt Basic.

(Foto: Foto: ddp)

Wieder und wieder gab die Aktiengesellschaft euphorische Mitteilungen heraus. 2005: "Basic expandiert weiter." 2006: "Expansionsrekord" - "Lifestyle" und "Frische-Kick" waren angesagt, man präsentierte in München den ersten "Stand-alone-Markt" à la Aldi und Lidl und verkündete 2007: "Basic steigert Expansionstempo." Bis zu 50 Supermärkte wollten sie eröffnen, pro Jahr.

Dann aber steigerte sich gar nichts, und 2007, als man den Lidl-Konzern Schwarz als Aktionär ins Haus holte, wurde zum annus horribilis. Seither ist nichts mehr wie es war, und vielleicht macht irgendjemand dereinst ein Lehrbuch aus dieser Geschichte. Es könnte davon handeln, wie man am effektivsten ein florierendes Unternehmen mit 28 Märkten und 800 Mitarbeitern an den Rand des Abgrunds führt. Ein Werk über Missmanagement und Fehleinschätzung, Gutgläubigkeit und die Verflechtung privater und geschäftlicher Interessen. Es wäre die Essenz aus den vergangenen anderthalb Jahren der Basic AG.

"Kriminelle Energie"

Ein Schuldiger für den jähen Stopp des Aufstiegs ist längst präsentiert: Der heißt Johann Priemeier, ist Firmen-Mitgründer, war zum Zeitpunkt seines Rauswurfs im November 2007 Finanzvorstand und größter Aktionär. Er steht seither am Pranger, was erst mal nicht wundert angesichts des Sündenkatalogs, den der Aufsichtsrat ihm präsentierte. Er soll, hinter dem Rücken seiner Führungskollegen und mit "krimineller Energie", den Deal mit der Schwarz-Gruppe eingefädelt haben.

Die Allianz mit den Leuten, die auch den Discounter Lidl managen, führte zu einem Kundenboykott, wie man ihn in Deutschland seit Shell und Brent Spar nicht erlebt hatte. Attac startete eine Kampagne, Kunden hefteten böse Botschaften an Basic-Pinnwände, Lieferanten wollten nicht mehr liefern. So stark brach der Umsatz ein, dass man nur noch eine Rettung sah: die Trennung. Die soll Schwarz sogar selbst betrieben haben: Der Konzern war offenbar bereit, seine Aktien zum Schleuderpreis herzugeben, Hauptsache raus aus Basic. Dabei hatte Schwarz gerade beim Kartellamt die Übernahme angemeldet.

Nun wirft man Priemeier nicht nur mangelnden Instinkt vor, weil er die Wirkung der "strategischen Allianz" bei den Kunden völlig falsch einschätzte, sondern auch Bestechlichkeit. Basic beschuldigt seinen Ex-Vorstand, beim Aktiendeal die Hände aufgehalten zu haben. Er habe für seine privaten Anteile, die an Schwarz gingen, einen etwa doppelt so hohen Preis ausgehandelt wie für die Aktien, die er zugunsten der AG verkaufte.

Von wegen Korruption, entgegnet Priemeier. Das sei der ganz übliche "Paketzuschlag" gewesen, denn ohne seine Anteile wäre Schwarz nicht an die Beteiligung gekommen. Auch Schwarz weist jeden Vorwurf zurück. Für die Discount-Manager ist das ein weiteres Imageproblem, neben der Bespitzelungsaffäre bei Lidl und den jüngsten Vorwürfen gegen eine für Lidl produzierende Bäckerei.

Pannenshow im Biomarkt

Und was ist mit der Heimlichtuerei? Stimmt auch nicht, behauptet Priemeier. Die anderen, also der Vorstandsvorsitzende Josef Spanrunft und der Aufsichtsrat, hätten in Sachen Schwarz von Anfang an Bescheid gewusst und die Verhandlungen gutgeheißen. Georg Schweisfurth, der Mitbegründer von Basic, habe ihm, Priemeier, eine Blanko-Vollmacht für den ersten, entscheidenden Schritt dieses Deals gegeben und dies hinterher mit einer zweiten Unterschrift gebilligt. Priemeier fühlt sich umgekehrt von seinen ehemaligen Mitstreitern verraten, vor allem vom Kollegen Spanrunft. Denn der sei, wie ein Fähnchen im Wind, vom vehementen Befürworter zum Gegner der Allianz mit Schwarz geworden.

Wer welche juristische Schuld trägt, werden Staatsanwälte und Gerichte klären müssen. Basic hat Strafanzeige gegen Priemeier gestellt, zivilrechtlich streitet man sich wegen der Entlassung. Angenommen, die Basic-Version stimmt: Warum aber haben Vorstandschef, Aufsichtsrat und Gründer-Freunde dann jenen Mann, den sie heute der "Unfähigkeit" zeihen, so lange ungehindert agieren lassen? Anrüchige Geschäfte hat es nach Basic-Lesart schon früher gegeben, Priemeier war schon vor dem Schwarz-Deal negativ aufgefallen.

2005 soll er über seine Firma Mercatum, die in Immobilien und Finanzdienstleistungen macht, mehrere Provisions-Rechnungen an Basic gestellt haben. Mercatum hat begehrte Supermarkt-Flächen vermittelt, mehr als 300000 Euro machte das summa summarum. Demnach hat sich Basic-Vorstand Priemeier von Mercatum-Eigner Priemeier neue Standorte besorgen lassen, wofür der Basic-Priemeier den Mercatum-Priemeier entlohnte. Als der Aufsichtsrat das bemerkte, hat er diese Geschäfte sofort gestoppt, der Gescholtene zahlte auch artig zurück. Heute sagt Priemeier, und er klingt trotzig: Fortan habe seine Mercatum die Standorte der Konkurrenz vermittelt.

Und noch einmal hätte das Kontrollgremium stutzig werden müssen, diesmal in Sachen Müllerstraße. Dort steht jenes Anwesen, das Basics Ansehen schon vor der Schwarz-Affäre beschädigt hatte. In Top-Lage im Glockenbachviertel sollte ein neuer Markt entstehen, doch vor der Eröffnung wurden zahlreiche Bewohner entmietet. Das passte gar nicht zum Sonnen-Image der Ökokette, die ersten Kunden blieben weg. Verantwortlich zeichnete - Johann Priemeier. Er vertrat in dieser Angelegenheit sein Unternehmen Basic, agierte aber auch für eine private Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), der zwei Drittel des Anwesens gehören. Ein GbR-Gesellschafter ist - Johann Priemeier. Und dessen Mercatum verkauft die entmieteten Wohnungen.

Pannenshow im Biomarkt

Vom Mietermobbing, das die restliche Basic-Führung nicht verhinderte, einmal abgesehen: Der Kauf des Anwesens, so die Basic-Version, soll im Herbst 2006 unter dubiosen Umständen über die Bühne gegangen sein. Priemeier habe beim Notar gesessen, für den Immobilien-Deal aber noch die Unterschrift seines Kollegen Spanrunft benötigt. Also habe Priemeier ihn angerufen und hergebeten: Josef, du musst bloß schnell was unterschreiben!

Spanrunft sei herbeigeeilt und habe unterzeichnet. Angeblich ohne den Vertrag gelesen zu haben und nicht wissend, dass er ein 8,6-Millionen-Geschäft perfekt machte, von dem Basic 3,35 Millionen zu tragen hatte. Spanrunft habe aus Vertrauen in Priemeier unterschrieben, so die Basic-Version. Priemeier dagegen behauptet, jener Vertrag sei seit Tagen bei Spanrunft gelegen, von Überrumpelung also keine Spur.

Der Aufsichtsrat wiederum genehmigte den Immobilienkauf im November 2006 - und will erst hinterher bemerkt haben, dass der Deal zu diesem Zeitpunkt schon perfekt war. Man sei von Finanzchef Priemeier getäuscht worden. Und nun ist man bei Basic beunruhigt, weil weiteres Ungemach in der Müllerstraße entstehen könnte, und das, obwohl man dort wegen der Entmietungs-Hypothek gar keinen Markt mehr eröffnen will.

Der angeblich blind unterschriebene Kaufvertrag ermöglichte es der GbR nämlich, für die Finanzierung eine Grundschuld auf das Anwesen eintragen zu lassen. Während Basic dank der Schwarz-Millionen keinen Kredit benötigte, musste die GbR Geld leihen - und trug eine Grundschuld auf das gesamte Anwesen ein, obwohl den drei Privatleuten nur zwei Drittel gehören. Basic haftet nun also für die Schulden der GbR - und damit für die von Johann Priemeier.

Aufgabe eines Aufsichtsrats ist es, den Vorstand zu kontrollieren. Das Kontrollgremium bestand damals aus dem Vorsitzenden Hillmer Muhle, dem damaligen Großaktionär Theo Häni und der Münchner Bankerin Margit Baumgartner. Muhle und Häni sitzen in Österreich und der Schweiz und haben der Allianz mit Schwarz zugestimmt. Beide räumen ein, den deutschen Bio-Markt nicht sonderlich gut zu kennen, folglich überrascht gewesen zu sein von den Kundenprotesten. Muhle soll sogar eingestanden haben, nicht einmal vom schlechten Ruf des Discounters Lidl gewusst zu haben. Und offenbar hat Muhle seiner Aufsichtsratskollegin Baumgartner die Gespräche mit Schwarz verschwiegen. Von dieser war bekannt, dass sie dem Investor Schwarz nie zugestimmt, dass sie rebelliert hätte.

Pannenshow im Biomarkt

Hausverbot für Priemeier

Inzwischen hat der Umsatz angeblich wieder Vor-Schwarz-Niveau erreicht, sollte aber laut Plan viel höher liegen. Die Lieferanten liefern wieder, die Protest-Zettel sind von den Pinnwänden verschwunden, und auch das mea culpa der Geschäftsleitung: "Unsere Kunden und viele unserer Lieferanten haben uns den Weg aufgezeigt. Dafür sind wir dankbar." Schwarz hat seine 23 Prozent an Basic weitergereicht an die Schweizer ASI Nature Holding. Die ist nun mit rund 40 Prozent Hauptaktionär, doch welchen Kurs sie einschlägt, ist noch offen, entsprechend bange ist der Führungscrew.

Die ist gut rausgekommen aus der missratenen Liaison: Muhle ist nach wie vor Chef des Aufsichtsrats. Häni hat sich aus freien Stücken als Bioproduzent nach Rumänien zurückgezogen. Spanrunft, der einstige Schwarz-Befürworter, ist alleiniger Vorstand. Und Schweisfurth, dessen Blanko-Vollmacht an Priemeier den Schwarz-Deal ermöglichte, ist zum Aufsichtsrat und starken Mann avanciert. Die Strafanzeige gegen Priemeier übrigens begründet man auch damit, dass Manager für ihre Verfehlungen zur Verantwortung zu ziehen seien.

Priemeier sitzt derweil in Simbach am Inn, wo er eine Bio-Mühle betreibt. Er sagt, die Ehe mit Schwarz wäre das Beste für Basic gewesen, und: "Ich bin überzeugt, dass ich nichts falsch gemacht habe." Der Basic-Slogan "Bio für alle" gilt für ihn nicht mehr. Er hat Hausverbot, aber ihm gehören noch rund 20 Prozent der AG, und er kämpft, um zumindest wieder einkaufen zu dürfen in seiner Firma. Immerhin, beliefern darf er Basic weiterhin, mit Mehl aus seiner Mühle.

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