Ärger über Kunstaktion am Viktualienmarkt:Buddha bewegt

Eine liegende Buddhastatue auf dem Viktualienmarkt.

Die Buddha-Statue auf dem Viktualienmarkt herhitzt einige Gemüter.

(Foto: dpa)

Kunst oder Blasphemie? Die gekippte Buddha-Statue auf dem Viktualienmarkt verärgert einige Buddhisten. Sie empfinden die Kunstaktion als religiösen Affront - das Kulturreferat hingegen sucht gerade die Diskussion und erklärt den Sinn des Kunstwerks.

Von Christina Maria Berr

Eigentlich liegt er am Rand des Treibens, der goldfarbene Buddha auf dem Viktualienmarkt. Nur wer zufällig den Weg zwischen Pschorr-Biergarten, Nymphenburger-Sekt-Stand und einem Gemüsehändler wählt, kommt an der dann durchaus auffälligen Kunstinstallation vorbei.

500 Kilogramm wiegt der sitzende, meditierende Buddha, der wie umgeworfen am Boden befestigt ist. "Made in Dresden" steht auf der Unterseite und so lautet auch der Titel des Werks von Han Chong. Der Buddha ist ein Teil der vom Kulturreferat veranstalteten Aktion "A Space Called Public - hoffentlich öffentlich", das sich mit dem Stadt-Bild zwischen Klischee und Kommerz auseinandersetzen möchte.

"Ein Affront gegen buddhistische Gäste"

Nun sorgt der Buddha sorgt für Ärger. Einige Buddhisten in München fühlen sich von der liegenden Statue in ihrer religiösen Ehre getroffen. Es regt sich Widerstand. Die buddhistische Nonne Tenzin Wangmo etwa steht seit einigen Tagen immer wieder mit einem Schild vor der Statue, mit dem sie sich für die Aktion bei Touristen entschuldigt. "I'm ashamed of Munich", steht da geschrieben. Sie schäme sich für München und - weiter - man möge doch bitte diese religiöse Provokation vergeben. "Ich finde, es ist ein Affront gegen unsere buddhistischen Gäste", sagt sie.

Manchmal setzen sich Menschen darauf oder lehnen sich an. Das Schild, das betreten und klettern verbietet, wird übersehen. "Mit einem Verehrungsobjekt geht man nicht so um", sagt die Nonne und betont, dass sie sich für eine so installierte Jesus-Statue ebenso einsetzen würde.

Die Deutsche Buddhistische Union, DBU, hat ebenfalls gegen die Aktion protestiert und einen offenen Brief an den Kulturreferenten Hans-Georg Küppers geschrieben. Darin heißt es, man findet es "unverständlich", wenn solche Aktionen "als Beleidigung und Herabwürdigung ihrer religiösen Überzeugungen empfunden werden müssen". Weiter wird gefragt, was die Statue kostet. 1,2 Millionen Euro für alle Projekte der Aktion, antwortet die Stadt.

Auch die Interessengemeinschaft München (IG München) hat am vergangenen Dienstag zu einer Protest-Aktion aufgerufen. Vor der Statue diskutierten etwa 20 Menschen darüber, ob das Ganze eine "aggressive Konfrontation mit dem Buddhismus" sei, wie es der IG-Vorsitzende Johann Strauss bezeichnet.

"Ein Sturm im Wasserglas"

Die Stadt beobachtet die Kritik gelassen. Diskussionen seien durchaus gewollt, heißt es im Kulturreferat: "Uns geht es um den Dialog", meint Referats-Sprecherin Jennifer Becker. Die bislang geäußerten Proteste seien ohnehin eher ein "Sturm im Wasserglas". Becker bekundet, dass noch ein paar "mittelalte Männer mit asiatischen Ehefrauen" geschrieben hätten, deren Mails fast wortgleich mit dem Schreiben des DBU gewesen seien.

Die Sprecherin betont, die Stadt wie auch der Künstler wollten mit der Aktion "natürlich keinen Buddha schänden". Vielmehr sei es die "Darstellung eines Souvenir-Artikels", wie es viele hierzulande gäbe. Häufig, sagt Becker, kämen die hier verkauften Deko-Buddhas nicht aus China, sondern aus der Gegend um Dresden. Auch das Künstlerduo Elmgreen & Dragset, das das Gesamtprojekt zu verantworten habe, verwehrt sich, Buddhismus verunglimpfen zu wollen. Die Statue liege, damit "man die Aufschrift am Boden der Figur zeigen kann".

Die Marktleute nehmen die Aktion mit Humor. "Wir sind weltoffen. Uns macht kein Buddha etwas aus", sagt Elke Fett. Die Sprecherin der Händler am Viktualienmarkt verrät, dass der Buddha von den Standlbesitzern den Spitznamen "Locke" erhalten habe, "weil er so schöne Kräusellocken hat".

Fett und ihre Kollegen seien nun froh, dass die Nonne vor der Installation mit den Vorbeigehenden spricht: "Dann müssen wir nicht mehr diskutieren." Zudem, sagt Fett, seien Gespräche über Kunst ja gut. Daher habe sie den Marktleiter gebeten, ein bisschen wegzusehen, wenn sich Leute da versammeln. Sie selbst ist froh, den Buddha zu haben und nicht die Berliner Pfütze, eine Skulptur aus in Berlin aufgesaugtem Wasser.

Ende September, wenn die Aktion vorbei ist, soll Locke wieder verschwinden. Oder, schlägt Fett vor, er wird aufgestellt. Dann dürfte Locke vielleicht bleiben. Aber natürlich müsste man erst darüber abstimmen. Bis dahin darf und soll um Locke diskutiert werden.

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