Ärger für Kammerjäger:Auf den Leim gegangen

Ein Kammerjäger sollte ein Kaufhaus-Restaurant von Kakerlaken befreien. Doch dann hingen plötzlich Mäuse und eine Ratte in den Klebefallen - und dem Kammerjäger flatterte ein unschöner Brief der Staatsanwaltschaft ins Haus.

Christian Rost

Ein Kammerjäger, der die Küche eines Münchner Kaufhaus-Restaurants von Kakerlaken befreien sollte, hat versehentlich wesentlich mehr Beute gemacht, als beabsichtigt. An seinen Klebefallen blieben neben den Schaben auch acht Mäuse und eine Ratte hängen. Weil den Wirbeltieren Leid zugefügt wurde, bekam der Schädlingsbekämpfer von der Münchner Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl über 4200 Euro zugeschickt. Gegen den Vorwurf, gegen das Tierschutzgesetz verstoßen zu haben, wehrte sich der Angestellte am Donnerstag am Amtsgericht.

Kakerlake

Er sollte ein Münchner Kaufhaus von Kakerlaken befreien. Doch dann landeten auch Mäuse und eine Ratte in den Klebefallen des Kammerjägers.

(Foto: dpa/dpaweb)

Der 41-jährige Mario P. war am Abend des 1. März 2011 in das Restaurant gerufen worden. Der Betriebsleiter hatte unter einer Wandabdeckung, die sich im Küchendunst gelöst hatte, eine ganze Schabenkolonie entdeckt. P. wurde angewiesen, sofort eine Lösung für das Problem zu finden. Keine leichte Aufgabe, denn der Kakerlakenbefall war "massiv", wie der Experte vor Gericht erzählte. Nicht nur die Menge der Tierchen beeindruckte, auch deren Größe: In der Küche hatten sich orientalische Kakerlaken eingenistet, die bis zu drei Zentimeter lang werden.

Mit giftigen Sprühmitteln konnte P. nicht gegen das Ungeziefer vorgehen. Dafür hätte man zuerst sämtliche Lebensmittel aus dem Raum entfernen müssen, was die Restaurantleitung mit Verweis auf den Personalmangel ablehnte. Also entschied sich P., zehn Zentimeter breite Klebestreifen, an denen die Schaben hängenbleiben sollten, am Boden großflächig auszubringen. Ehe er die Küche verließ, sprühte er noch in die Ritzen zwischen Schränke und Wänden ein Mittel, das die Krabbler aus ihren Verstecken treiben sollte.

Als der Fachmann dann am nächsten Morgen gegen 6 Uhr erschien, um die Fallen zu inspizieren, waren sie verschwunden. Dafür hatte die Polizei gesorgt. Denn gegen 5 Uhr war in dem Kaufhaus Einbruchsalarm ausgelöst worden. Zwei bewaffnete Beamte suchten das gesamte Gebäude nach einem Eindringling ab - und tappten dabei direkt in die Klebefallen.

Einen Einbrecher fanden sie nicht, dafür die acht Mäuse und die Ratte, die vor Angst schon halbtot waren und laut quiekten. Für das Schicksal der Tiere fühlten sich die Polizisten aber nicht zuständig. Sie rückten ab und informierten das Gewerbeaufsichtsamt per E-Mail über ihre Entdeckung. Die Tiere verschwanden dann samt Klebestreifen aus der Küche. Wer sie wie entsorgt hat, konnte nie geklärt werden.

Der Kammerjäger, der seit 20 Jahren im Geschäft ist, beteuerte, es habe keine Hinweise darauf gegeben, dass die Küche auch von Mäusen und Ratten bewohnt wurde. Er habe das kontrolliert, ehe er die Klebestreifen ausgebracht habe. Als "ungeeignet" bezeichnete ein Amtstierarzt diese Fangmethode vor Gericht, weil sie Wirbeltiere gefährde.

Der Tiermediziner wusste aber auch keine bessere Alternative, um eine Kakerlakenplage zu beseitigen. Eine als Gutachterin beauftragte Parasitologin meinte, P. sei von der Restaurantleitung unter Zeitdruck gesetzt worden - und habe unter diesem Gesichtspunkt durchaus richtig gehandelt. Das sah auch Amtsrichter Jürgen Hanselmann so und sprach P. frei.

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