Advents-Serie: Beflügelt:Gute und böse Himmelsboten

Advents-Serie: Beflügelt: Steven Langnas versteht es, den eigenen Glauben bilderreich und eloquent zu vermitteln.

Steven Langnas versteht es, den eigenen Glauben bilderreich und eloquent zu vermitteln.

(Foto: Andrea Schlaier/oh)

Rabbiner Steven Langnas erzählt von den Schabbes-Engeln

Von Andrea Schlaier

Es ist gar nicht so einfach, Steven Langnas zu treffen. Eine kleine Lücke findet sich schließlich in seinem dicht gedrängten Tageslauf. Morgens um 9 Uhr, Schwabing, im Saul-Eisenberg-Seniorenheim der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), wo der Rabbiner als Seelsorger Ansprechpartner und schon ins Gespräch vertieft ist mit einer älteren Dame Die beiden sind die einzigen, die auf einer der eleganten Sitzgruppen mit den lindgrün bezogenen Stilmöbeln in der Lobby Platz genommen haben. Die frühe Dezembersonne schickt Strahlen in den weiten Raum, über den Golda Meir aus einem Bilderrahmen über dem schwarz glänzenden Klavier ihren Blick schweifen lässt.

Steven Langnas erhebt sich: Ein Mann, der es versteht, den eigenen Glauben bilderreich und eloquent zu vermitteln. Wenn's die Umstände erfordern, springt er auch aus dem Stand in eine Szene, die Kinder in der jüdischen Religionsschule aufsaugen, weil sie so nah an ihrem Leben zu sein scheint. "Es gibt etwas, das uns begleitet, jeden Freitag, die Schabbes-Engel", hebt der Rabbiner an. "Wenn der Hausherr aus der Synagoge kommt und seinen Nachhauseweg antritt, ist er von zwei Engeln begleitet, einem guten und einem bösen." Doch trete er über die Schwelle in sein Heim, blieben die Himmelsboten draußen. Sie schauten durchs Fenster, ob für den Schabbes alles anständig vorbereitet sei: "Ob die Tafel mit der weißen Tischdecke gedeckt ist, das Feinste vom Feinen des Porzellans aufgetragen ist, Silber, Kristall, die Schabbes-Lichter brennen und die Leute gut gekleidet sind." Ist alles getan, wie es geschrieben stehe, sage der gute Engel: "Mögen alle eure Schabbes so sein und der böse Engel muss 'Amen' antworten." Kann aber auch andersrum laufen: "Wenn die Leute Pizza aus der Schachtel essen", fährt Steven Langnas fort, "und mit Bierdosen vor dem Fernseher sitzen und nix vorbereitet ist, dann sagt der böse Engel: 'Mögen alle eure Schabbes so sein' und der gute Engel muss 'Amen' antworten."

An diesem siebten Wochentag, dem Ruhetag im Judentum, werden die Kinder von Eltern und Großeltern gesegnet, die Engel werden gegrüßt, die Frau wird gelobt. Der Seelsorger mit der blauen Kippa legt eine Kunstpause ein: "Und was bekommt der Mann?" Seine Mundwinkel drängen nach oben: "Ein gutes Glas Wein!" Langnas lacht selbst über die Pointe - und muss auch schon wieder weiter.

Als Adventskalender erzählt die Stadtviertel-Redaktion Münchner Engels-Geschichten. Am Donnerstag: der Engel Sonja Mayer

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: