Advents-Serie: Beflügelt:Als Landebahn deutlich zu kurz

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(Foto: Robert Haas)

Die Engelstraße in Solln trägt den Namen eines Genre-Malers

Von Jürgen Wolfram

Schweben umtriebige Himmelsboten auf die Erde nieder, sind sie vermutlich auf eine sichere Landebahn angewiesen. Doch ausgerechnet die Engelstraße in Solln eignet sich kaum für diesen Zweck, denn sie ist nur 270 Meter lang. Wie eingesunken in uraltes Gartenstadtflair präsentiert sich diese Verbindung von der Gilg- zur Uhdestraße mit ihren überwiegend betagten spitzgiebeligen Häusern. Eine Zone der Stille in einem ohnehin beschaulichen Wohnviertel. Auf einen Draht nach ganz oben deutet wenig hin, abgesehen von himmlischer Ruhe. Den Schritt beflügelt hier allenfalls mal ein kläffender Hund. Schutzengel im Verkehr braucht in dieser parkartig gesäumten Gegend niemand, Autobewegungen finden so gut wie nicht statt.

An das bevorstehende Weihnachtsfest erinnert in der Engelstraße nichts, kein funkelnder Christbaum, keine illuminierte Fassade. Das liegt vielleicht daran, dass dem Verkehrsweg jeglicher biblische Bezug fehlt. Benannt ist er vielmehr nach dem Porträt- und Genre-Maler Johann Friedrich Engel (1844-1921). Der Mann hatte vorübergehend in den USA gelebt und hegte eine Vorliebe für die Darstellung bayerischer Trachten sowie Jahreszeiten-Allegorien. Dazu muss man wissen, dass in Solln mehr als die Hälfte aller Straßen Künstlernamen tragen. Weil Johann Friedrich Engel viele Jahre in München arbeitete und wohnte, war seine Verewigung also kaum zu vermeiden; in einem Stadtteil mit knapp 24 000 Einwohnern ist der Bedarf an Straßenbezeichnungen enorm hoch.

Wenn sich die Anwohner der Engelstraße sicher fühlen können wie in Abrahams Schoß, so liegt das auch daran, dass die rettenden Engel der Freiwilligen Feuerwehren Solln und Forstenried keine zwei Kilometer Luftlinie entfernt sind. Der Kommandant der Forstenrieder Wehr hat überdies einen höchst vertrauenerweckenden Namen. Er heißt Thomas Engel.

Als Adventskalender erzählt die Stadtviertel-Redaktion Münchner Engels-Geschichten. Am Mittwoch: die Schabbes-Engel.

© SZ vom 17.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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