Süddeutsche Zeitung

Adaptive City Mobility:München soll kleine Elektro-Taxis bekommen

Lesezeit: 2 min

Von Marco Völklein, München

Bei den Taxlern am Odeonsplatz kommt das Design eher schlecht an. "Ja, spinnst du?", fragt einer, dem man ein Foto dieses Elektro-Taxis unter die Nase hält. "Da steig ich nicht ein." Ein anderer will wissen, ob es "das Ding" überhaupt bis zum Flughafen schafft. "Und noch viel wichtiger: Komm' ich damit auch wieder zurück?"

Wenn es nach dieser Zufallsstichprobe geht, dann wird es wohl noch einige Jahre dauern, bis sich dieses elektrisch angetriebene Mini-Taxi auf Münchens Straßen verbreitet. Geht es aber nach den Erfindern, dann sollen zumindest die ersten Acht schon im nächsten Jahr losrollen.

"Adaptive City Mobility" nennt sich das Autoprojekt, das etwa ein Dutzend Firmen seit mehr als zwei Jahren entwickeln - und das am Donnerstag erstmals als Designstudie gezeigt wurde. Die Idee: Statt in einer zwei Tonnen schweren Karosse durch die Stadt zu rollen, reicht es für die meisten Taxikunden aus, wenn ihnen das Auto Platz bietet für zwei Passagiere samt Gepäck. Weil dieses aufs Minimum reduzierte Auto nur 550 Kilogramm wiegt und maximal 90 km/h fährt, reicht ein kleiner E-Motor, um den Flitzer anzutreiben.

Der durchschnittliche CO₂-Ausstoß könnte so von derzeit sieben Tonnen pro Jahr und Taxi beim derzeitigen Strommix auf drei Tonnen reduziert werden, sagt Projektleiter Paul Leibold. Kommt der Strom zu 100 Prozent aus regenerativen Quellen, "sind wir im Idealfall bei null Emissionen". Das Bundeswirtschaftsministerium fördert das Projekt, auch die Landeshauptstadt hilft. "Das ist ein extrem wichtiges Fahrzeug im städtischen Verkehr", sagt Bernhard Eller vom Wirtschaftsreferat.

Denn die Idee ist, den Mini nicht nur als Taxi einzusetzen, sondern auch auf anderen Gebieten. So könnte das Auto tagsüber als Carsharing-Fahrzeug angeboten, am Abend von einem Pizzaboten zum Ausliefern genutzt und am nächsten Morgen im Taxiverkehr eingesetzt werden. Die Software, die das alles ermöglichen soll, entwickelt das Firmenkonsortium ebenfalls. Unterm Strich, sagt Leibold, lässt sich das Auto deutlich günstiger als bisherige Benziner betreiben. Deshalb verspricht er "nicht nur mehr Nutzen für die Umwelt, sondern auch mehr Profit für die Betreiber".

Es wird noch einige Hürden geben

Entworfen hat das Auto der Fahrzeugdesigner Peter Naumann von der Hochschule München. Eine feste Kapsel aus Carbonfaser soll "für die nötige Steifigkeit und Sicherheit" sorgen, die markanten Kotflügel dem 550-Kilo-Auto "einen robusten Charakter geben". An der Hochschule Aachen sollen nun acht Fahrzeuge gebaut werden, die von Sommer 2017 an in München vom Umweltverein Green City getestet werden sollen. Dann wird sich zeigen, ob das von Leibold angepriesene Geschäftsmodell auch wirklich funktioniert.

Dass sich der Idee noch Hürden in den Weg stellen, wird aber auch rasch deutlich. So schreibt der Gesetzgeber vor, dass Taxis mindestens zwei Türen auf der Beifahrerseite aufweisen. Neumanns Elektro-Taxi hat bislang hinten rechts nur eine Tür, zudem noch links vorne eine für den Fahrer. Entweder konstruieren die Techniker noch eine weitere Tür dran. Oder aber sie erwirken eine Ausnahmegenehmigung für ihr Projekt.

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Quelle:
SZ vom 03.06.2016
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