ADAC-Hubschrauber am Flughafen München:Der Todesflug von "Christoph 19"

ADAC-Hubschrauber am Flughafen München: Drei Jahre nach dem Unglück wird der Hubschrauber im Besucherpark des Flughafens München ausgestellt.

Drei Jahre nach dem Unglück wird der Hubschrauber im Besucherpark des Flughafens München ausgestellt.

(Foto: Marco Einfeldt)

Vor Jahren ist ein Pilot verbotenerweise unter einer Brücke durchgeflogen und in einen Seitenkanal der Elbe gestürzt. Bei dem Manöver kam ein Notarzt ums Leben. Die Unglücksmaschine steht heute im Besucherpark des Flughafens München. Eine Geschmacklosigkeit? Beim ADAC ist man anderer Meinung.

Von Susi Wimmer

Der gelbe Hubschrauber neigt sich in der Luft, die Rotorblätter ragen in den blauen Himmel, "Christoph I" steht an der Einstiegstür: Der ausgemusterte ADAC-Helikopter, der seit 2006 am Münchner Flughafen ausgestellt ist, gehört zu den Hauptattraktionen des Besucherparks. Für den Automobilclub sind die Maschinen der Baureihe BO 105 von großem historischem Wert. Doch ausgerechnet der dort ausgestellte Hubschrauber hat eine eher unrühmliche Geschichte: Es ist die Maschine, mit der 2003 ein ADAC-Pilot verbotenerweise unter einer Brücke durchgeflogen und bei Uelzen in einen Seitenkanal der Elbe gestürzt war. Ein 36-jähriger Notarzt konnte sich nicht mehr retten und ertrank in dem Wrack.

Das Unglück ereignete sich am 20. Januar 2003. Der ADAC-Rettungshubschrauber Christoph 19, der zu dieser Zeit mit dem Kennzeichen D-HLFB flog, hatte einen Patienten in ein Hamburger Krankenhaus gebracht und befand sich auf dem Rückflug zu seiner Station an der Klinik in Uelzen. An Bord: der 35-jährige Pilot, ein Rettungssanitäter sowie der 36-jährige Notarzt.

Jahre später erklärt der Pilot, ein ehemaliger Bundeswehroffizier, dass man das bei den Heeresfliegern auch immer so gemacht habe: verbotenerweise unter einer Brücke durchfliegen, nur um sein Können zu demonstrieren. Das Manöver misslang, der Rettungshubschrauber stürzte kopfüber ins eisige Wasser. Nur der Sanitäter und der Pilot konnten den Hubschrauber verlassen und sich an das Ufer des Kanals retten.

Vor Gericht schilderte der Pilot, wie er zwei Mal versucht habe, bei einer Lufttemperatur unter null Grad zum Wrack des Rettungshubschraubers hinabzutauchen, die Seitentüre zu öffnen und den Notarzt auf dem Rücksitz zu retten. Vergeblich: Die Tür ging nicht auf, der 36-Jährige, Vater von zwei kleinen Kindern, ertrank. Im September 2005 wurde der Pilot zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt - und vom ADAC entlassen.

Eine Geschmacklosigkeit?

Der Hubschrauber Christoph 19 war nach dem Absturz nicht mehr flugfähig. Nachdem die Staatsanwaltschaft ihn nach diversen Untersuchungen wieder freigegeben hatte, bekam er das neue Kennzeichen D-HILF und wurde am 17. August 2006 offiziell dem Münchner Flughafen "als weitere Attraktion" zur Verfügung gestellt; Familien können im Besucherpark auch Flug-Oldtimer vom Typ Ju-52 und Super Constellation bewundern.

Eine Geschmacklosigkeit? Um das Jahr 2006 herum sei die gesamte BO-105-Flotte durch neue Hubschrauber ersetzt worden, sagt ADAC-Sprecher Jürgen Grieving. Die meisten ausrangierten Modelle wurden verkauft, einige fanden als Ausstellungsstücke Verwendung. Grievieng sieht in dem ausgestellten Hubschrauber eher den Symbolcharakter, egal, "was durch diesen Hubschrauber auch immer an Gutem oder Schrecklichem passiert ist". Er solle an die Pionierzeit der Luftrettung erinnern und auf deren Notwendigkeit hinweisen. "Viele Patienten verdanken ihr Leben und ihre Gesundheit der Luftrettung", sagt der ADAC-Sprecher. "Wir sind davon überzeugt, dass wir diesen engagierten Notarzt damit auch ehren." Leben und Tod gehörten zum täglichen Rettungsdienst. "Es geht nicht darum, in welcher Maschine der Notarzt starb, sondern dass er starb - und das war und ist für uns alle in der Luftrettung furchtbar."

Der ADAC bringe allen Unfallopfern der Luftrettung Pietät entgegen, betont Grieving. Wie die Witwe des verstorbenen Notarztes zu dem Ausstellungsstück steht, ist nicht bekannt. Sie war damals ebenfalls Notärztin in einem ADAC-Helikopter.

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