Oper:Auf der Suche nach neuen Männerrollen

Oper: "Achill unter den Mädchen" - und unter großen Masken: die Bühne im Prinzregententheater.

"Achill unter den Mädchen" - und unter großen Masken: die Bühne im Prinzregententheater.

(Foto: Cordula Treml)

"Achill unter den Mädchen": Das Münchner Rundfunkorchester und Studierende der Theaterakademie August Everding führen die Oper von Wolfgang-Andreas Schultz im Prinzregententheater auf.

Von Klaus Kalchschmid

Drei riesige Masken aus Pappmaché, jede mit Augen, Mund und Nase anders geformt, bilden als Anspielung auf antikes Theater über schräg verkanteten Spielflächen im Prinzregententheater die Bühne für "Achill unter den Mädchen" (Ausstattung: Jürgen Franz Kirner). Wolfgang-Andreas Schultz komponierte seine Oper 1997 nach einem Libretto von Hanns-Josef Ortheil für Kassel, jetzt erlebt sie mit dem Münchner Rundfunkorchester und Studierenden der Theaterakademie August Everding in Anwesenheit des Komponisten ihre zweite Produktion, inszeniert von Franziska Severin.

Zur Handlung: Achill wird auf der Insel Skyros unter Mädchen versteckt, weil seinen Eltern prophezeit wurde, er würde im Krieg sterben. Dort verliebt er sich in Deidamia, wird sich seiner Männlichkeit immer bewusster und von Odysseus verführt, mit ihm in den Trojanischen Krieg zu ziehen.

Elmar Hauser ist mit wunderbar entspanntem Countertenor dieser junge, androgyne, vielleicht noch pubertierende Mann, der mit seinen langen Haaren ein bisschen aussieht wie Brad Pitt in "Troja". Anfangs noch versonnen Blumen pflückend fühlt er sich in Mädchenkleidern zunehmend unwohl, zumal er Deidamia gerne körperlich näherkommen möchte und immer zudringlicher wird. Klara Brockhaus singt mit feinen Farben ihres hohen Mezzos eine selbstbewusste Frau, nahezu in der gleichen Stimmlage wie er. Das führt zu schönen, sich umschmeichelnden Arabesken in manchen Duetten der beiden.

Überhaupt besitzt die Musik von Schultz große Eleganz und Geschmeidigkeit im Instrumentalen wie in den fein ziselierten Vokallinien, wirkt oftmals allerdings etwas kleinteilig und gibt sich nur selten leidenschaftlicher oder gar dramatisch. Fast alles spielt sich dynamisch im Bereich vom dreifachen Piano bis höchstens Mezzoforte ab. Im zweiten Teil schärft sich das Geschehen allerdings auch in der Instrumentierung mit schönen Soli, etwa einer Viola d'amore oder der Bassklarinette als Leitinstrument für Odysseus und bekommt mit dem nun häufiger benutzten tiefen Register des Orchesters auch mehr musikalische Tiefenschärfe. Wenn die Mädchen und Achill "Acis und Galatea" aufführen, dann komponiert Schultz raffiniert im Stile des späten Richard Strauss.

Oper: Hat diese Liebe eine Chance? Elmar Hauser als Achill und Klara Brockhaus als Deidamia.

Hat diese Liebe eine Chance? Elmar Hauser als Achill und Klara Brockhaus als Deidamia.

(Foto: Cordula Treml)

Die Partien für die jungen Sängerinnen und Sänger sind ebenso anspruchsvoll wie dankbar. Henrike Legner füllt ihre Koloratursopran-Partie der schnippischen Nerea mit großer Flexibilität und Virtuosität ganz lupenrein aus. Manuel Winckhler stattet den Lykomedes mit sonorer Bassbariton-Gewalt aus, Isaac Tolley ist ein kernig baritonaler Odysseus, der glaubt, allein sein Status als Krieger mache ihn schon erotisch unwiderstehlich, während Haozhou Hu einmal mehr als sein Begleiter Phönix den spielfreudigen Charaktertenor gibt, der den Mädchen mit dreistem Charme auf die Pelle rückt. Katya Semenisty, Elisabeth Freyhoff und Harpa Ósk Björnsdóttir schweben ganz in Schwarz mit Sonnenbrillen wie eine moderne Persiflage der Parzen durch die Oper.

Das Münchner Rundfunkorchester gibt mit Oliver Tardy am Pult der mit vielen Pastellfarben angereicherten, beinahe impressionistisch angehauchten, selten dissonanten Partitur viel Anmut und Luft.

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