"Abschiedssaufen" in München:Polizei ermittelt 40 S-Bahn-Randalierer

Die Jugendlichen wollten das Alkoholverbot in der Münchner S-Bahn mit einer Riesenparty in den Zügen begrüßen - doch die Feier eskalierte. Nun hat die Polizei 40 Randalierer ermittelt. Einige hatten sich zu offensichtlich auf Facebook mit ihren Taten gebrüstet.

Marco Völklein

Sie hatten Leuchtstoffröhren zerschlagen, Fenster zerstört und Wandverkleidungen eingedrückt - Mitte Dezember hatten etwa 2000 Jugendliche am sogenannten S-Bahn-Abschiedstrinken teilgenommen.

Einige Randalierer hatten dabei die Grenzen überschritten: Am Ende der Nacht waren 50 Züge beschädigt und die Bahn hatte einen Schaden von 230.000 Euro zu beklagen. Mittlerweile hat die Bundespolizei knapp 40 Beschuldigte ermittelt. Zu der Aktion hatten sich die Jugendlichen damals über das Internet verabredet. Anlass war das Alkoholkonsumverbot, das seit Mitte Dezember in den Zügen der S-Bahn gilt.

Vor allem durch das umfangreiche Videomaterial aus den Überwachungskameras in den S-Bahnen konnte die zehnköpfige Ermittlergruppe die Randalierer ausfindig machen. "Da hilft kein Abstreiten mehr", sagt Berti Habelt von der Bundespolizei. "Der Videobeweis ist in der Regel eindeutig." Neben den Videodateien hätten auch Zeugenaussagen und Einträge im Internet (etwa bei Facebook) die Ermittler auf die Spur gebracht, sagt Habelt.

So hätten sich beispielsweise einige Randalierer im Internet für ihre Taten gebrüstet oder seien von Freunden auf den Facebook-Seiten "regelrecht beglückwünscht" worden für ihre Taten.

Die meisten Beschuldigten werden sich nun wegen Sachbeschädigung, einige auch wegen Beleidigung verantworten müssen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft München I "soll es auch zu Widerstandshandlungen gegenüber den eingesetzten Polizeikräften gekommen sein", so Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch auf Anfrage der SZ.

Derzeit laufen noch die weiteren Ermittlungen der Staatsanwälte. Ein "Großteil" davon richte sich gegen Jugendliche, sagt Steinkraus-Koch. Da Jugendliche im Strafrecht unter speziellem Schutz stehen, hält sich die Staatsanwaltschaft mit konkreten Angaben zurück.

Auch zu möglichen Strafen, die auf die Randalierer zukommen könnten, macht Steinkraus-Koch keine Angaben. Nach den derzeitigen Ermittlungen gehe man aber "in der Mehrzahl der Fälle von einem strafrechtlich relevanten Verhalten im unteren Bereich" aus.

Zudem ist es bei Jugendlichen so, dass die Münchner Staatsanwälte die Verfahren an die für den Wohnort der Beschuldigten zuständigen Staatsanwaltschaften abgibt - viele Teilnehmer des "S-Bahn-Abschiedstrinkens" im Dezember waren aus dem Umland in die Innenstadt gefahren, um dann in den Zügen auf der S-Bahn-Stammstrecke zwischen Ostbahnhof und Hackerbrücke hin- und herzupendeln.

Die Deutsche Bahn als Betreiberin der S-Bahn hat nach Angaben eines Sprechers Strafantrag gegen die Randalierer gestellt - auch um damit Ansprüche als Eigentümer der beschädigten Züge zu wahren und um zu signalisieren, dass die Verursacher für die Schäden werden haften müssen.

Allerdings wird sich der Konzern von den Randalierern voraussichtlich wohl nicht den gesamten Schaden ersetzen lassen können. Für zerschlagene Scheiben oder heruntergerissene Lampenverkleidungen werden die Verursacher aufkommen müssen, sofern sie für ihre Vergehen verurteilt werden. Auch die Arbeitskosten für die Instandsetzung will die Bahn in Rechnung stellen.

Allerdings musste der Konzern in der Woche nach dem Randaleabend zahlreiche Züge ausfallen lassen - wegen der teils aufwendigen Instandsetzungsarbeiten standen nicht genügend Fahrzeuge zur Verfügung. Für diese Zugausfälle erhielt die Bahn daraufhin keine Zahlungen vom Freistaat; die weggefallenen Einnahmen dürften ein Großteil der Schadenssumme sein. Diese Ausfälle auf die Randalierer umzulegen, wird nach Einschätzung von Rechtsexperten wohl nicht möglich sein.

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