Abrisshaus in der Müllerstraße 6:Sieg für die Gorillas

Goldgrund an der Müllerstraße 6

Ein markantes Gebäude, das eigentlich dem Abbruch geweiht war: Nun darf das Haus an der Müllerstraße 6 erstmal stehen bleiben.

(Foto: Jakob Berr)

Als Gorillas verkleidet haben Künstler und Sportler ihren Protest gestartet und die Stadt zum Umdenken bewogen: Das zum Abriss vorgesehene Haus in der Müllerstraße 6 wird nun doch saniert. Und der wohl berühmteste Bolzplatz in der Innenstadt ist gerettet.

Von Thomas Anlauf

Es ist wohl Bayerns berühmtester Bolzplatz: Seit sich aktive und ehemalige Fußballstars wie Bastian Schweinsteiger und Paul Breitner, die Musiker der Sportfreunde Stiller und Kabarettisten wie Dieter Hildebrandt für die Spielfläche der Glockenbachwerkstatt stark gemacht haben, steht der Hinterhof in der Münchner Altstadt ganz oben auf der politischen Agenda des Stadtrats. Ausgerechnet einem städtischen Neubau sollte der Bolzplatz weichen - die vermeintlich maroden Häuser der Müllerstraße 2 bis 6 dafür abgerissen werden.

Doch dann kamen die Promi-Aktivisten von Goldgrund, renovierten kurzerhand dort eine leer stehende Wohnung und heizten damit die politische Diskussion über städtischen Leerstand an. Neun Monate sind seither vergangen. Jetzt gibt es eine überraschende Wendung: Das marode Haus an der Müllerstraße 6 kann doch saniert werden - und der letzte Bolzplatz in der Innenstadt damit gerettet.

Das zuständige Kommunalreferat gab sich dazu zunächst äußerst bedeckt. Sicher sei, dass in einer der nächsten Sitzungen des Kommunalausschusses über das Konzept für Müllerstraße und Bolzplatz abgestimmt werden soll - auf jeden Fall noch vor der Kommunalwahl am 16. März.

Nach SZ-Anfragen berief Kommunalreferent Axel Markwardt am Freitagnachmittag plötzlich eine Pressekonferenz ein. Er bestätigte Informationen, wonach das markante Eckhaus an der Müllerstraße 6 nun doch saniert werden soll. Die beiden angrenzenden Häuser werden jedoch abgerissen und durch einen städtischen Neubau mit sozial geförderten Wohnungen ersetzt.

23 neue Wohnungen sollen entstehen

Insgesamt werden bei dieser Variante auf 862 Quadratmetern Wohnfläche 23 Wohnungen entstehen. Die Baukosten belaufen sich nach Schätzungen von Architekt Thomas Jocher auf knapp 5,1 Millionen Euro, dazu kommen noch Kosten für die Planung und für die Architekten. Voraussichtlich am 6. Februar soll der Stadtrat darüber abstimmen.

Sabine Nallinger, OB-Kandidaten der Grünen, war von den Ergebnissen der neunmonatigen Prüfung im Rahmen eines Gesprächs mit Stadtspitze und Koalition Ende Dezember informiert worden. "Es ist wirtschaftlich möglich und sinnvoll, die Müllerstraße 6 zu sanieren", sagte sie bereits am Donnerstag der SZ. Das Haus habe sich nach ihren Informationen als "erhaltenswert" herausgestellt. Nallinger begrüßt diese Entwicklung. Im Juni hatten die Grünen in einem Antrag gefordert, die Müllerstraße 6 zu erhalten und zu sanieren anstatt abzureißen. "Wir haben immer wieder darauf gedrängt", sagte Nallinger: "Die Anstrengung hat sich gelohnt."

Grundsaniert und wieder bewohnt

Mit der Guerilla-Sanierung einer Wohnung in der Müllerstraße 6 durch die Goldgrund-Aktivisten um Till Hofmann Anfang März 2013 wollten die prominenten Hausbesetzer zeigen, dass das Eckhaus aus den Fünfzigerjahren durchaus erhalten werden kann. Mehrere Münchner Architekten fordern seither sogar, das Haus unter Denkmalschutz zu stellen.

Oberbürgermeister Christian Ude hatte nach der medienwirksamen Sanierungsaktion seiner Verwaltung "jahrelange Untätigkeit" vorgeworfen und gefordert, die leer stehenden Wohnungen in dem Haus "unverzüglich" zu sanieren. Das ist mittlerweile geschehen. Kurz vor Weihnachten sei die letzte der neun Wohnungen der Müllerstraße 6 so weit grundsaniert worden, dass dort zumindest eine Zwischennutzung möglich ist, sagt Frank Boos, Sprecher des Sozialreferats.

Das Haus ist nun von anerkannten Asylbewerbern bewohnt, und eine Flüchtlingsfamilie ist dort untergekommen. Auch eine reguläre Mietpartei wohnt noch in dem Gebäude. Bei einer Generalsanierung müssen die derzeitigen Bewohner die Wohnungen verlassen. Allerdings rechnet Kommunalreferent Markwardt mit einem Beginn der Generalsanierung und des Neubaus frühestens in einem Jahr.

Rettung für den Bolzplatz

Durch die favorisierte Planungsvariante kann auch der benachbarte Bolzplatz der Glockenbachwerkstatt erhalten bleiben. Dafür hatten sich zuletzt alle Rathausfraktionen ausgesprochen, allerdings gab es Überlegungen, die Spielfläche an anderer Stelle wieder zu errichten. "Der Bolzplatz war eine heikle Angelegenheit", sagte Architekt Jocher am Freitag. "Wir planen schon um den Bolzplatz herum."

Anwohner und Goldgrund-Aktivisten stehen mit ihren Forderungen nun kurz vor dem Ziel. Auch der zuständige Bezirksausschuss-Vorsitzende Wolfgang Püschel (SPD) atmet auf: "Wir können zufrieden sein. Das ist die richtige Lösung."

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