Abreise vom Oktoberfest:Hacker dicht

Oktoberfest-Besucher auf der Hackerbrücke.

Partyhits aus dem "Lau-KW" (r.): Die Polizei zeigt zur Wiesn Präsenz auf der Hackerbrücke in München.

(Foto: Stephan Rumpf)

"Menschen, die tanzen, schlägern nicht": Wenn tausende Wiesn-Heimkehrer über die Hackerbrücke zur S-Bahn strömen, ist die Bundespolizei in Alarmbereitschaft. Doch die Beamten wissen, wie man die Massen bei Laune hält: mit Oktoberfest-Hits aus dem "Lau-KW".

Von Marco Völklein

Eigentlich wirkt Uwe Ludwig gar nicht wie ein Polizist. Klar, der Mann trägt die blaue Uniform der Bundespolizei, dazu ein dunkles Dienstkäppi, und auf der gelben Warnweste, die er sich um den Oberkörper geschlungen hat, prangt groß die Aufschrift "Polizei".

Und dennoch steht Ludwig, 54 Jahre alt, lässig mit einem Mikrofon in der Hand mitten unter den gut gelaunten Wiesn-Gästen auf der Hackerbrücke und sorgt eher für gute Stimmung als für Recht und Ordnung. Aus den Lautsprechern auf dem Dach des Polizeibusses dröhnen Oktoberfest-Hits. Und Ludwig wünscht per Durchsage den Leuten immer wieder "einen schönen Aufenthalt auf dem Münchner Oktoberfest".

Seit drei Jahren setzen Bundespolizei und Deutsche Bahn an der Hackerbrücke auf Ludwig und seinen "Lautsprecherkraftwagen", den "Lau-KW", wie er im Behördendeutsch heißt. Der S-Bahnhof ist einer der Brennpunkte beim An- und Abtransport der Festgäste. Insbesondere Besucher aus dem Münchner Umland strömen am Abend, wenn die Zelte geschlossen werden, in Massen auf die Brücke und den Bahnsteig. Dann haben Ludwig und seine Kollegen alle Hände voll zu tun.

Allein 100 Bundespolizisten sind jeden Abend auf der Brücke im Einsatz; zudem bietet die Bahn fast 60 Sicherheitsleute und Abfertiger auf, um den S-Bahn-Betrieb einigermaßen am Laufen zu halten. 600 zusätzliche S-Bahnen hat der Freistaat bestellt, um die Wiesn-Besucher auch noch spät in der Nacht nach Hause zu transportieren. Fast im Minutentakt fahren die Züge an der Hackerbrücke ein. Da ist es an Uwe Ludwig und seinen Kollegen, die Sicherheit der vielen, oft nicht mehr nüchternen Fahrgäste zu garantieren.

Der Lau-KW spielt dabei eine zentrale Rolle. Mit ihren Durchsagen fordern die Polizisten die Besucher immer wieder auf, möglichst in die nächste S-Bahn einzusteigen, die einfährt, dann zwei oder drei Stationen zu warten - und erst dort in die richtige Linie umzusteigen, die sie zu ihrem Zielort bringt. Das sorgt für einen "rascheren Abfluss" der Passagiere, erklärt Jürgen Vanselow, der Chef der Bundespolizeiinspektion. Und schafft Platz auf dem Bahnsteig für die nächsten Passagiere, die schon von der Festwiese her anrücken.

Denn insbesondere an den Wochenenden wird es an der Hackerbrücke auch mal mehr als eng. Wenn unten auf dem Bahnsteig gar nichts mehr geht, schickt Vanselow seine Leute an den Südkopf der Hackerbrücke - und macht den Zugang erstmal dicht. Dann sind auch Uwe Ludwig und sein Lau-KW gefordert und müssen die Besucher per Durchsage informieren und mit Musik bei Laune halten.

Die "Blockabfertigung" hat sich bewährt

Der Einsatzplan für die Hackerbrücke.

Bewährtes System: Mit diesem Plan organisiert die Polizei ihre Einsätze auf der Hackerbrücke.

(Foto: Stephan Rumpf)

Das soll "das Aggressionspotenzial mindern", sagt Vanselow. "Menschen, die tanzen, schlägern nicht." Die Polizisten geben dann die Brücke immer nur für kurze Zeit frei, sodass einige Hundert Oktoberfest-Heimfahrer zum Bahnsteig gelangen können, anschließend wird wieder abgesperrt. Seit drei Jahren mache man diese "Blockabfertigung", sagt Vanselow. "Und sie hat sich, insbesondere bei starkem Andrang, bewährt."

Ganz ähnlich handhaben es die Sicherheitsleute der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) am U-Bahnhof Theresienwiese. Insbesondere nach Zeltschluss machen auch sie regelmäßig für kurze Zeit die Station dicht, um zu verhindern, dass der Bahnsteig "überläuft". Heuer mussten sie schon 30-mal die Tore schließen.

Das sei "leicht unter dem Niveau" des Vorjahres, sagt ein Sprecher. Aber: Erfahrungsgemäß wird es vom mittleren Wochenende an voller auf der Wiesn - und damit auch in den Bahnhöfen und Zügen. Der Feiertag nächste Woche dürfte einen zusätzlichen Besucherschwung bringen, glaubt auch Vanselow.

Um den Druck von U- und S-Bahn zu nehmen, bitten die Verkehrsunternehmen die Besucher, den Weg vom Hauptbahnhof zur Festwiese und zurück zu Fuß zu gehen. Azubis der Bahn verteilen extra Handzettel, auf denen der Weg aufgezeichnet ist. Und? Wird der angenommen? "Das lässt sich schwer sagen", räumt Bahn-Manager Heiko Hamann ein. Bei den Besuchermassen verliere man leicht mal den Überblick.

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