Abmahnung:Des Kindls reine Seele

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Wodka-Lieferservice darf Münchner Stadtwappen nicht für Werbung nutzen

Von Heiner Effern

Natürlich hat München, Stadt des Biers und Fahnenträgerin des Reinheitsgebots, ein fast kulturelles Verhältnis zum Alkohol. Wer traditionell zum größten organisierten Trinkgelage der Welt einlädt, darf es nicht zu genau nehmen mit den Warnungen von Sucht- und Drogenberatern. Wenn ein Getränkeservice auf einem Flyer anbietet, auch in der Nacht mal schnell 100 Flaschen Wodka zu liefern, ist das per se natürlich kein Skandal. Aber was, wenn dieser auf dem entsprechenden Flyer mit dem Münchner Stadtwappen wirbt?

Dann wird es höchste Zeit, dass die Politik eingreift. Findet jedenfalls die SPD. Wenn jetzt aber der Reflex hochkommen sollte, typisch, diese Spaßbremsen-Genossen, von wegen Wodka, Sorgen um Jugendliche und so, dann sofort: Stopp! Hier geht es ums Geschäft: "So ein ehrwürdiges Symbol darf nicht dadurch entwertet werden, dass es für kommerzielle Produkte oder Services als Werbegag herhalten muss", erklärt Alexander Reissl, Fraktionschef der SPD. Das Wappen mit dem Münchner Kindl sei schließlich eine geschützte Marke. Eine kommerzielle Nutzung werde nur genehmigt, wenn die im Interesse der Stadt liege. "Wir bezweifeln jedoch, dass die Stadt ein eigenes Interesse daran hat, dass die Münchnerinnen und Münchner daheim mit Wodka oder Zigaretten versorgt werden."

Deshalb will die SPD nun offiziell prüfen lassen, ob die Stadt gegen den Lieferservice vorgehen soll. Sie sieht Parallelen zur Raucherei. Eine Firma, die für eine "Stadtzigarette" mit dem Namen München sowie der Stadtsilhouette wirbt, sei schon abgemahnt worden. Nun verwendet eine Firma sogar den kleinen Kuttenträger. "Schon seit dem Mittelalter ist der Mönch, als Urfigur des Münchner Kindls, auf städtischen Siegeln oder Flaggen zu finden", betont die SPD seine Bedeutung.

Auf dem Flyer des Lieferservices wird er künftig nicht mehr sein. War ein Fehler, sagt die Firma, wird abgestellt. So wird das ehrwürdige Symbol nur noch einmal im Jahr für Alkohol werben. Wenn ein junges Mädchen in die Kutte des Mönchs schlüpft und mit einer Mass Bier in der Hand beim Wiesnumzug mitreitet. Dass auf den Krug ein paar Logos von nicht ausschließlich städtischen Großbrauereien prangen, ist natürlich keine Werbung. Sondern Kultur.

© SZ vom 27.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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