Abfallwirtschaftsbetrieb:Stadt hat Chefposten unrechtmäßig vergeben

Entsorgung des Restmülls in München von der Abholung vor der Haustüre bis zur Verbrennung im Heizkraftwerk Unterföhring

Warten auf einen neuen Chef: Mitarbeiter des Abfallwirtschaftsbetriebs vor der Münchner Oper.

(Foto: Florian Peljak)
  • Der bayerische Verwaltungsgerichtshof stoppt die Besetzung der Stelle des zweiten Werkleiters beim Abfallwirtschaftsbetrieb München.
  • Bei der Vergabe der Stelle habe sich der Stadtrat über dienstliche Beurteilungen hinweg gesetzt, so das Urteil.
  • Das Rathaus will trotz der erneuten Niederlage vor Gericht an der Entscheidung festhalten.

Von Stephan Handel

Die Stadt ist endgültig gescheitert mit ihrem Versuch, eine Bewerberin auf den Chefposten des Abfallwirtschaftbetriebs München (AWM) zu berufen. Der bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat die Beschwerden der Bewerberin und der Stadt gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts verworfen. Dort hatte der bisherige stellvertretende AWM-Leiter gegen die Stadt und ihr Auswahlverfahren geklagt und gewonnen.

Im Sommer 2017 hatte die Stadt die vermeintliche Nachfolgerin von Helmut Schmidt präsentiert, der den AWM seit 2002 leitete: Sabine Schulz-Hammerl, in dem städtischen Unternehmen bestens bekannt als ehemalige Leiterin der Abteilung Marketing und Vertrieb, zu dem Zeitpunkt beschäftigt als Leiterin der Stabsstelle Kommunikation und Strategie im Deutschen Museum. Schulz-Hammerl hatte das Bewerbungsverfahren durchlaufen, sich vor einer Auswahl-Kommission und dem Werkausschuss des Stadtrats vorgestellt und war schließlich ausgewählt worden.

Allerdings nicht auf rechtmäßige Weise, fand schon im November 2017 das Verwaltungsgericht und fand nun auch in zweiter Instanz der Verwaltungsgerichtshof. Geklagt hatte Heino Jahn, ebenfalls langjähriger AWM-Mitarbeiter und zweiter Mann hinter Helmut Schmidt. Er hatte sich ebenfalls um dessen Nachfolge beworben und fühlte sich ungerecht behandelt. Die Gerichte in erster und in zweiter Instanz gaben seiner Klage recht. "Sie attestieren der Stadt", sagt Jahns Anwalt Gerd Tersteegen, "nicht nur einen, sondern gleich zwei kapitale Fehler." Und diese beiden Fehler könnten Auswirkungen auf die gesamte künftige Ausschreibungspraxis haben.

Fehler Nummer eins: Die Kriterien, nach denen Schulz-Hammerl den Vorzug vor Jahn erhielt, sind nicht exakt protokolliert. Vielmehr stellt die Sitzungsvorlage für die Stadtrats-Vollversammlung vom 28. Juni 2017, in der über die Angelegenheit entschieden wurde, nur fest, Schulz-Hammerl habe "substantiiertere Antworten" gegeben als ihre Mitbewerber, ohne jedoch auszuführen, worin denn die überlegene Substanz zu finden gewesen sei. Das, so befand das Gericht, nehme dem unterlegenen Bewerber die Möglichkeit, die Entscheidung zu überprüfen und zu untersuchen, ob ein Vorgehen dagegen sinnvoll sei. Das Gleiche gelte dann auch für das Gericht: Die Einschätzung, Schulz-Hammerl entspreche besser den Kriterien der Ausschreibung, könne "vom Senat nicht auf Plausibilität überprüft werden".

Schwerer als dieses relativ leicht zu behebende Manko dürfte die Stadt der zweite Fehler treffen, der ihr in dem Beschluss aufgezeigt wird: Sie darf sich nicht einfach per Stadtratsbeschluss über dienstliche Beurteilungen hinwegsetzen. Im aktuellen Fall hatte Heino Jahn stets allerbeste Beurteilungen bekommen. Sabine Schulz-Hammerl zwar auch - Jahn stand jedoch im Status über ihr und hätte deshalb den Vorrang vor ihr bekommen müssen. Diese Reihenfolge muss eingehalten werden - in den Worten des Gerichts: "Die alleinige Heranziehung des Ergebnisses des Auswahlverfahrens würde die Beurteilungen andernfalls zur Marginalie machen."

Alexander Dietrich, Personalreferent der Stadt München, findet in dem Beschluss "mehr Licht als Schatten": Der Verwaltungsgerichtshof habe die Entscheidung der ersten Instanz in wichtigen Punkten korrigiert. So sei es der Stadt auch weiterhin möglich, Auswahlgespräche zu führen - und zwar nicht nur, wie das Verwaltungsgericht meinte, bei Gleichstand in der dienstlichen Beurteilung zweier Bewerber. Auch der Umgang mit externen Bewerbern könne nun klarer geregelt werden. Die Stadt werde, so Dietrich, ihre Richtlinien überarbeiten und unter anderem festschreiben, wie dienstliche Beurteilungen und Arbeitszeugnisse zueinander zu gewichten sind. Im Fall AWM hält die Stadt an ihrer Entscheidung für Sabine Schulz-Hammerl fest: "Wir werden im Kontakt mit Herrn Jahn und seinem Anwalt nach einer konsensualen Lösung suchen", sagt Dietrich.

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