Abenteuer:Ohne Geld nach Irgendwo

Abenteuer: Der hohe Norden ist das Ziel: Denise Ludwig will es zusammen mit ihrem Bruder Richard ohne Geld bis Finnland schaffen.

Der hohe Norden ist das Ziel: Denise Ludwig will es zusammen mit ihrem Bruder Richard ohne Geld bis Finnland schaffen.

(Foto: Catherina Hess)

Beim Wettbewerb "Breakout" geht es darum, möglichst weit von München wegzukommen, ohne dafür zu bezahlen. Jeder Kilometer in die Ferne wird mit Spenden für die Flüchtlingshilfe belohnt

Von Simon Schramm

Wenn am 3. Juni um 9 Uhr am Geschwister-Scholl-Platz der Startschuss zum "Breakout"-Wettbewerb fällt, werden die Geschwister Denise und Richard Ludwig als erstes einfach nur losrennen, so schnell es geht. Die Leopoldstraße entlang, ab zur Hohenzollernstraße und von dort bis zur Dachauer. Dann bis zu der Kreuzung zur Autobahn, denn da gibt es einen wichtigen Ort, den Denise schon ausgekundschaftet hat: Die Stelle, an der die Tramper stehen. Richard und Denise haben sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Innerhalb von 36 Stunden wollen sie bis nach Finnland trampen, Minimum. "Wenn wir vor Ablauf der Frist noch Zeit haben, fahren wir weiter", sagt Denise, 22. "Wenn wir mitmachen, wollen wir gewinnen."

Der "Breakout"-Wettbewerb hat ein Ziel: Sich möglichst weit von München entfernen, nein, von ganz Deutschland, denn wer die weiteste Entfernung schafft, gewinnt nicht nur, sondern hat sogar einen guten Zweck erfüllt. Darin liegt der Clou dieses "Ausbruchs". Die Zweier-Teams suchen sich Sponsoren, die jeden zurückgelegten Kilometer mit einer Spende belohnen. Nur eine Regel gibt es: für die Reise kein Geld auszugeben. Das Geld geht an das Dafi-Projekt der Uno-Flüchtlingshilfe, ein Stipendienprogramm für Flüchtlinge. Im vergangenen Jahr kamen so 68 987 Euro zusammen. Bei "Breakout" gilt es, den richtigen Zielort auszuwählen. Sich nach Russland aufzumachen, wäre zum Beispiel keine gute Idee, dafür bräuchte man ein Visum. Spanien? "Am Meer ist ja Schluss, da könnte man nur noch mit Schiff reisen", meint Denise. Im Süden befürchtet Denise langwierige Grenzkontrollen. Also in den Norden. Aber nicht über England. "Die Fahrt mit der Fähre schluckt Zeit", sagt Denise. Schon einen Monat vor dem Wettbewerb haben Denise Ambition und Begeisterung gepackt. "Ich freue mich schon seit Wochen darauf." Gewiefte Tramper sind die Geschwister nicht - wegen ihrer Festival-Erfahrung wissen sie aber, wie es ist, Ansprüche zurückzuschrauben. "Und wie man Kompromisse eingeht." Auf eine Taktik haben die Geschwister sich schon geeinigt. "Auf keinen Fall irgendwo übernachten, höchstens im Auto." Eine Eigenschaft, die jeder Tramper grundsätzlich braucht, nämlich Geduld, ist beim "Breakout" ein Hindernis. Vielmehr müssen die Teilnehmer Ideen entwickeln, um die 36 Stunden durchzustehen.

Manche ernähren sich zum Beispiel nur von Erdnussbutter und Brot, der Nährstoffe wegen. Denise wird Raucherpeitschen-Würste und Kuchen einpacken. Wichtig ist auch die Ausrüstung. "Wir nehmen eine Musikbox mit", sagt Denise, und das Handy. Mit der "Breakout"-App kann jeder beobachten, wie die Teams vorankommen. Inspiriert ist "Breakout" von einem ähnlichen Wettbewerb aus England; dort fehlt die Regel, kein Geld auszugeben. Vor zwei Jahren organisierte der Student Robert Darius den ersten "Breakout" in Deutschland. "Wir hatten nicht geplant, dass es so groß wird. Im ersten Jahr hatten wir 24 Teams. Im zweiten waren es 79. Dieses Jahr hoffen wir auf 200."

Wirklich, Denise will diesen Wettbewerb unbedingt gewinnen. Preise gibt es auch für einzelne Kategorien, etwa weiteste Distanz, größte Spende. In welchen dieser Disziplinen will sie vorne landen? "Bei beiden." Für die Sponsoren müssen die Teilnehmer Aufgaben während der Reise erledigen; für ihren Chef etwa wird Denise aus jedem Land eine Postkarte schreiben. Wenn man es dann geschafft hat, tausende Kilometer entfernt im Nirgendwo anzukommen, und seine Aufgaben geschafft hat, dann ist das Abenteuer nicht vorbei, sondern es wartet die letzte Herausforderung: die Rückfahrt. Vielleicht spendiert ein Bekannter Denise und Richard ein Rückflugticket. Oder sie trampen oder nehmen den Zug. Eines ist sicher. "Am 5. Juni müssen wir zu Hause sein", sagt Denise. "Da hat unser Papa Geburtstag."

Am Montag, 9. Mai, um 20 Uhr findet im Vorhoelzer-Forum, Arcisstraße 21, ein Infoabend statt. Die Anmeldung zum "Breakout" läuft bis 15. Mai. Infos unter www.break-out.org.

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