60 Jahre P1:Titanen am Tresen

C-Promis, It-Girls und der Nasen-Mang: Der Münchner Nobelclub P1 wird 60 Jahre alt - ein ABC über Deutschlands berühmteste Disco.

Christian Mayer

13 Bilder

-

Quelle: SZ

1 / 13

Es waren die Amerikaner, die im Haus der Kunst vor genau 60 Jahren einen Offiziersclub einrichteten, aus dem später Deutschlands bekannteste Diskothek wurde. Prinzregentenstraße 1, diesen Zungenbrecher konnten die Gäste nie so richtig aussprechen, und so wurde aus dem Offiziersclub das "P-One". Seinen Ruf als exklusive Prominenten-Ausstellungsstätte erwarb sich das P1 aber erst unter der Regentschaft von Michael Käfer, der Anfang der achtziger Jahre den Club nach New Yorker Vorbild umbauen ließ und finstere Türsteher am Eingang postierte. Generationen von Hedonisten haben sich seitdem am "Oanser" abgearbeitet; es ist schon lange cool, über den Niedergang des P1 zu schimpfen, auch wenn man noch nie drin war. Für alle, die dieses Schicksal teilen, hier eine kleine Club-Geschichte von A bis Z.

Foto: Rumpf

-

Quelle: SZ

2 / 13

Alecco: Legendärer ehemaliger Besitzer eines Nachtclubs namens "Künstleratelier" im Haus der Kunst, der in den sechziger Jahren die Schickeria bewirtete. Auf Alecco beruft sich der P1-Mythos, weil der griechische Gastronom viele Promis und Sprüche kannte. Beispiel: "In zu sein ist eine momentane Erscheinung. Der Beste zu sein, ist eine Kunst."

Bayern-Spieler: Schon Lothar Matthäus kam gerne, Effenberg und Kahn fühlten sich hier wie zuhause, und ihre Nachfolger im Vip-Bereich heißen Massimo Oddo und Luca Toni. Der FCB und der P1 bilden schon lange eine strategische Allianz, und es hat schon Tradition, hier auf den Titel anzustoßen. Manche Spieler trieben es zuweilen etwas zu bunt - siehe auch Effe und Oliver Kahn.

Foto: dpa

-

Quelle: SZ

3 / 13

C-Promi: Immer gerne gesehen, weil sich nur der C-Promi so richtig daneben benehmen kann. Er hat keinen Ruf zu verlieren, weil er keinen hat, beansprucht aber First-Class-Behandlung, weil er Ende der neunziger Jahre im Tatort mitspielen durfte. Der C-Promi kommt nie alleine, sondern stets im Rudel, wenn es gilt, auf Firmenkosten und im Beisein von Fotografen Freigetränke abzugreifen.

Damir: Einer der bekanntesten Türsteher des P1, der später glaubte, sich angesichts seiner unermesslichen Berühmtheit mit dem "Crown's Club" selbstständig machen zu müssen. Die tatsächliche Krönung war das Buch "Members only - Bekenntnisse eines P1-Türstehers". Damir Fister, so sein voller Name, war stets stolz darauf, an der "härtesten Tür Deutschlands" zu stehen - dafür wurde er von den Abgewiesenen gehasst und von den Eingewiesenen belächelt.

Foto: SZ

-

Quelle: SZ

4 / 13

Effe oder Effenberg, Stefan: willensstarker Bayern-Regisseur und Champions-League-Gewinner. Als P1-Gast gelegentlich unberechenbar. Einmal soll Effe sauer geworden sein, weil eine englische Ärztin auf seinem Platz saß, und als ein herzhaftes "Verpiss Dich" nicht fruchtete, soll er der Dame eine gelangt haben. Als "Watschn-Affäre" trug die Sache zum Ruhm des P1 bei und erleichterte Effenberg um 147000 Mark - so viel kostete ihn die Einstellung des Verfahrens.

Freigetränk: War früher die leichteste Sache der Welt, als ältere Herren den jungen Hasen Drinks spendierten. Der Typus Flavio Briatore steht im juvenilen P1 inzwischen unter Artenschutz, immerhin kommt manchmal Boris Becker vorbei, der hier einst seine Modekollektion mit "BB Retro Court" vorstellte. Ein Freigetränk auf Lebenszeit genießen alle Retro-Frauen, die mal irgendwie mit Boris Becker zusammen waren.

Foto: Haas

-

Quelle: SZ

5 / 13

Gunschmann, Klaus: Als Geschäftsführer, Sponsorenbetreuer und Oberaufseher 15 Jahre lang schier unersetzbar. Im Januar 2009 zog sich Gunschmann jedoch aus dem operativen Club-Geschäft zurück.

Haus der Kunst: Der vom Architekten Paul Ludwig Troost im neoklassizistischen Stil entworfene Kunsttempel wurde 1937 von Adolf Hitler persönlich eingeweiht und spielte in der NS-Zeit eine unrühmliche Rolle. Heute widmet sich das Museum unter Chris Dercon erfolgreich der Gegenwartskunst. Das P1 ist hier nur Untermieter und muss alle paar Jahre mit der Stiftung des Hauses über eine Vertragsverlängerung verhandeln.

Foto: Heddergott

-

Quelle: SZ

6 / 13

It-Girl: Gab es im P1 schon zu einer Zeit, als Paris Hilton noch Windeln trug. Das Münchner It-Girl präsentierte schon in den achtziger Jahren die passende Sonnenbrille zum Make-Up und stand auf Prada, Promis und Party. Daran hat sich bis heute kaum etwas geändert.

Jagdgebiet: War mal größer, mal kleiner, teilweise musste sogar im Obergeschoss des Hauses gefeiert werden, wenn gerade wieder die Handwerker da waren. Zuletzt erhielt das Jagdgebiet 2003 ein neues Design, als sich Matteo Thun hier verwirklichen durfte und eine neue Clubsofalandschaft sowie Unisex-Waschbecken einführte. Bald wird es wieder einen großen Umbau geben, das P1 erfindet sich schon neu, um ganz das Alte zu bleiben.

Foto: Rumpf

-

Quelle: SZ

7 / 13

Käfer, Michael: früher auch Michi genannt. P1-Eigentümer seit März 1983, als der Erbe des Feinkostunternehmens mit Hilfe seines Vaters Gerd Käfer den Club übernahm, den er gemeinsam mit Franz Rauch bis heute dirigiert.

Landkreis-Schickeria: Kommt meist aus Starnberg, manchmal aus München-Süd, im schlimmsten Fall aus Fürstenfeldbruck. Die Landkreis-Schickis, inzwischen Jahrgang 1990 und jünger, fahren mit den dicksten Autos vor, pöbeln gerne andere Gäste an, haben aber meist einen überziehbaren Dispokredit und viel Durst, was sie für die Barkeeper erträglich macht.

Foto: Rumpf

-

Quelle: SZ

8 / 13

Mythos: Es gibt viele Mythen über das P1, einige entsprechen der Wahrheit, etwa dass Mick Jagger, Puff Daddy, Falco und Albert von Monaco hier Testo-steronspuren hinterließen und Gloria von Thurn und Taxis zum Tanzen kam. Fakt ist: Das P1 wäre ohne Boulevardgeschichten langweilig. Zeit wird's, dass mal wieder ein richtiger Skandal passiert.

Nasen-Mang: Formvollendeter Spitz-Name für den Schönheitschirurgen Werner Mang (Bodenseeklinik!), der früher gerne im Kreise seiner Klienten im P1 feierte, wo heute allerdings eher die Freunde seiner Tochter anzutreffen sind. Viele der jungen Frauen im Stüberl sehen nicht nur nasenmäßig aus, als hätten sie bereits Bekanntschaft mit Werner Mangs operativen Künsten gemacht.

Foto: ddp

-

Quelle: SZ

9 / 13

Oliver Kahn: Viele, viele Nächte verbrachte der stille Titan am Tresen, und Insider waren sich sicher: Der trinkt hier nicht nur, der hält nicht nur Zwiesprache mit sich selbst und seiner Verena, der wohnt hier auch. In einer geheimen Suite mit Guckloch direkt auf die Tanzfläche. Einen treueren und teureren Stammgast jedenfalls konnte es gar nicht geben.

Prinzregentenstraße 1: Eine Adresse, wie sie sich keine Werbeagentur besser ausdenken könnte.

Foto: dpa

-

Quelle: SZ

10 / 13

Queen: Doch, die britischen Musiker waren auch öfter da. Sagt zumindest Michael Käfer, der muss es wissen. Schließlich gingen Freddy Mercury und Co. in München ins Studio - Anfang der achtziger Jahre war die Stadt das Zentrum der Disco-Musik-Produktion.

Reinkommen: War früher schwierig, wenn man nicht jung und schön oder reich und bekannt oder alles zusammen war. Das Reinkommen allein bescherte dem Gast ein Hochgefühl. Inzwischen sind die Türsteher milder oder wahlloser geworden. Schade eigentlich, denn das Warten auf das erlösende Handzeichen war doch das Tollste am ganzen P1.

Foto: Rumpf

-

Quelle: SZ

11 / 13

Sex: Ist schon ein Thema, aber eher beiläufig. Wichtiger sind Gespräche über Autos, Markenklamotten, Blackberry-Probleme und die richtige Wodka-Sorte.

Terrasse: Umsatzstarker Freiluftbereich des Clubs. In Sommernächten drängeln sich die Schickis auf den Außensitzen der Terrasse, die über sechs Bars und einen Holzofengrill verfügt. Edmund Stoiber schwänzte mal seinen eigenen Empfang bei den Opernfestspielen, um sich hier mit der ganzen Familie auf Kosten einer Boulevardzeitung als bester Freund von Kai Diekmann feiern zu lassen. Momentan stehen vor dem Eingang riesige Vasen und Palmen herum, es gibt eine Liegewiese und eine Pagode - solches Zeug braucht man, wenn man 60 wird.

Foto: Heddergott

-

Quelle: SZ

12 / 13

Understatement: Kühl und modern soll die Einrichtung wirken, man spürt den Designerwillen auf jedem Quadratmeter. Bloß kein Kitsch, bloß keine übertriebene Heimeligkeit! Die Statisten zählen bei diesem Konzept mit zur Einrichtung.

VIPS: Wichtig fühlen sich die meisten Gäste, aber richtige Stars sind eher selten anzutreffen - oder wenn, dann werden sie nicht erkannt. Das liegt weniger am P1, sondern vielmehr an der Unwirklichkeit der Prominenten.

Foto: Schellnegger (im Bild: Roberto Blanco und Freundin)

-

Quelle: SZ

13 / 13

Wodka: Bevorzugtes Getränk, wenn man sich vor der inneren Leere in den Rausch flüchten möchte. Am besten den halben Monatsverdienst rausballern und ein paar Flaschen bestellen - das macht Eindruck auf die Mädels!

Zahlen: Für manche ein Problem, falls man nicht Papas Kreditkarte dabei hat. Dann hält man sich eben an einer Flasche Bier fest und hofft, dass es keiner merkt. Andere zahlen mit auffälligen Scheinen und hoffen, dass alle es merken. Im Grunde ist also alles egal, denn wer im Stüberl angekommen ist, verliert ohnehin rasch den Sinn für die Realität.

Foto: ddp

(SZ vom 09.05.2009/Christian Mayer/sonn)

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: