360 Millionen:Die teuren Wege zum Stadion

U-Bahn-Ausbau, Autobahnanschluss: Die Verbindung zur neuen Arena kostet mindestens 360 Millionen.

Dominik Hutter

(SZ vom 22.8.2001) - Eigentlich klingt das gut: Ein nahe gelegener U-Bahnhof, zwei Autobahnen, viel Platz für Parkhäuser - da können die Fußball-Fans getrost in Fröttmaning anrücken. Meint man.

360 Millionen: Drei Wege führen zum neuen Stadion: über die U-Bahn-Station Fröttmaning und über die beiden Autobahn-Ausfahrten an A 9 und A 99. Das Bild zeigt die neue Schalke-Arena.

Drei Wege führen zum neuen Stadion: über die U-Bahn-Station Fröttmaning und über die beiden Autobahn-Ausfahrten an A 9 und A 99. Das Bild zeigt die neue Schalke-Arena.

(Foto: Grafik: SZ)

Tatsächlich ist die Verkehrsanbindung des neuen Stadions höchst problematisch - und teuer: Die offizielle Schätzung der Stadt beläuft sich auf 360Millionen Mark, Kritiker rechnen aber mit 700Millionen und mehr.

Massen-Ansturm nur mit Ausbau zu bewältigen

Grund: Weder die U-Bahn noch die ohnehin staugefährdeten Autobahnen können den fußballerischen Massen-Ansturm so einfach bewältigen, ohne kostspielige Ausbauten geht gar nichts. Und der MVV-Anschluss wird auf jeden Fall schlechter sein als gewohnt:

Selbst nach Bau eines zusätzlichen "Stadion-Sprinters" liegt die Kapazität in Fröttmaning um 20Prozent unter der des Olympiastadions. Das liegt vor allem an der ungünstigen Lage.

Notnagel "Stadion-Sprinter

Während vom Olympiazentrum aus U-Bahn-Röhren zum Hauptbahnhof (U2) und zum Marienplatz (U3) führen, gibt es von Fröttmaning aus lediglich die schon jetzt gut ausgelastete U6. Notnagel wäre der "Stadion-Sprinter", der bereits untersucht wird: von Fröttmaning aus über DB-Nordring und Moosach nonstop zum Hauptbahnhof.

Diese Linie macht allein der Zufall möglich - auf Höhe Freimann befindet sich die einzige Verbindung zwischen U-Bahn- und DB-Netz. Allerdings ist der "Stadion-Sprinter" in den offiziellen Kostenschätzungen nicht enthalten - die 65Millionen Mark kommen noch oben drauf. Zudem gibt es noch kein Fahrzeug:

Mehrere Nadelöhre

Die Spezial-Züge müssten ihren Saft sowohl aus einer 750-Volt-Gleichstromschiene als auch aus der 15000 Volt starken Wechselstrom-Oberleitung der Deutschen Bahn ziehen können. Ein U-Bahn-ähnlicher Takt ist allerdings auf dem von Güterzügen genutzten DB-Nordring nur schwer zu verwirklichen.

Gleich mehrere Nadelöhre gibt es auf der Linie U6. Insbesondere die Stationen Fröttmaning und Marienplatz müssen erweitert werden. Fröttmaning schafft heute maximal zwölf Züge je Stunde - für ein 66000-Zuschauer-Stadion ist das geradezu ein Witz. Über die vier Gleise des Olympiazentrums können stündlich 30Bahnen rattern.

Fröttmaning - dort sollen sowohl U6 als auch "Stadion-Sprinter" halten - müsste für 60Millionen Mark auf vier Gleise ausgebaut werden.

Wie in der Pariser Metro

Am Marienplatz beschleunigt das neue Stadion eine schon länger diskutierte Idee: den Einbau eines Fußgängertunnels zwischen den U-Bahnsteigen, vergleichbar dem System in Pariser Metro-Stationen. Das kostet noch einmal rund 60 Millionen Mark.

Um auf der U6 überhaupt einen stadion-tauglichen Zwei-Minuten-Takt fahren zu können, müssen außerdem Stromversorgung und Signaltechnik aufgemotzt sowie diverse Weichen nachgerüstet werden.

Gut 111 Millionen Mark müssen in neue und breitere Straßen investiert werden - nicht mitgerechnet die Parkhäuser, die die Stadt am liebsten den Fußballvereinen aufs Auge drücken will.

Autobahn mit bis zu zehn Spuren

Das Stadion soll sowohl von der Nürnberger Autobahn (A9) als auch vom Autobahnring Nord (A99) aus erreichbar sein. Dazu muss die bestehende A9-Ausfahrt Fröttmaning auf durchgehend zwei Spuren je Richtung erweitert werden. Die ohnehin für einen Ausbau vorgesehene Autobahn bekäme auf Höhe Stadion bis zu zehn Spuren.

Ein neues Verkehrsleitsystem soll die Autofahrer bevorzugt über eine neue Ausfahrt an der A99 führen, die allerdings nur in Fahrtrichtung Ost gebaut wird (Rückweg in Richtung West). Von dort aus geht es per Stadtstraße durch ein bei der EU angemeldetes "Fauna-Flora-Habitat"-Naturschutzgebiet zum Stadion - ein weiterer kritischer Punkt der Verkehrsanbindung.

Kosten-Teilung unklar

Bislang ist unklar, wie sich Stadt, Freistaat und Bund die Kosten teilen - das müssen Verhandlungen ergeben. Erfahrungsgemäß übernehmen Land und Bund rund 80 Prozent der Kosten für die U-Bahn, beim Straßenbau sind es 50 bis 60 Prozent. Freie-Wähler-Stadtrat Norbert Kreitl hält aber die gesamte Finanzschätzung für unseriös: Zahlreiche Posten seien zu niedrig angesetzt oder ganz weggelassen worden. Beispiel U6:

Kreitl will aus seriöser Quelle erfahren haben, dass die Strecken-Ertüchtigung doppelt so teuer wird wie vom Baureferat angegeben. Und auch der "Stadion-Sprinter" werde wohl 60 Millionen mehr kosten - drei Spezial-Züge, wie von den Stadtwerken gefordert, seien zu wenig.

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