Wasserqualität:Dreckwasser fließt ungeklärt in die Isar

Überlauf in die Isar an der Brücke an der Montgelasstraße

Überlauf an der Brücke an der Montgelasstraße: Hier schwappt nach Regenfällen Abwasser in die Isar.

(Foto: Florian Peljak)
  • Die Kanalisation ist in München an manchen Stellen nicht ganz dicht. Dadurch läuft regelmäßig Dreckwasser in die Isar.
  • Die Stadtentwässerung sagt, dass es sich dabei "zum Großteil um Regenwasser" handelt, ÖDP-Politiker Tobias Ruff spricht dagegen von Bergen an Fäkalien, die in die Isar gespült werden.
  • Das Referat für Gesundheit und Umwelt versichert, dass der Fluss schon seit Jahren relativ sauber sei.

Von Thomas Anlauf

Die anhaltende Trockenheit lässt die Isar stellenweise nur noch wie ein Rinnsal erscheinen. Für die Badenden im Fluss ist das eine gute Nachricht: So müssen sie wenigstens nicht in Fäkalien planschen. Denn wenn es in München einmal stärker regnet, ist die Kanalisation an einigen Stellen nicht ganz dicht. Besonders am sogenannten Regenüberlauf Montgelasstraße in Bogenhausen läuft regelmäßig Dreckwasser ungeklärt in die Isar. Durchschnittlich 37 Mal im Jahr schwappt dort die Brühe in den Fluss. Die Münchner Stadtentwässerung kennt das Problem. Doch voraussichtlich erst 2020 wird sie an der Montgelasstraße Abhilfe schaffen. Dazu ist die Stadtentwässerung laut Bescheid des Referats für Gesundheit und Umwelt als Wasserrechtsbehörde gezwungen.

Dann will das öffentliche Unternehmen den sogenannten Montgelas-Düker, einen Kanal unter der Isar bauen, um künftig weitgehend auszuschließen, dass dort Dreckwasser ungeklärt in die Isar fließen kann. Bei der Brühe handle es sich aber "zum Großteil um Regenwasser", teilt Mathias Wünsch von der Stadtentwässerung auf SZ-Anfrage mit. Das sehen einige Stadträte durchaus anders. Tobias Ruff von der ÖDP, der hauptberuflich Gewässerökologe ist, spricht insbesondere bei dem besagten Regenüberlauf in Bogenhausen davon, dass sich in dem Kanal am Montgelasberg manchmal "Berge an Fäkalien türmen", die bei einem Starkregen in den Fluss geschwemmt würden. Unterhalb des Auslaufs an der Max-Joseph-Brücke sind die Büsche oft verdreckt, Papierfetzen hängen dann in den Zweigen. Dabei schreiben die Stadtwerke in ihrem Geschäftsbericht 2015: "Bevor Abwasser in natürliche Gewässer eingeleitet werden kann, muss es von organischen Belastungen und Nährstoffen befreit sein. Die beiden Klärwerke der Münchner Stadtentwässerung arbeiten mit modernster Technik."

Die Klärwerke Großlappen und vor allem Marienhof gelten zwar als groß und modern - nur liegen sie flussabwärts von München, haben also keinen Einfluss auf die Einleitungen in der Stadt. In den vergangenen zehn Jahren flossen zwar nur durchschnittlich 0,44 Prozent des gesamten Schmutzwassers ungeklärt durch die zwei Dutzend Regenüberläufe in München und damit teilweise direkt in die Isar. Doch die Zahl ist relativ: 176 Millionen Kubikmeter Wasser reinigt die Stadtentwässerung im Jahr an Schmutz- und Niederschlagswasser biologisch in den Münchner Klärwerken, das entspricht laut dem jüngsten Geschäftsbericht des Unternehmens 96,6 Prozent. In den riesigen Regenbecken werden noch einmal knapp drei Prozent mechanisch gereinigt. Bleiben jene 0,44 Prozent, die knapp 800 Millionen Liter Dreckwasser entsprechen, das ungeklärt in die Isar fließt oder im Boden versickert.

Offizielle Stellen wie das Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) versichern immer wieder, dass die Isar seit mittlerweile mehr als einem Jahrzehnt relativ sauber sei. "Die Wasserqualität der Isar wird auf freiwilliger Basis in den Sommermonaten vom RGU regelmäßig untersucht, im Durchschnitt drei bis vier Mal", teilte Referatssprecher Bernd Hörauf am Donnerstag mit. "Bisher musste in der Isar kein Badeverbot ausgesprochen werden, da alle Grenzwerte eingehalten werden." Mathias Wünsch von der Stadtentwässerung ergänzt, dass Schmutzwasser lediglich bei Starkregen in die Isar fließe. "Üblicherweise würde dann kein Badebetrieb stattfinden. Für das geplante Flussbad wäre nur eine geringe Anzahl Regenüberläufe relevant, die südlich liegen."

Für das Flussbad, das auf Höhe des Deutschen Museums in der Großen Isar entstehen könnte, trifft das zu. Doch ausgerechnet in Bogenhausen, wo durchschnittlich alle zehn Tage Schmutzwasser in die Isar fließt, darf nördlich der Max-Joseph-Brücke auf Seite des Regenüberlaufs sogar offiziell gebadet werden.

Die Stadtentwässerung wendet jährlich viele Millionen Euro auf, um das Kanalsystem und die Kläranlagen zu modernisieren, doch ob das ausreicht bei der wachsenden Zahl an Menschen? Die ursprünglichen Prognosen des Unternehmens gingen für das Jahr 2020 von 1,435 Millionen Münchnern aus, die entsprechend Abwasser produzieren. Doch schon jetzt sind es fast 1,6 Millionen Menschen.

Dazu kommen die Befürchtungen von Klimaexperten, dass München in Zukunft von deutlich heftigerem Starkregen betroffen sein wird als bisher. Deshalb wurde auf eine Anfrage von CSU-Stadtrat Georg Kronawitter aus dem Jahr 2011 von der Stadtentwässerung auf den Gesamtentwässerungsplan verwiesen. Demnach sollen bis 2020 etwa 800 Hektar Fläche entsiegelt werden, etwa 15 Prozent der gesamten versiegelten Fläche in München bezogen auf das Jahr 1997. Damit könnte das Regenwasser besser versickern, anstatt mit Dreck aller Art im Fluss zu landen. ÖDP-Politiker Ruff hält das für "utopisch". So werde bislang "in der Summe mehr ver- als entsiegelt".

Für diese Tage sind immer wieder Gewitter angesagt. Wer danach in die Isar steigt, sollte genau schauen, was im Fluss treibt.

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