Verdacht der Volksverhetzung:Pöbeleien im Bus

Sechs Personen nach antisemitischen Beleidigungen angezeigt

Von Martin Bernstein

Sechs Männer und Frauen haben am Samstagabend in einem Bus des Schienersatzverkehrs antisemitisch herumgepöbelt. Obwohl zahlreiche Fahrgäste im Bus saßen, der gegen 20 Uhr vom Hauptbahnhof Richtung Pasing unterwegs war, griffen nur eine 38 Jahre alte Sekretärin aus München und kurz darauf auch ihr Lebensgefährte ein. Etwa 40 weitere Fahrgäste hörten offenbar nichts - oder wollten nichts hören von den judenfeindlichen Beschimpfungen. Dabei gaben sich die zwischen 18 und 33 Jahre alten Antisemiten aus München und Ebersberg gar keine Mühe, nicht aufzufallen. Im Gegenteil. Laut Polizei fielen die Pöbeleien "lautstark" aus.

Die Sekretärin stellte die Gruppe zur Rede und forderte sie auf, die judenfeindliche Hetze zu unterlassen. Daraufhin wandte sich die Gruppe der Frau zu und beleidigte sie antisemitisch. Erst der 52 Jahre alte Lebenspartner der Frau konnte eine weitere Eskalation verhindern. Auf der Donnersbergerbrücke stoppte der Fahrer den Bus und rief die Polizei. Diese nahm die Personalien der Täter auf. Die sechs Personen, die offenbar nicht als Mitglieder einer rechtsradikalen Gruppierung bekannt waren, wurden wegen Volksverhetzung und Beleidigung angezeigt.

Im vergangenen Jahr wurden in Bayern 176 judenfeindliche Straftaten registriert, ein Anstieg um 33 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In München war der Anstieg noch gravierender. 2016 wurden 37 antisemitische Delikte bei der Polizei angezeigt. 2015 waren es 24 - eine Zunahme um mehr als 50 Prozent. Die Täter stammen aus dem rechtsextremen Umfeld. Meist handelte es sich um Parolen und Schmierereien, um Volksverhetzungsdelikte und das Verwenden von Nazi-Kennzeichen. Ein antisemitischer Zeichentrickfilm wurde im Dezember auf einer Pegida-Kundgebung gezeigt.

Immer wieder pöbeln Judenhasser in öffentlichen Verkehrsmitteln. Es gibt aber auch Fälle wie den eines 58 Jahre alten Mannes aus Obergiesing, der im Juli wegen antisemitischer Hass-Postings im Internet Besuch von der Polizei bekam. In seiner Wohnung fanden Beamte ein regelrechtes Waffenarsenal.

Studien der Universität zeigen, dass konstant etwa sechs Prozent der befragten Münchner starke antisemitische Tendenzen haben.

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