Nahverkehr in München:Baustau bei der Tram

Nahverkehr in München: Still ruht die Baustelle: Seit Wochen tut sich nichts mehr an der Neubaustrecke für die geplante Trambahn zum S-Bahnhof Berg am Laim.

Still ruht die Baustelle: Seit Wochen tut sich nichts mehr an der Neubaustrecke für die geplante Trambahn zum S-Bahnhof Berg am Laim.

(Foto: Catherina Hess, Simulation: MVG)
  • Aus der Trambahn-Verlängerung nach Berg am Laim bis Ende 2015 wird nichts. Die Bauarbeiten verzögern sich - womöglich um ein ganzes Jahr.
  • Um mit dem Bau beginnen zu können, fehlt noch ein Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern.
  • Die MVG-Planer sagen: Die Behörde habe schlicht zu wenig Personal, um die vielen Anträge zu bearbeiten.

Von Marco Völklein

Die Ecke war noch nie die schönste der Stadt. Vergilbte Hochhäuser, ein Wertstoffhof, daneben der Abfallwirtschaftsbetrieb. Gleisanlagen und Industriehallen dominieren das Bild an der Truderinger Straße. Seit Wochen aber wirkt hier alles noch ein Stück trostloser. Bäume und Sträucher wurden gefällt, auch eine Stützmauer haben Arbeiter betoniert - alles in der Erwartung der geplanten Trambahn-Verlängerung nach Berg am Laim. Dann aber zogen die Arbeiter ab. Absperrungen wurden beiseite geräumt, schweres Gerät abtransportiert. Und so wie es aussieht, wird die Baustelle noch bis in den Herbst hinein ruhen. Erst im September, sagt eine Sprecherin der Regierung von Oberbayern, werde die Behörde die Baugenehmigung erteilen.

Eigentlich hatte die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) schon im März mit den Hauptarbeiten beginnen wollen. Von Anfang an hatte MVG-Chef Herbert König von einem "ehrgeizigen Zeitplan" geredet. Dennoch hatte er immer gesagt: Wenn die Arbeiten im Frühjahr 2015 beginnen, kann die neue Strecke zum Fahrplanwechsel im Dezember 2015 in Betrieb gehen. Doch daraus wird sicher nichts. Ganz im Gegenteil:

Fahrgastvertreter wie Stefan Hofmeir, der im Beirat des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV) sitzt, fürchten gar, dass sich die Inbetriebnahme um ein ganzes Jahr verschiebt. Denn vor kurzem hat die MVG den Bau eines Stromversorgungswerks am Vogelweideplatz ausgeschrieben. Und in dieser Ausschreibung wird das "Ende der Auftragsausführung" mit 16. Dezember 2016 terminiert. Startet die Steinhausen-Tram also mit einem Jahr Verspätung?

Nein, sagt MVG-Sprecher Matthias Korte. Die genannten Termine stellten "nur einen groben Zeitrahmen dar". Der konkrete Ausführungstermin für die Stromversorgung am Vogelweideplatz wie auch für viele andere Teilprojekte an der Strecke stünden noch nicht fest. Auf einen konkreten Termin, wann die Trasse nun in Betrieb gehen wird, legt sich allerdings auch bei der MVG niemand mehr fest.

Denn nach wie vor fehlt die Baugenehmigung, der sogenannte Planfeststellungsbeschluss, für die Trasse. Die Stützmauer wurde nur aufgrund einer Ausnahmegenehmigung errichtet; auch die Bäume durften nur im Zuge einer "Vorab-Maßnahme" gefällt werden. Um mit dem Bau richtig loslegen zu können, müsste die Regierung von Oberbayern einen Planfeststellungsbeschluss erlassen. Der aber lässt weiter auf sich warten.

18 Millionen Euro

soll die Tramstrecke vom Max-Weber-Platz zum S-Bahnhof in Berg am Laim kosten. Sie soll vor allem die geplanten Bürotürme am Vogelweideplatz anbinden. Einen Teil der Trasse gibt es schon: In der Einsteinstraße liegen bereits Betriebsgleise. Künftig soll die Linie 25, die jetzt in Haidhausen endet, bis Berg am Laim verlängert werden. Stadtteilpolitiker und Fahrgastverbände fordern zwar eine direkte Verbindung von Berg am Laim direkt in die Innenstadt. Das aber lehnt die MVG aus Kostengründen ab.

Die MVG-Planer sagen: Die Regierung von Oberbayern habe schlicht zu wenig Personal, um die vielen Anträge zu bearbeiten. In der Tat hatte die MVG zuletzt zahlreiche Schienenbauanträge gestellt - unter anderem für die Sanierung der Tram in der Tegernseer Landstraße. Dort sollen nicht nur die Gleise saniert, sondern die Schienen auch verrückt werden. Sobald aber dies geschieht, ist ein aufwendiges Planfeststellungsverfahren notwendig. Dieses musste aus Sicht der MVG zuerst erledigt werden - weshalb die Bezirksregierung ihre Kräfte darauf konzentrierte. Das aber hatte zur Folge, dass sich die Steinhausen-Tram verzögert - um nun schon ein gutes halbes Jahr.

MVG-Chef König mahnt daher dringend mehr Personal bei der Bezirksregierung an. In den nächsten Jahren "werden Zahl und Umfang von Planfeststellungsverfahren im Nahverkehr zunehmen", sagt er. Nicht nur Neubaustrecken wie die geplante Trasse durch die Fürstenrieder Straße werden dann die Beamten der Regierung beschäftigen; vielmehr stehen Modernisierungen bei der U-Bahn an, der barrierefreie Ausbau von Haltestellen sowie der Bau neuer Betriebshöfe für U- und Trambahn. All das muss genehmigt werden. "Die Planfeststellungsbehörde wird mehr Kapazität brauchen", sagt König. Andernfalls werde sie "zum Flaschenhals des Nahverkehrsausbaus".

Die Regierung will das so nicht stehen lassen. "Die Zahl der Planstellen im Bereich Planfeststellungsverfahren reichte bislang aus, um alle Aufträge zeitnah bearbeiten zu können", sagt die Sprecherin. Zuletzt aber habe die MVG gleich mehrere Um- und Neubauvorhaben angemeldet; somit ergebe sich eine "atypische Situation". Um die abzuarbeiten, habe man intern umgeschichtet: Beamte, die sich normalerweise zum Beispiel mit der Genehmigung von Stromtrassen oder Gasleitungen befassen, seien zur Unterstützung in die Abteilung Schienenwege geeilt. "Das sind alles Fachleute", sagt die Sprecherin. "Die können Planfeststellungsverfahren."

Mittlerweile hätten die Juristen auch schon einen ganzen Schwung an Verfahren abgearbeitet. Nun stehen laut der Sprecherin nur noch zwei Projekte auf der Liste: eben die Tram in Steinhausen. Sowie ein geplanter Umbau der Tram-Wendeschleife an der Großhesseloher Brücke. Das Problem ist nur: Für das Projekt an der Geiselgasteigstraße müssen die Beamten nun noch einen Erörterungstermin ansetzen. Da werden Betroffene gehört, zum Beispiel Anwohner, die Einwände haben gegen das Projekt. Die Planer und Juristen der MVG erwidern dann, am Ende entscheiden die Beamten. Das alles kostet Zeit. Und es bindet Kräfte. Kräfte, die auch an anderer Stelle benötigt werden.

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