Steakrestaurants in München:Guter Schnitt

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Küchenchef Sebastian Krase bietet seinen Gästen im Lokal "Kapitales vom Rind" gerne die besten Stücke an. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Obwohl der Fleischkonsum zurückgeht, haben Steakrestaurants in München Konjunktur. Vor allem Lokale im oberen Preis- und Qualitätssegment florieren. Mit bis zu 40 Euro muss man für ein Stück Fleisch schon rechnen.

Von Franz Kotteder

Eigentlich ist das alles ja völlig gegen den Trend. Der besagt: Fleisch ist ungesund für den Menschen und Gift für das Weltklima. "Tiere essen", so der Titel des Bestsellers von Jonathan Safran Foer, geht in manchen Kreisen sowieso gar nicht mehr.

Am besten ernährt man sich überhaupt vegan, was im Extremfall bedeuten kann: Ist am Salat, der auf den Teller kommt, mal eine Kuh zu nah vorbeigegangen, könnte es schon kritisch werden . . . Und es stimmt ja auch: Ökologisch betrachtet ist Rindfleisch ein Desaster. Für ein Kilo Rindfleisch, also drei bis vier Steaks, werden 15.500 Liter Wasser verbraucht, sechseinhalb Kilo Getreide und 36 Kilo Heu, Grünzeug und Silage. Ganz zu schweigen von der Sache mit dem Methan, das der Ozonschicht schadet, und der Gülle, die für die hohen Nitratwerte im Grundwasser verantwortlich ist.

Hat noch jemand Hunger? "Aber sicher", sagt Patrick Bertermann vom Steak-Restaurant "Zum Goldenen Kalb" am Viktualienmarkt. "Wir sind eine Woche im Voraus ausgebucht, und das seit zwei Jahren!" Das "Goldene Kalb" hat sich von Anfang an spezialisiert auf hochwertiges Rindfleisch, auf "absolute Premiumqualität, das macht nur ein bis zwei Prozent des weltweiten Fleischmarkts aus". Natürlich ist die Sache nicht ganz billig, mit 30 bis 40 Euro darf man schon rechnen für sein Steak. Was es hier zu essen gibt, hat mit konventioneller Massentierhaltung dann aber auch nichts mehr zu tun, und die ist besonders schädlich für die Umwelt.

Seine Kundschaft, sagt Bertermann, reagiert durchaus sensibel auf das Thema. "Das ist auch richtig so. Unser Chefkoch Reimer Röbel sagt immer: ,Leute, esst weniger Fleisch, aber dafür hochwertiges!'" Die Gelegenheit dazu gibt es im "Goldenen Kalb" reichlich; bis zu 30 verschiedene Rindfleischsorten hängen in den gläsernen Kühl- und Reifeschränken, vom amerikanischen Premium-Rind, das bis zu 18 Wochen im Dry-Age-Verfahren reifen darf, übers Wagyu-Beef bis hin zum französischen Charolais-Rind oder "die Pommersche Hochrippe, die gerade sehr im Kommen ist".

Man sieht schon: Der Steak-Gourmet unterscheidet sich inzwischen nicht mehr so sehr vom Weinkenner, was Differenzierungsfähigkeiten angeht. Allerdings kommt man bei Steaks mit dem Augenschein weiter als beim Wein. Und so suchen sich Bertermanns Gäste ihr Essen am allerliebsten direkt am Fleischschrank aus und nicht auf der Karte.

Das ist auch im "Kapitales vom Rind" der Fall, das ungefähr zur gleichen Zeit wie das "Goldene Kalb" eröffnet hat. Marc Uebelherr, einer der Betreiber, sagt: "Es läuft nach wie vor super." Als er und sein Kompagnon Simi Berst in dem früheren, gutbürgerlichen Wirtshaus "Rolandseck" an der Schwabinger Viktoriastraße einen Buchenholzgrill einbauten und die speziellen Fleischschränke aufstellen ließen, habe es zwar "ein paar Anlaufschwierigkeiten gegeben, bis sich die Leute an die neue Richtung des Lokals gewöhnt hatten". Aber dann ging es ab, bis heute.

Derartige Erfolgsgeschichten kann man auch von anderen neuen Steakhäusern hören: vom "The Grill" im Künstlerhaus, vom "Theresa" in der Theresienstraße oder auch vom "Brenner" in der Maximilianstraße, das den Trend hin zu hochwertigen Steaks vom Grill in München als eines der ersten Restaurants so richtig befeuerte. Es ist bezeichnend, dass die Betreiber dieser Lokale Profis sind, die viel in der Welt herumreisen, auf der Suche nach neuen Gastro-Trends. Den zum Steak haben sie alle ungefähr zur gleichen Zeit in den USA und speziell in New York aufgetan und dann importiert. Man kann also, trotz des Rückgangs beim Fleischkonsum, mit hoher Qualität nach wie vor gute Geschäfte machen.

Und was ist momentan besonders gefragt, was Rindfleisch betrifft? "Es geht etwas weg vom Rinderfilet und hin zu Cuts, die man sonst im Supermarkt noch nicht bekommt", sagt Patrick Bertermann. "Und dann hat mittlerweile Wagyu-Beef große Bedeutung erlangt." Es handelt sich dabei um das Fleisch einer speziellen Abart des japanischen Kobe-Rinds, die in den USA erstmals gezüchtet wurde. Mittlerweile gibt es auch in Deutschland eine Reihe von Züchtern.

Etwa den Münchner Wiesnwirt Sepp Krätz, der nicht nur das Hippodrom betreibt, sondern auch die "Waldwirtschaft" in Großhesselohe und den "Andechser am Dom". Krätz hat inzwischen eine eigene Herde von rund 100 Wagyu-Rindern aufgebaut und ist gerade dabei, deren Fleisch bis nach Berlin professionell zu vermarkten. Im "Andechser am Dom" hat er - neben seinem Burger und Bratwürsten vom Wagyu-Rind - gelegentlich auch andere Stücke aus eigener Zucht auf der Tageskarte. "Die kommen hervorragend an und sind immer schnell weg", sagt er.

Es muss aber nicht immer nur Fleisch aus fernen Landen oder von fremden Rinderrassen sein. Recht erfolgreich entwickelt sich derzeit gerade der "Bayern Ox", eine Initiative der Münchner Innenstadtwirte, die zusammen mit Erzeugern eine eigene Genossenschaft gegründet haben. Seit einem halben Jahr vermarkten acht Wirte in ihren Gaststätten dabei das Fleisch vom Murnau-Werdenfelser Rind, einer hochwertigen, oberbayerischen Rinderrasse, die schon fast vom Aussterben bedroht war. Wirt Jürgen Lochbihler vom "Pschorr" am Viktualienmarkt züchtet selber Murnau-Werdenfelser Rinder und hat die unterschiedlichsten Fleischgerichte davon auf der Karte. "Die Leute, die bewusst Fleisch essen wollen, achten zugleich auch sehr genau auf die Qualität und die Herkunft", sagt er. Mit dem "Bayern Ox" könne man da "volle Transparenz und Rückverfolgbarkeit" bieten.

Auch das ist sehr gefragt, nicht erst seit dem Pferdefleischskandal. Und so interessieren sich weitere Gastronomen für das Murnau-Werdenfelser Rind. Gerade, sagt Lochbihler, habe sich die "Spezlwirtschaft" nach den Bezugsbedingungen erkundigt. Dieses bayerische Wirtshaus im Zerwirkgewölbe ist der Nachfolger des veganen Lokals, das dort einige Jahre existierte. Es heißt dies aber noch nicht, dass da ein Trend den anderen abgelöst hat.

© SZ vom 16.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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