Flüchtlinge in Bayern:Niederbayern ächzt, München wartet

Bavaria Complains As Austrians Shuttle Migrants To Border Region

Die deutsche Polizei begleitet Flüchtlinge, die über die österreichische Grenze eingereist sind.

(Foto: Johannes Simon/Getty)

An der Grenze zu Österreich gibt es keine Unterkünfte mehr, die Helfer sind am Ende. In München dagegen gibt es Platz und Personal, aber es kommen keine Flüchtlinge an. Wie kann das sein?

Von Heiner Effern und Dominik Hutter

Noch immer sind die Helfer täglich 24 Stunden in Bereitschaft - viele Flüchtlinge kommen aber nicht mehr am Starnberger Flügelbahnhof in München an, dem Schauplatz des großen Ansturms Anfang September. Das Geschehen hat sich nach Ostbayern verlagert, wo inzwischen schon Menschen im Freien übernachten mussten. Dafür stehen in München Hallen leer, die Helfer sitzen arbeits- und ratlos herum. Warum ist das so? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Warum kommen in München kaum mehr Flüchtlinge an?

Der Hauptbahnhof ist nicht mehr Drehkreuz für ganz Deutschland wie Anfang September. Seit Wochen kontrollieren Bundespolizisten die Grenzen und registrieren dort die Ankommenden. Diese sollen laut Auskunft des bayerischen Innenministeriums dann so schnell wie möglich zum Zielort in Deutschland gebracht werden. Bis die fünf bis sechs Sonderzüge täglich fahren, warten die Asylsuchenden in Notquartieren. Das kann einige Stunden, aber auch einen Tag dauern.

Welche Kapazitäten könnte München anbieten?

Die Bahnhalle an der Richelstraße ist nach wie vor einsatzbereit. Sie ist seit September als Notquartier angelegt, um Flüchtlinge für wenige Stunden aufzunehmen. Nicht mehr zur Verfügung stehen die Messehallen, die wieder für ihren eigentlichen Zweck genutzt werden, sowie der Elisenbunker, der als Notquartier fürs städtische Kälteschutzprogramm reserviert ist. Die städtischen Gemeinschaftsunterkünfte dienen Flüchtlingen, die registriert sind und hier bleiben werden.

Warum wird das Notquartier in der Richelstraße noch betrieben?

Darauf weiß das bayerische Innenministerium wie auch alle anderen Behörden keine Antwort. Offensichtlich fehlte es an der Abstimmung zwischen freiwilligen Helfern und Behörden. Denn für den Fall, dass die Notquartiere an den Grenzen überfüllt sind, hat der Bund längst zusätzliche Kapazitäten in Erding und Feldkirchen geschaffen. Dorthin werden Flüchtlinge dann mit Bussen gebracht. Voll waren diese Ausweichquartiere laut Innenministerium bisher kein einziges Mal. Eine Doppelstruktur in München aufzubauen, sei weder sinnvoll noch nötig, heißt es dort.

Flüchtlinge in Bayern: In München ist an der Richelstraße alles hergerichtet und aufgebaut, aber es kommen keine Asylbewerber.

In München ist an der Richelstraße alles hergerichtet und aufgebaut, aber es kommen keine Asylbewerber.

(Foto: Inga Rahmsdorf)

Dass im Landkreis Passau Menschen im Freien übernachten mussten, sei nicht auf mangelnde Kapazitäten an Warteräumen zurückzuführen, sondern auf das Vorgehen der Österreicher. Diese hätten ohne Absprache so viele Flüchtlinge an der Grenze abgesetzt, dass diese nicht schnell genug weitergeleitet werden konnten.

Sind die ehrenamtlichen Helfer noch im Einsatz?

Nach Auskunft ihres Sprechers Colin Turner gibt es noch eine kleine Notbesetzung: rund um die Uhr am Hauptbahnhof und tagsüber in der Richelstraße nahe der Donnersberger Brücke (die vor allem den Zentralen Omnibusbahnhof im Auge hat). Es ließen sich aber leicht Leute rekrutieren, wenn wieder mehr Flüchtlinge ankämen. Nächste Woche soll es Gespräche geben, ob die 24-Stunden-Schicht am Hauptbahnhof noch notwendig ist.

Warum wird die Richelstraße nicht anders genutzt?

Sie müsste erst ausgebaut werden. Da die Halle bislang nur als "Warteraum" gedacht war, stehen dort keine Betten, sondern Biergartengarnituren. Im System der Flüchtlingsbetreuung kommt die Richelstraße nicht mehr vor, da München kein Drehkreuz mehr ist. Die Erstaufnahme findet in der Bayernkaserne und ihren Dependancen statt. Anschließend übernimmt die Stadt, die derzeit im Wochenrhythmus Unterkünfte beschließt, "ihren" Anteil.

Bleibt das jetzt so?

So lange es kein grundsätzlich neues Konzept für die Flüchtlingsaufnahme oder einen politischen Meinungsumschwung gibt, wird sich an der paradoxen Situation nichts ändern. Auch wenn die Grenzregionen am Anschlag sind.

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