Sexuelle Übergriffe in Clubs:Einfach nein sagen

Sie bekommen K.-o.-Tropfen, wachen in fremden Wohnungen auf und können sich an nichts erinnern: Mit einer neuen Kampagne wollen Clubs auf die wachsende Zahl von sexuellen Übergriffen gegen Frauen aufmerksam machen. Nur einer macht nicht mit bei dem Projekt: die Polizei.

Susi Wimmer

Taxierende Blicke, anzügliche Kommentare, Grapschereien: Für Frauen kann im Nachtleben der Spaß schnell vorbei sein. Nicht selten kommt es zu sexuellen Übergriffen, vor allem, wenn K.-o.-Tropfen im Getränk im Spiel sind; doch Clubbesitzer oder Partyveranstalter kehren diese Themen gerne unter den Teppich. Das soll sich jetzt ändern - mit der Kampagne "Nein meint Nein". Sie startet an diesem Montag.

Getränke an einer Bar, 2009

Die Straftaten, bei denen Frauen mit K.-o.-Tropfen betäubt werden, häufen sich, sagt Simone Ortner vom Frauennotruf.

(Foto: Stephan Rumpf)

Mit dem Projekt sollen vor allem Veranstalter, Clubbesitzer und Gastronomen angesprochen werden. Die Kampagne, die vom Frauennotruf, dem Jugendkulturwerk und dem Kulturzentrum Feierwerk initiiert wurde, ermutigt weibliche Gäste, in heiklen Situationen "Nein" zu sagen und sich Hilfe zu holen.

Entsprechende Flyer werden in den Clubs verteilt. "Belästigung fängt an, wenn sich ein Gast nicht mehr wohl fühlt", sagt Simone Ortner vom Frauennotruf. Egal, ob sie taxiert, verbal belästigt oder körperlich angegangen wird: Die Frau kann sich dann etwa an den Barkeeper wenden. Türsteher, Barkeeper oder Servicekräfte lernen, sich in die Lage der Opfer zu versetzen und die Situation zu regeln.

Ortners Erfahrung beim Frauennotruf ist, dass viele Sexualdelikte aus Scham nicht angezeigt werden. Und dass sich die Straftaten, bei denen Frauen mit K.-o.-Tropfen betäubt werden, häufen. "Sie kommen zu uns und erzählen beispielsweise, dass sie in einer fremden Wohnung aufgewacht sind und sich an nichts erinnern können."

Gut zehn Fälle liefen 2011 beim Frauennotruf auf. Den Opfern hatte man die farb- und geruchlose Substanz ins Getränk gemischt. Sie konnten sich zwar auf den Beinen halten, waren aber völlig willenlos.

Etwa 50 Nachtclubs haben die Veranstalter angeschrieben, zehn von ihnen wollten dabei sein, unter ihnen die Veranstalter vom Candy Club, die Muffathalle oder das Backstage. "Natürlich gibt es sexuelle Übergriffe", sagt Christian Kiesler vom Feierwerk. Er wird die Poster der Kampagne aufhängen und das Personal unterrichten lassen.

Ein "Vorlaufposter" hat er probeweise aufgehängt, "und die Erfahrungen waren ziemlich gut". Es kamen Frauen an, die sagten "hey, schaut euch mal den Typen an" oder "die Frau benimmt sich seltsam".

Nicht involviert in das Projekt ist die Polizei. Man sei überrascht, sagt Rainer Samietz vom Kommissariat zur Bekämpfung von Sexualdelikten. Er kennt die Problematik mit den K.-o.-Tropfen; eine Häufung der Fälle kann er aber nicht bestätigen. Samietz sagt, dass auch Frauen "wahnsinnig viel trinken und dann nichts mehr wissen". Würde weniger getrunken, hätte man weniger Fälle von sexuellen Übergriffen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: