Prozess:Kinderlärm ist zumutbar

Ehepaar unterliegt in einem Streit um angebliche Ruhestörung

Außer Spesen nichts gewesen - so lautet wohl jetzt die bittere Erkenntnis eines entnervten Ehepaares aus dem Hasenbergl. Vor dem Amtsgericht München hatte es einen Zivilrechtsstreit gegen seine angeblich lärmenden Nachbarn angestrengt - und verloren. Doch nicht nur das: Die Frau und der Mann müssen zudem noch 8440,10 Euro bezahlen. Das Ehepaar wohnt direkt unter einer Familie mit zwei 14 und 16 Jahre alten Kindern. Von der Familie gehe "ein ständiger Lärm aus", der weit über das hinausgehe, was man hinnehmen müsse, so die Kläger vor dem Amtsgericht. Der beklagte Familienvater entgegnete indes, die behaupteten Ruhestörungen würden nicht der Wahrheit entsprechen. Seine Frau beteuerte, wenn sie von der Arbeit komme, traue sie sich nicht einmal mehr Staub zu saugen, Wäsche zu waschen oder das Essen zuzubereiten. Und ihre Kinder hätten Angst "laut zu lachen oder laut zu reden".

Der zuständige Richter am Amtsgericht stellte klar, dass ein Mieter von einem anderen Mieter zwar "die Unterlassung nicht hinzunehmender Geräuschbeeinträchtigungen" verlangen könne. Allerdings, schränkte er ein, sei es nicht ersichtlich, dass die "Geräuschentwicklung" der Beklagten "ein nicht mehr hinzunehmendes sozialadäquates Maß überschritten hätte". In Räumen, die untereinander liegen, müsse mit dem "Auftreten von Geräuschen" gerechnet werden. Erst recht gelte dies, wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um ein Haus handle, das 1962 gebaut wurde und nicht über die Standards moderner Geräuschdämmung verfügt. Doch damit nicht genug: Kinderlärm, so der Richter in seinem Urteil weiter, sei als "Ausdruck selbstverständlicher kindlicher Entfaltung" grundsätzlich sozialadäquat, zumutbar und zu akzeptieren. Zudem seien die beklagten Eltern "nicht ohne weiteres verantwortlich, wenn sich die 14- bis 16-jährigen Kinder von ihnen nichts mehr sagen lassen", so das Gericht.

Für das klagende Ehepaar kam es aber noch enttäuschender. Nachdem es Berufung eingelegt hatte, ließ das Gericht in der nächsthöheren Instanz als erstes eine Dauerlärmmessung von einem Sachverständigen vornehmen. Ergebnis: Die festgestellten Geräusche seien "als normal anzusehen". Die Kosten für das Gutachten in Höhe von 8440,10 Euro muss das klagende Ehepaar übernehmen. Das Urteil (Az. 283 C 1132/17 ) ist inzwischen rechtskräftig.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: